Lotta isst das Gemüse nicht

Lottas manchmal sehr kritischer Blick auf das Gemüse hat nichts mit »Ich will jetzt mal meine Eltern ärgern« zu tun, sondern es ist eine evolutionsgeschichtlich fest verankerte Überlebensstrategie. Denn unsere Vorvorfahren hatten erkannt, dass nur süße Lebensmittel nährstoffreich und nicht verdorben sind.  

Was bedeutet das nun für das Gemüse? Gemüse ist in der Regel weder süß, noch hat es viel Energie, und es vermittelt den instinktgetriebenen Kindern noch, dass es eher ungenießbar ist und auch nicht satt macht. Daher ist es ganz normal, dass Lotta das Gemüseessen erst noch lernen muss. Hinzu kommt, dass Lotta wie alle Kinder, alles, was neu ist, erst einmal ablehnt und Eltern, Großeltern und Erzieherinnen müssen ihr viel Zeit geben, damit sie sich in unsere Esskultur »hineinschmecken« kann. Denn Kinder lernen zu mögen, was sie essen. So braucht es manch einmal bis zu 15 Kontakte mit ein und demselben Lebensmittel, bis das das Kind es für sich entdeckt hat. Diese Kontakte sollten sehr vielfältig und sinnlich sein. »Ema«, Lottas Großmutter, macht immer wieder die Erfahrung, dass Lotta bereit ist, zu kooperieren, wenn sie in ihren Gefühlen wertgeschätzt wird. Katrin und Christian haben auch gemerkt, dass Lotta die Gemeinschaft liebt und daher am liebsten genau das isst, was alle essen. Auch die Eltern genießen es, wenn sie mit Lotta gemeinsam »aus einem Topf« essen.

Lotta mag keine rote Paprika mehr  

Das ist nur ein Problem, wenn Katrin und Christian eines daraus machen. Sie haben sich entschieden, kein Problem daraus zu machen. Als Lotta wieder einmal die Paprika beim Abendessen nicht haben wollte, ist Katrin in ihrer gelassenen Art folgendermaßen darauf eingegangen: Sie hat sich gefreut und gesagt: »Das ist ja toll, gib sie her, ich esse sie so wahnsinnig gerne.« Dies führte dazu, dass Lotta sich nach und nach von allein wieder für die Paprika interessierte. Wie gut, dass Katrin und Christian Lotta keinen Druck gemacht haben, dies hätte vermutlich nur zu Ärger und Frust auf beiden Seiten geführt. In diesem Falle hätte das Thema »Aufmerksamkeit« unnötigerweise einen höheren Stellenwert bekommen als das Thema »Paprika nicht essen«.

Erbsen gehen nur mit Aussicht auf Nachtisch  

Ema, Christians Mutter, hat über die Regel »Es gibt nur dann Nachtisch, wenn das Gemüse gegessen ist« nachgedacht. Diese Regel galt ganz klar, als Christian noch ein Kind war. Doch so richtig wohl gefühlt hat sie sich damit nicht. Eigentlich wurde dadurch die Erbse abgewertet und der Nachtisch aufgewertet. Und das ist genau das Signal, das sie heute ihrer Enkelin Lotta nicht geben möchte. Daher gilt für Ema heute die Regel: »Nachtisch gibt es auch ohne Gemüse«. Allerdings ist dieser Nachtisch so portioniert, dass es nicht möglich ist, sich daran satt zu essen. Das Essen sollte von den Grundbedürfnissen Hunger und Sättigung reguliert werden und nicht von der Belohnung, dem Nachtisch. Christian genießt bei Tisch die Erbsen aus voller Überzeugung und fühlt sich sichtlich wohl damit. Lotta, die im Moment von ihrem Vater ganz begeistert ist, hat sich schon ganz viel von ihm abgeschaut. In dem Moment, in dem Lotta den Nachtisch sicher hatte, kann sie sich auf eine ganz andere und neue genussvolle Art und Weise dem Gemüse nähern. Lotta isst jetzt das Gemüse, weil sie in Christian ein gutes Vorbild hat und weil sie es freiwillig, ohne »Nachtisch-Erpressung«, essen darf.

Etwas Neues lehnt Lotta erst mal ab  

Katrin und Christian haben in den letzten Monaten schon häufiger bemerkt, dass Lotta, sobald es etwas Neues gibt, dieses erst einmal ablehnt. Sie empfinden es schon als einen Erfolg, wenn Lotta sich den Rotkohl näher anschaut. Als sie klein war, bis etwa 1½ Jahre, war das nie ein Problem, Lotta saß entweder auf dem einen oder auf dem anderen Schoß und vertraute zu 100 Prozent ihren Eltern, dass das, was da auf dem Teller liegt, auch in Ordnung ist. Heute macht sie den Eindruck, dass sie über dieses Beobachten des neuen Essens selber versuchen möchte, herauszufinden, ob das eine »sichere« Nahrung für sie sein könnte. Lottas Eltern haben sich einen sehr guten Trick überlegt: Immer dann, wenn sie etwas für Lotta Unbekanntes anbieten, gibt es gleichzeitig eine Komponente, die ihr besonders gut schmeckt und vertraut ist. So haben ihr ihre geliebten Kartoffelklöße Mut gemacht, sich den Rotkohl intensiver anzuschauen und nach einiger Zeit auch zu probieren. Im zweiten Winter waren ihre Geschmacksnerven beim Probieren des Rotkohls nicht mehr überrascht, sodass Lotta den Rotkohl langsam lieben lernte. Katrin und Christian haben sich schon Gedanken darüber gemacht, wann sie denn dann wohl in der kurzen Spargelzeit das erste Mal mit Lotta Spargel gemeinsam genießen können.

Lottas Freund Max liebt Nudeln mit Tomatensauce  

Die Elter von Max waren es irgendwann leid, jeden Tag mit ihm über das Essen zu diskutieren, denn er wollte eigentlich nur Nudeln mit Tomatensauce. So haben sie ihm acht Wochen lang jeden Abend Nudeln mit Tomatensauce gekocht und siehe da: An einem Abend, als sein Vater anfangen wollte zu kochen, schrie Max nur noch: »Bitte keine Nudeln mit Tomatensauce!« Der Spuk war vorbei und Max wurde von Woche zu Woche flexibler. Seine Eltern waren sehr erleichtert, dass Max wieder verschiedene Lebensmittel isst. Obwohl sie hinter ihrem »Experiment« standen, machten sie sich nach einigen Wochen doch auch Sorgen um die ausgewogene Nährstoffversorgung von Max. Die Sorgenzeit war eine kurze Zeit, denn Max hat von alleine die Kurve bekommen.

Lotta ist beim Essen manchmal sehr wählerisch…  

… das ist zumindest die Meinung von Oma Susi. Anfangs sind Katrin und Christian auf Lottas wählerisches Essverhalten bei Tisch nicht eingegangen. Sie haben versucht, sie dazu zu bringen, das, was auf den Tisch kommt, zu essen. Schnell kamen sie in ein »Fahrwasser« des Herummäkelns an ihrem Kind. Die Situation bei Tisch wurde für Lotta und die ganze Familie immer unbefriedigender, Lotta wurde immer wählerischer.  

Im Kindergarten und bei Ema war sie nach wie vor eine hervorragende Esserin. Das brachte Katrin und Christian auf den Gedanken, dass es Lotta gar nicht um das Essen, sondern um einen vorsichtigen Hilferuf »Hier stimmt was nicht!« ging. Sie haben die Tischsituation reflektiert und dabei den Eindruck gewonnen, dass Lotta eigentlich mit ihrem wählerischen Essverhalten nur signalisieren wollte, dass gerade etwas nicht stimmt. Sie fragte sich, ob hier in der Familie überhaupt Platz für sie als Lotta ist, so wie sie ist. Nun mäkeln sie nicht mehr ständig an ihr herum und geben ihr Zeit, das Essen kennenzulernen. Sie vertrauen darauf, dass Lotta die richtigen Tischmanieren lernt, wenn die Eltern sie ihr vormachen. Jetzt steht der Genuss für die ganze Familie wieder im Vordergrund.    

 

 

 

 

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