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Kasuistik: Ertrinkungsunfall eines Kleinkindes
Überblick
3-jähriger Junge, der Anfang April nach kurzer unbeaufsichtigter Phase bewusstlos im Teich des Nachbargartens treibend vorgefunden und von seiner Mutter, ihrerseits Kinderkrankenschwester, reanimiert wird.
Durch den herbeigerufenen Notarzt bei bestehender Asystolie Fortsetzung der Reanimation, Intubation und Verabreichung von Adrenalin, daraufhin Wiederherstellung des Spontankreislaufs.
Bei Aufnahme im Schockraum Körpertemperatur um 29°C, bradykarde Herzaktion, stabiler Blutdruck.
Sofortige Übernahme auf die pädiatrische Intensivstation, dort nach weiterer Stabilisierung und 3-tägiger therapeutischer Hypothermie von 33–34°C langsame Wiedererwärmung und Beatmungsentwöhnung mit konsekutiver neurologischer Restitutio ad integrum.
Wie stellt sich die Epidemiologie von Ertrinkungsunfällen dar?
Ertrinkungsunfälle kommen mit 2 Häufigkeitsgipfeln, einem ersten bei Kleinkindern, die gerade laufen gelernt haben und ihre Umgebung „erkunden“, und einem zweiten bei Jugendlichen, nicht selten unter Alkoholeinfluss, vor. Es besteht eine deutliche „Knabenwendigkeit“, d. h. Bevorzugung des männlichen Geschlechts, die nicht nur im Adoleszenten-, sondern bemerkenswerterweise schon im Kleinkindesalter nachweisbar ist. Der Fall eines 3-jährigen Jungen ist in diesem Sinne also besonders typisch.
Auch die Jahreszeit – Anfang April – ist nicht uncharakteristisch für den geschilderten Verlauf, zum einen, weil die Kinder im Frühjahr wieder vermehrt ins Freie geschickt werden, zum anderen, weil natürliche Gewässer nach den Wintermonaten noch kalt sind und gerade bei Kleinkindern zu einer raschen – in diesem Fall protektiven – Auskühlung führen. Daher gehen solche Ertrinkungsunfälle oft günstiger aus als vergleichbare Ereignisse in spätsommerlich-lauwarmen Gewässern oder temperierten „Spaßbädern“.
Was ist bei der Rettung von Ertrinkungsopfern zu beachten?
Die mit Ertrinkungsunfällen oft einhergehende Aspirationspneumonie kommt entweder durch primäre „Inhalation“ oder – auch wenn es zunächst zu einem Stimmritzenkrampf gekommen war („trockenes Ertrinken“) – durch sekundäre Regurgitation von Wasser (aus dem prall gefüllten Magen) zustande. Die ältere Vorstellung, durch Kopftieflage Wasser aus den Atemwegen entfernen zu können, gilt als obsolet. Die Rettung von Schiffbrüchigen auf See sollte möglichst in horizontaler Lage erfolgen, weil beim vertikalen Herausziehen aus dem Wasser durch den Wegfall des hydrostatischen Umgebungsdrucks und die kältebedingte Einschränkung der Gefäßregulation ein orthostatischer Kollaps („Bergungskollaps“) droht, der bei stark unterkühlten Erwachsenen sogar Auslöser des hypothermen Kammerflimmerns sein kann. Für solche Fälle, in denen erwachsene Schiffbrüchige oder auch Lawinenopfer mit erhaltenem Spontankreislauf aufgefunden und erst dann – durch Positionswechsel und medizinische Manipulationen – in einen Kreislaufstillstand geraten, wurde früher der Begriff „Bergungstod“ geprägt.