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Raus aus dem Trott – Qualitätsmanagement in der Psychiatrie
Zwei Jahre lang leitete Annika Müller die Genussgruppe in einer Tagesstätte für chronisch psychisch kranke Menschen. Mit der Zeit wuchs ihr Frust über das Angebot, über die ständig gleichen Themen, die geringe Vorbereitungszeit, denselben Trott. Dann entschied sie sich, die Genussgruppe einer Qualitätsprüfung zu unterziehen.
Annika Müller arbeitet seit 2017 als Ergotherapeutin in einer Tagesstätte für chronisch psychisch erkrankte Menschen bei der Bürgerinitiative Sozialpsychiatrie e.V.. Dort führt sie für die Klienten wöchentlich eine Genussgruppe durch. Im Februar 2020 schloss sie ihr berufsbegleitendes Bachelorstudium in Heerlen (NL) erfolgreich ab |
Jeden Montag um 13:30 Uhr saß ich 60 Minuten in meiner Genussgruppe. Hier versuchte ich, psychisch erkrankten Menschen den Genuss des Alltags wieder näherzubringen: hören, riechen, schmecken, sehen, tasten. Jede Woche. Zehnwöchige Blocks mit achtwöchiger Pause strukturierten das Angebot.
Festgefahren im Genussgruppen-Trott
Zwei Jahre leitete ich die Genussgruppe in unserer Tagesstätte für chronisch psychisch erkrankte Menschen. Die Zusammensetzung der Teilnehmer variierte gering, ein Kern von etwa acht Personen nahm regelmäßig teil.
Mein Angebot orientiert sich an der „Kleinen Schule des Genießens“ – einem verhaltenstherapeutischen Programm von Lutz und Koppenhöfer. Ziel des Angebotes sind positives Erleben und Handeln und die Entwicklung eines gesunden Verhaltens. Mithilfe praktischer Übungen soll über die fünf Sinneskanäle des Menschen ein Zugang zur eigenen Wahrnehmung geschaffen werden. Ich biete zum Beispiel ein Geruchsmemory mit verschiedenen Kräutern an, lese Fantasiereisen oder lasse Naturmaterialien in Fühlboxen ertasten.
Trotz regelmäßig durchgeführter Feedbackrunden ließ sich der Genussgruppen-Trott nicht lösen.
Weil die Nachfrage in den achtwöchigen Pausen immer größer wurde, erweiterte ich sogar auf ein ganzjähriges Angebot. Meine Klienten wollten mehr – aber ich weniger. Denn nach zwei Jahren immer gleichen Strukturen und thematischen Wiederholungen fehlten mir neue Impulse.
Hinzu kam meine Unzufriedenheit mit dem Alltagstransfer der Inhalte und der geringen Eigeninitiative der Teilnehmer. Ich hatte die Stunden so aufgebaut, dass die Klienten etwas Positives für ihren Alltag mitnehmen konnten, zum Beispiel mit der Bohnenübung: Man steckt sich morgens Bohnen in die rechte Hosentasche, und für jedes positive Ereignis oder Gefühl, das man am Tag erlebt, wandert eine Bohne von der rechten in die linke Hosentasche. Am Ende des Tages sieht man, dass es mehr positive Erlebnisse gibt als zuvor vielleicht erwartet. Gab ich solche Achtsamkeitsübungen als Anregung mit, auch mit Anleitung und Bohnen, berichtete auf Nachfrage kein Teilnehmer von einer Umsetzung. Das fand ich schade, weil ich manchmal das Gefühl hatte, dass die Klienten diese Chancen für mehr Achtsamkeit nicht nutzen wollten.
Trotz regelmäßig durchgeführter Feedbackrunden ließ sich dieser „Genussgruppen-Trott“ nicht lösen. Ich wurde es leid, stets über dieselben Themen zu sprechen, und wollte das Angebot am liebsten an den Nagel hängen. Aber heißt Klientenzentrierung nicht genau das zu tun, was Klienten wollen? Nein, aber auch ja.
Kommunizieren im Trialog
Die Lösung meines Zwiespaltes hieß ProPsychiatrieQualität. Kurz PPQ. Das Qualitätsmanagementsystem wurde in den 1990er Jahren für den sozialpsychiatrischen Bereich entwickelt. Mittlerweile hat es sich auch in anderen sozialen Arbeitsfeldern etabliert.
Mittels Qualitätsmanagement lassen sich Bedürfnisse und Anforderungen verschiedener Personen oder Gruppen erfassen und Abläufe in Organisationen optimieren. Ziel des Qualitätsmanagements kann beispielsweise die Zunahme der Klientenzufriedenheit sein. Mein Arbeitgeber, die Bürgerinitiative Sozialpsychiatrie e.V., nutzt als QM-System das ProPsychiatrieQualität.
Lesen Sie hier den ganzen Beitrag: Raus aus dem Trott – Qualitätsmanagement in der Psychiatrie
aus der Zeitschrift ergopraxis 10/2020
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