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Lagekontrolle von Endotrachealtuben – hören, sehen oder messen?
Die endotracheale Intubation gilt nach wie vor als der Goldstandard des prä- und innerklinischen Atemwegsmanagements. Bei polytraumatisierten Patienten sowie Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma konnte ein Überlebensvorteil nachgewiesen werden, wenn diese Patienten bereits am Notfallort endotracheal intubiert werden. Wie die Timmermann-Studie [Anesth Analg 2007; 104: 619–623] eindrücklich belegt, ist die fehlerhafte Lage eines Endotrachealtubus insbesondere in der präklinischen Notfallmedizin leider ein häufiges Ereignis. Wird die Fehllage nicht sofort entdeckt und korrigiert, kann dies für den Patienten zum Tode führen.
Die Intubation sowie die anschließende Kontrolle der korrekten Tubusposition ist in der präklinischen Notfallmedizin aufgrund vieler Umstände (schlechte Lichtverhältnisse, Umgebungslärm, Platzmangel, ungewohnte Position, Zeitdruck etc.) dabei deutlich schwieriger als in der Klinik. Während zur Detektion einer ösophagealen Tubusfehllage heute auch präklinisch meist sichere Methoden wie Kapnometrie bzw. Kapnografie zur Verfügung stehen, ist die Detektion einer endobronchialen Fehllage hingegen deutlich schwieriger, was auch die von Timmermann und Kollegen gefundene hohe Anzahl von 10,7% an endobronchialen Tubusfehllagen deutlich macht.
Eine kürzlich von Sitzwohl und Kollegen durchgeführte Studie [BMJ 2010; 341: c5943] an insgesamt 160 Patienten (ASA I–II), die sich elektiven gynäkologischen oder urologischen Eingriffen unterzogen, untersuchte verschiedene Methoden zur Detektion einer endobronchialen Tubusfehllage. Nach Randomisierung wurde in der Hälfte der Patienten der Endotrachealtubus fiberoptisch kontrolliert 2,5–4 cm oberhalb der Carina korrekt endotracheal platziert, in der anderen Hälfte der Patienten wurde dieser in den rechten Hauptbronchus eingeführt, also bewusst eine endobronchiale Tubusfehllage produziert. Je nach Randomisierung wurde nun sowohl von einem anästhesiologischen Assistenzarzt im ersten Weiterbildungsjahr als auch von einem erfahrenen Anästhesisten versucht, die Tubuslage mit folgenden Mitteln zu verifizieren:
- bilaterale Auskultation des Thorax,
- Observation und Palpation der bilateralen Thoraxexkursionen,
- Abschätzen der Tubuslage durch Kontrolle der Einführungstiefe
- sowie eine Kombination von allen 3 Verfahren.
Die Auswahl des Verfahrens wurde dabei ebenfalls durch Randomisierung festgelegt.
Die Ergebnisse der Studie sind durchaus überraschend. Mit einer Sensitivität von insgesamt 88% war die Kontrolle der Tubustiefe beinahe so effektiv wie die Kombination aller 3 Methoden (100%), während mittels Auskultation lediglich eine Sensitivität
von 65% und mit Observation/Palpation sogar nur von 43% erreicht werden konnte. Vor allem die Untergruppe der unerfahrenen Kollegen hatte deutliche Probleme, die endobronchiale Tubusfehllage mittels Auskultation zu detektieren – 55% scheiterten daran, die einseitige Intubation durch Auskultation zu erkennen.
Insbesondere in der präklinischen Notfallmedizin ist zu bedenken, dass durch die erwähnten erschwerenden Umstände Auskultation und Observation selten so verlässlich durchgeführt werden können wie in der Klinik. Die Sensitivität dieser Methoden liegt daher beim Notarzteinsatz noch deutlich niedriger als in der vorliegenden Studie. Die Kontrolle der Tubustiefe mittels der aufgedruckten Zentimeter-Skala kann somit weiter zur Patientensicherheit beitragen.
Fazit
Die korrekte endotracheale Tubuslage ist insbesondere bei Notfallpatienten essenziell für Überleben und Outcome. Da Auskultation und Observation insbesondere in der Notfallmedizin oftmals schwer durchzuführen und sehr störanfällig sind, bietet die Kontrolle der Tubustiefe mittels der auf dem Tubus aufgedruckten Skala eine sichere und einfach durchführbare Möglichkeit, um eine endobronchiale Tubusfehllage mit möglicherweise schwerwiegenden
Folgen für den Patienten zu vermeiden. Mit Einführtiefen von maximal 20–21 cm bei Frauen und 22–23 cm bei Männern ist eine endobronchiale Tubusfehllage am sichersten zu vermeiden. Die Verifikation der korrekten Tubuslage mittels Kapnometrie/Kapnografie ist dabei jedoch auf jeden Fall weiterhin obligat.
Dr. med. Wolfgang A. Wetsch,
PD Dr. med. Stephan A. Padosch, Köln
Bernhard M, Böttiger BW. Out-of-hospital endotracheal intubation of trauma patients: straight back and forward to the gold standard! Eur J Anaesthesiol 2011; 28: 75–76