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Ergotherapie in Praxis oder Hausbesuch?
Reduziert man den Begriff Alltag auf das häusliche Umfeld, verhindert das erfolgversprechende Behandlungsstrategien, findet Ergotherapeut Rainer Schmitt. Er fasst den Begriff weiter und plädiert dafür, Klienten in allen Lebensfeldern behandeln zu dürfen – also beispielsweise auch im Fitnessstudio.
Rechtlich betrachtet darf Ergotherapie gemäß § 11 der Heilmittelrichtlinie (HMR) nur in einer Therapiepraxis oder als Hausbesuch erbracht werden. Aus medizinischen Gründen kann der Arzt auch einen Hausbesuch in einer Tageseinrichtung oder einem Pflegeheim verordnen. Weitere Optionen sieht die HMR nicht vor. Sie folgt damit der klassischen Linie ärztlich-ambulanter Behandlung: Der Patient geht zum Arzt oder dieser kommt zu ihm nach Hause, wenn er wegen gesundheitlichen Einschränkungen dessen Praxis nicht erreichen kann.
Die meisten Therapieziele beziehen sich auf den Alltag
Für die Ergotherapie sind in den Rahmenempfehlungen in § 3 die Ziele wie folgt festgeschrieben:
„Den besonderen Belangen psychisch kranker, behinderter oder von Behinderung bedrohter sowie chronisch kranker Menschen ist bei der Versorgung mit Heilmitteln Rechnung zu tragen.“
„Die Ergotherapeutin … und die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, dass die Versicherten eigenverantwortlich durch gesundheitsbewusste Lebensführung, Beteiligung an Vorsorge- und aktive Mitwirkung an Therapiemaßnahmen dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und deren Verlauf und Folgen zu mildern.“
Jede Ergotherapeutin weiß: Viele in der Ergotherapie gesteckten Ziele beziehen sich auf den Alltag. Das spiegelt auch die Leistungsbeschreibung der Heilmittelrichtlinie wider. Diese sieht Ergotherapie beispielsweise indiziert bei Störungen der Selbstversorgung und der Alltagsbewältigung, im Verhalten, der Beweglichkeit und Geschicklichkeit sowie im Bereich der interpersonellen Interaktionen und Beziehungen. Daraus leiten sich Maßnahmen ab wie
- Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) in therapeutischen, alltagsnahen oder Alltagssituationen
- Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) in therapeutischen, alltagsnahen oder Alltagssituationen,
- Training der Alltagskompetenzen unter Berücksichtigung von Hilfsmitteln,
- handlungsorientiertes Training,
- Beratung und Schulung zur Durchführung von Aktivitäten individuell wichtiger Lebensbereiche etc.
Die Neufassung der Rahmenempfehlungen von 2016 bezieht sich dabei ausdrücklich auf die ICF und deren Konstrukte.
Alltag ist umfassender als Kochen, Putzen und Anziehen
Es stellt sich daher die Frage, was mit Alltag gemeint ist. Philosophen und Sozialwissenschaftler beschreiben Alltag als ein sehr viel umfassenderes Konstrukt als das (sich wiederholende) Kochen von Eintopf, Putzen der Badewanne und Anziehen der Hose (S. 10). Sie erkennen Alltag als Gegenwartswirklichkeit, die beeinflussbar ist und einem sozialen Kontext entspringt und nicht zwangsläufig und ausschließlich im häuslichen Umfeld stattfindet. Alltagswelten – oder moderner – Lebenswelten sind überall dort anzutreffen, wo Aufgaben, Bedürfnisse und Rollen gelebt werden. Diesem Verständnis von Alltag kommt die Profession Ergotherapie insgesamt mit ihren oben genannten Handlungskategorien sehr nah. Wenn es allerdings um ambulante Ergotherapie geht, bleibt davon wenig übrig.
Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Ergotherapie in Praxis oder Hausbesuch – reicht das?
Aus der Zeitschrift ergopraxis 10/2017

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