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Der schwierige Atemweg auf der Intensivstation
Etwa 20% aller Atemwegssicherungen auf der Intensivstation werden als schwierig beschrieben. Die eingeschränkte physiologische Reserve des Intensivpatienten in der oft dringlichen Situation, die räumliche Enge und die Inhomogenität der ärztlichen Besetzung stellen wesentliche Unterschiede gegenüber der Atemwegssicherung im OP dar. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über diese Besonderheiten und skizziert eine mögliche Herangehensweise.
FALLBEISPIEL Ein Patient mit respiratorischer Insuffizienz bei ambulant erworbener Pneumonie wird auf die internistische Intensivstation aufgenommen. Unter Sauerstoffinsufflation inklusive High-Flow nasal Oxygen (HFNO) bessert sich die respiratorische Situation nur unzureichend. Eine nichtinvasive Beatmung gestaltet sich bei agitiertem Patienten schwierig. Die Indikation zur endotrachealen Intubation wird gestellt. Aufgrund einer Adipositas (BMI 35 kg/m2), eines bekannten obstruktiven Schlafapnoesyndroms und Z. n. zervikaler Wirbelkörperfusion mit eingeschränkter Reklination wird mit einer erschwerten Intubation gerechnet. |
Begriffsbestimmung
Der Begriff des „schwierigen Atemwegs“ fasst verschiedene Arten von Problemen zusammen, die während der Atemwegssicherung auftreten können. Zahlen zur Häufigkeit dieser Probleme stammen häufig aus einer gemischten Patientenklientel mit einem hohen Anteil von elektiven Eingriffen im OP. Die fachliche Voraussetzung ist in der Regel der Facharztstandard für Anästhesiologie.
Die erfolgreiche Intubation im ersten Versuch (engl. First Pass Success) geht mit einer geringeren Rate an Komplikationen wie schwerer Hypoxämie (SpO2 < 80%), Hypotension, Aspiration, Zahnschaden, Kreislaufstillstand und Tod einher. Daher sollte die Planung der Atemwegssicherung auf einen möglichst frühen Erfolg abzielen.
Leitlinien
Im deutschsprachigen Raum liegt eine Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) zum Thema „Atemwegsmanagement“ vor. Diese orientiert sich v. a. an der elektiven Atemwegssicherung im OP-Saal. Eine separate Leitlinie für die prähospitale Atemwegssicherung existiert ebenfalls. Eine Leitlinie unter Berücksichtigung des kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation wurde in England 2015 herausgegeben. Auf englischen Intensivstationen fand das Royal College of Anesthesiologists (RCoA) im Rahmen der NAP4-Erhebung (4th National Audit Project) eine – verglichen mit der Atemwegssicherung im OP – erhöhte Rate von unerwünschten Ereignissen bei Vorliegen bedeutsamer Defizite in Vorbereitung und Durchführung. Die entsprechenden Leitlinien wurden durch die Difficult Airway Society (DAS) erstellt.
Vorhersage des schwierigen Atemwegs
Eine ausführliche Anamnese und die körperliche Untersuchung mit dem Ziel der Prädiktion eines schwierigen Atemwegs werden im Falle einer geplanten Aufnahme eines operativen Patienten auf die Intensivstation bereits präoperativ durchgeführt. Die entsprechenden Befunde und der Ablauf der Atemwegssicherung im OP sollten fester Bestandteil der Übergabe auf der Intensivstation sein. Bettseitige Schilder können vor einem bekannt schwierigen Atemweg warnen, bevor Extubation oder Re-Intubation erfolgen.
Doch auch bei nichtoperativen Patienten bzw. in der Notfallsituation kann anhand weniger Tests eine schwierige Intubation vorhergesagt werden:
- apparente Retrognathie
- eingeschränkte Reklination der HWS (max. thyromentaler Abstand < 6 cm)
- eingeschränkte Mundöffnung < 4 cm
- Mallampati-Klassifikation 3 oder 4
- Adipositas BMI > 30 kg/m2
- bekanntes obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS)
- anamnestischer Zustand nach Operationen oder Bestrahlungen der Halsregion,
- auffälliger Oberlippenbisstest
PRAXIS OBERLIPPENBISSTEST Der Patient wird aufgefordert, mit seinen unteren Schneidezähnen in die Oberlippe zu beißen. Schafft er es nicht, die Oberlippe oberhalb des Lippenrots oder diese überhaupt zu berühren, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine schwierige Intubation auf 60%. |
Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Der schwierige Atemweg auf der Intensivstation
Aus der Zeitschrift: Intensivmedizin up2date 01/2020

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