• Dokumentationszeit

    © N. Fuckerer

     

Dokumentationszeit reicht hinten und vorne nicht

» Ich arbeite eng getaktet und habe für meine 20 Patienten täglich eine Dokumentationszeit von insgesamt 10 Minuten. Da ich davon ausgehe, dass wir bei jedem Patienten eine Dokumentationspflicht haben, reichen die 10 Minuten hinten und vorne nicht. Wie sieht es rechtlich mit dieser Regelung aus? «

Expertenantwort:

Grundsätzlich ist eine Therapeutin laut Bürgerlichem Gesetzbuch zur Dokumentation verpflichtet. Dafür muss sie sämtliche aus fachlicher Sicht wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse notieren. Diese gesetzliche Verpflichtung steht im Zusammenhang mit dem Behandlungsvertrag, der zwischen dem Praxisinhaber und dem Patienten geschlossen wird. Damit hat der Praxisinhaber gegenüber dem Patienten die Pflicht, die Behandlung ordnungsgemäß zu dokumentieren. Die Therapeutin als Angestellte des Praxisinhabers ist aus rechtlicher Sicht eine sogenannte Verrichtungs- bzw. Erfüllungsgehilfin. Im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses ist sie gegenüber ihrem Arbeitgeber bei jedem Patienten zu einer ordnungsgemäßen Dokumentation verpflichtet.

Eine Dokumentationszeit von insgesamt 10 Minuten für 20 Patienten am Tag kann nicht ausreichen – zumal vor der ersten Behandlung eine umfangreiche Befunderhebung erfolgen und ein therapeutischer Behandlungsplan erstellt werden muss.

Weist der Arbeitgeber die angestellte Therapeutin an, insgesamt nur 10 Minuten auf die Dokumentationen zu verwenden, ist dies arbeitsrechtlich zunächst möglich. Immerhin bestimmt der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes, was die Arbeitnehmerin wann, wo und wie lange tun soll. Zivilrechtlich haftet der Praxisinhaber gegenüber dem Patienten für die ordnungsgemäße Dokumentation aufgrund des mit ihm geschlossenen Vertrags. Die Arbeitnehmerin hat die Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag, ihren Arbeitgeber vor absehbaren Schäden zu bewahren. Hieraus entsteht in Ihrem Fall die Pflicht, den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass die 10 Minuten für eine ordnungsgemäße Dokumentation aller Patienten eines Tages nicht ausreichen. Bleibt Ihr Chef trotzdem bei seiner Anweisung und weigert sich ausdrücklich, die zusätzlich für Dokumentationen verwendete Zeit als Arbeitszeit zu bezahlen, bleibt Ihnen nur, weisungsgemäß circa neuneinhalb Minuten für eine ordnungsgemäße Dokumentation zu verwenden. In den letzten etwa 30 Sekunden der Arbeitszeit erstellen Sie eine Liste, welche Behandlungen Sie nicht dokumentieren konnten, und händigen diese Aufstellung Ihrem Arbeitgeber aus. Denn: Unterlassen Sie es, auf die nicht dokumentierten Behandlungen hinzuweisen, riskieren Sie eine Abmahnung bzw. Kündigung. Das belastet sicherlich Ihr Arbeitsverhältnis, der Grund dafür ist jedoch alleinig die zu enge Zeitvorgabe.
Karsten Bossow

Aus der Zeitschrift ergopraxis 4/2015

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