• Sepsis Update - Intensivmedizin - Georg Thieme Verlag

     

Sepsis-Update: Definition und Epidemiologie

Sepsis ist eine häufige Erkrankung auf den Intensivstationen weltweit, die mit einer relevanten Morbidität und Mortalität einhergeht. Bis heute gibt es keine spezifische Therapie der Sepsis – allein die frühe Diagnosestellung und schnellstmögliche therapeutische Intervention können das Outcome der Patienten verbessern. Daher ist eine Definition des Krankheitsbildes der Sepsis mit hoher diagnostischer Sensitivität und Spezifität unabdingbar.

Einführung

Obwohl seit Jahrzehnten massive Forschungsbemühungen unternommen werden, existiert bis dato für die Sepsis keine spezifische Therapie. Entscheidend in der Behandlung der Sepsis sind die frühe Sanierung des Infektfokus, die schnellstmögliche Gabe einer breiten, kalkulierten Antibiose sowie die Stabilisierung der hämodynamischen Situation. Hohe diagnostische Sensitivität und Spezifität der Sepsisdefinition sind deshalb extrem wichtig für den rechtzeitigen Beginn der Therapie und somit die Prognose der betroffenen Patienten.

Definition der Sepsis

Sepsis-1/Sepsis-2
Bereits 1991 wurden in einer Konsensuskonferenz allgemein gültige Kriterien zur Definition der Sepsis festgelegt. Diese Definition beruhte auf dem Konzept des systemischen inflammatorischen Response-Syndroms (SIRS). Je nach Schweregrad der Erkrankung wurde unterschieden zwischen

  • Sepsis,
  • schwerer Sepsis (mit Organdysfunktion) und
  • septischem Schock (Sepsis und flüssigkeitsrefraktäre Hypotonie mit konsekutiver Katecholaminpflichtigkeit).

Ausschlaggebend waren das Vorliegen von mind. 2 der 4 sog. SIRS-Kriterien sowie eine vermutete oder nachgewiesene Infektion. Diese Kriterien umfassten

  • Hypo- (≤ 36 °C) oder Hyperthermie (≥ 38 °C),
  • Tachykardie (≥ 90/min),
  • Tachypnoe (≥ 20/min) sowie
  • Leukozytose ≥ 12 000/µl sowie PaCO2 < 32 mmHg oder Leukopenie ≤ 4000/µl und/oder Linksverschiebung > 10%.

Die 1991 festgelegte Definition wurde durch eine erneute Konsensuskonferenz unter Mitwirkung von europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften im Jahre 2001 überarbeitet. Es wurden nun mehr als die bisher verwendeten 4 klinischen Kriterien zur Diagnosestellung herangezogen und für 8 unterschiedliche Organsysteme Dysfunktionsgrenzwerte festgelegt.

Kritik an Sepsis-1/Sepsis-2
Die beiden Definitionen Sepsis-1 und Sepsis-2 beruhten auf der Annahme, dass die überschießende generalisierte Entzündungsreaktion verantwortlich ist für die Pathogenese der Sepsis. Die Definition der Sepsis als Reaktion auf eine Infektion, die mit mind. 2 von 4 SIRS-Kriterien einhergeht, wurde in der Vergangenheit zunehmend kritisch hinterfragt. Ein Kritikpunkt war, dass die zwar sehr hohe Sensitivität in der Diagnosestellung eines SIRS mit einer nur geringen Spezifität für die Erfassung einer Sepsis einherging. Auf der anderen Seite gab es Patienten mit lebensbedrohlicher Infektion, die zwar klinisch eindeutig als septisch diagnostiziert werden konnten – sie wurden jedoch von der Sepsis-1- oder Sepsis-2-Definition nicht als „septisch“ erfasst.

Sepsis-3
Ein verändertes Verständnis der Pathophysiologie der Sepsis führte dazu, dass im Jahre 2014 eine weitere Konsensuskonferenz ins Leben gerufen wurde: Durch eine systematische Literaturrecherche und einen Delphi-Prozess wurde eine neue Sepsisdefinition erstellt. Zu dieser Änderung der Sepsisdefinitionen führten

  • zum einen das umfassendere pathophysiologische Verständnis,
  • die Tatsache, dass hospitalisierte Patienten die SIRS-Kriterien auch ohne vorliegende Infektion erfüllen können, sowie
  • der Umstand, dass 1 von 8 Patienten mit Infektion und neuer Organdysfunktion nicht mind. 2 SIRS-Kriterien aufweist.

Die nun vorliegende Definition ist die erste empirische, evidenz- und datenbasierte Beschreibung der Sepsis.

MERKE
Als Sepsis wird seit 2016 eine lebensbedrohliche Organdysfunktion definiert, die durch eine dysregulierte Immunantwort der Patienten auf eine Infektion verursacht wird.

SIRS wird in der Sepsis-3-Definition nicht mehr verwendet, ebenso der Begriff schwere Sepsis, da der Nachweis einer Organdysfunktion für die Diagnose einer Sepsis nun unabdingbar geworden ist. Folglich werden nur noch die Entitäten Sepsis und septischer Schock unterschieden. Es sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass pathophysiologisch eine Sepsis nicht nur mit einer generalisierten Entzündungsreaktion, sondern mit zirkulatorischen, zellulären und metabolischen Veränderungen einhergeht. Vor allem sollte eine Sepsis von einer unkomplizierten, nicht lebensbedrohlichen Infektion abgegrenzt werden. Insbesondere dem bei septischen Patienten veränderten zellulären Metabolismus wird eine wichtige Bedeutung beigemessen. Da die alleinige Fokussierung auf die immunologischen Prozesse in der Pathophysiologie der Sepsis verlassen wurde, wird auch der septische Schock jetzt neu definiert.

MERKE
Der septische Schock ist eine Untergruppe in der Sepsis. In dieser sind die zugrunde liegenden zirkulatorischen, zellulären und metabolischen Veränderungen mit einem größeren Letalitätsrisiko assoziiert als bei einer alleinigen Sepsis.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag Sepsis-Update: Definition und Epidemiologie.

Aus der Zeitschrift AINS 01/2019.

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