DMW Walter Siegenthaler Preis 2013
Ärztlicher Disstress im Krankenhaus
In diesem Jahr honoriert die Deutsche Medizinische Wochenschrift Jan Bauer und Prof. Dr. Dr. h. c. mult. David Groneberg des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Goethe-Universität in Frankfurt am Main mit dem Walter Siegenthaler Preis. Ihre 2013 in der DMW publizierte Originalarbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Erfassung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Krankenhaus-Ärzte in Deutschland.
Erstautor Jan Bauer und Co-Autor Prof. Dr. Dr. h. c. mult. David Groneberg präsentierten in ihrer Arbeit „Ärztlicher Disstress – eine Untersuchung baden-württembergischer Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern“ die Ergebnisse einer anspruchsvollen, umfangreichen und nachhaltigen Umfrage-gestützten Studie.
Wie nehmen Ärztinnen und Ärzte an Krankenhäusern in Baden-Württemberg ihre stressbezogenen Arbeitsbedingungen wahr? Dies ist die Fragestellung der Untersuchung, die im Rahmen der vom Marburger Bund unterstützten iCEPT-Studie durchgeführt wurde. Die preisgekrönte Publikation wertete hierfür die Antworten von 2064 Krankenhausärzten auf eine Online-Umfrage in Baden-Württemberg aus. Der gesundheitsschädigende Disstress wurde auf Basis des Effort-Reward-Imbalance-Modells von Siegrist und des Job-Demand-Control-Modells von Karasek bestimmt.
Bei 56% der Ärztinnen und Ärzte konnten deutliche Anzeichen für Disstress festgestellt werden. Signifikante Unterschiede gab es zwischen den Geschlechtern, den Altersgruppen und bezüglich der funktionellen Stellung im Beruf: Unter Disstress litten 60% der Ärztinnen vs. 51% der Ärzte, 62% der unter 35-Jährigen vs. 49% der über 59-Jährigen und 64% der Assistenzärzte vs. 25% der Chefärzte.
Dabei wurden die psychosozialen Faktoren der Arbeitsbedingungen – kollegiale Zusammenarbeit, soziale Rückendeckung und soziales Klima – überwiegend positiv wahrgenommen.
Die Autoren betonen, dass der hohe Anteil an gesundheitsgefährdendem Disstress auf Dauer dazu führen kann, dass in Deutschland Versorgungsprobleme verschärft werden, da Ärzte ins Ausland oder in andere – weniger belastende – Tätigkeitsfelder abwandern. Als Stärken der Studie lobten die Gutachter insbesondere folgende Punkte:
- das klar beschriebene Studiendesign,
- die motivierte und gute Studiendurchführung,
- die ausführlichen und übersichtlich gegliederten Ergebnisse,
- die kritische Hinterfragung der Befunde, v.a. hinsichtlich Repräsentativität und des Vergleichs mit ähnlichen Studien.
Die Studie ermöglicht eine Feststellung des Status der Stress-Situation von Krankenhausärztinnen und -ärzten in Baden-Württemberg und bietet damit eine geeignete Basis für weitere Studien, um die ärztlichen Arbeitsbedingungen an Krankenhäusern in Deutschland kontinuierlich zu prüfen und Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen.
Herzlichen Glückwunsch an die Preisträger des DMW Walter Siegenthaler Preises 2013 und weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit!
Verlag, Schriftleitung und Redaktion
Die Preisträger werden Ihnen in den Rubriken „Steckbriefe“ und „Lebensbilder“ auf den Seiten 913 und 914 (Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 913 bzw. 914) vorgestellt, die prämierte Originalarbeit finden Sie in der Dtsch Med Wochenschr 2013; 138: 2401–2406.
DMW Walter Siegenthaler Preis Der DMW Walter Siegenthaler Preis wird jährlich verliehen und ist mit 5000 Euro dotiert. Mit dem nach dem Schweizer Internisten und langjährigen DMW Schriftleiter Walter Siegenthaler (1923–2010) benannten Preis werden Mediziner ausgezeichnet, die herausragende Arbeiten über bedeutende medizinische Erkenntnisse in der DMW publiziert haben. In die Auswahl kommen alle Originalarbeiten und Fortbildungsartikel, die im Vorjahr in der DMW erschienen sind. Diese Arbeiten werden von einer Jury unabhängig von einander beurteilt. Der DMW Walter Siegenthaler Preis soll forschenden und praktisch-klinisch tätigen Ärzten einen Anreiz bieten, ihre medizinischen Erkenntnisse in einem deutschsprachigen Umfeld weiterzugeben. |