Was der Atem alles kann
Der Atem ist ein Alleskönner – fast könnte man sagen, mit dem tiefen Atem geht alles, und ohne ihn geht nichts. Ein tiefer Atem entspannt, macht gute Laune und fördert die Konzentration. Angst und Wut, Schmerzen und Kreislaufprobleme lassen sich einfach wegatmen. Das ist spürbar und sichtbar, denn auch Haltung und Ausstrahlung gewinnen durch einen tiefen Atem.
Atem macht wach
Mit Atemkörperübungen, z. B. Dehnen, Strecken, Schwingen oder Klopfen, können Sie schon morgens den Kreislauf in Schwung bringen, neue Kraft und Energie schöpfen und mit guter Laune in den Tag starten. Schon im Bett können ein paar tiefe Atemzüge zusammen mit genüsslichem Räkeln und Strecken die Müdigkeit vertreiben. Eigentlich ist es ein Klassiker, aber kaum einer macht’s: Sich vor dem geöffneten Fenster zu recken und zu strecken, als ob man die Decke erreichen wollte. Gähnen, seufzen, summen, tönen – nur wenige Minuten reichen aus, um sich positiv auf den Tag einzustimmen.
Atem und Schlaf
Viele Menschen leiden unter Schlafstörungen, können nicht einschlafen oder wachen mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden wieder auf. Hier hilft die Konzentration auf den ruhigen, langsam fließenden Atem. Erspüren Sie,wie der Bauch sich hebt und senkt, und lassen Sie den ganzen Körper schwer auf der Matratze ruhen. Durch die Aufmerksamkeit auf den Atem und die Atembewegung können Sie geistig abschalten und sich körperlich entspannen. Indem Sie den Atem bewusst fließen lassen, können innere Ruhe und Gelassenheit entstehen. Sie können dadurch das Gedankenkarussell stoppen, sich von quälenden Alltagsgedanken befreien. So finden Sie leichter in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Atem und Konzentration
Das Gehirn ist der Ort, wo Konzentration entstehen kann. Konzentration heißt, die ungeteilte Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Sache oder eine Person zu lenken. Das können Sie üben: Indem Sie sich immer wieder die Zeit nehmen, sich z. B. auf die Flamme einer Kerze, eine Blume oder den Atem zu konzentrieren. Das wirkt sich auch positiv auf die Stimmung aus: Wer sich ganz auf eine Sache einlässt, erlebt dabei eine innere Freude. Atemübungen haben zudem den Vorteil, dass sie den Körper mit Sauerstoff versorgen. Die Gehirnzellen sind in besonderem Maße stoffwechselaktiv und daher richtige „Energievielfraße“, vor allem wenn wir denken und uns konzentrieren. Sauerstoff ist der Treibstoff, der Ihr Gehirn in Gang hält. Eine tiefe, gleichmäßige, langsame Atmung sorgt für genügend Sauerstoff für die hungrigen Gehirnzellen. Ein Grundsatz lautet: „Bewusst ausatmen, wenn die Konzentration nachlässt.“ Gute Ausatemübungen sind z. B. Seufzen oder Gähnen. Auch die Wechselatmung „durchlüftet“ das Gehirn. Eine gute Übung, wenn Ihre Aufmerksamkeit nachlässt, ist auch das Einschnüffeln der Luft durch dieNase. Besonders wirkungsvoll ist diese Übung, wenn Sie ein paar Tropfen Japanisches Minzöl auf Ihren Handrücken oder in ein Tempotaschentuch tröpfeln und dann den Geruch einschnüffeln.
Schmerzen wegatmen
Ein tiefer, bewusster Atem kann Schmerzen lindern oder sogar beseitigen. Atmen Sie bewusst zu der schmerzenden Stelle hin ein, z. B. in den Kreuzbereich, zu den Augen oder einem inneren Organ. Stellen Sie sich vor, dass dieser Bereich sich dehnt und weit wird. Schicken Sie gedanklich heilende Energie und Sauerstoff dorthin, wo es wehtut. Beim Ausatmen die schmerzende Region sich entspannen und die Luft langsam entweichen lassen. Stellen Sie sich dabei vor, dass Schmerzen, Anspannung und Verbrauchtes ausströmen. Auch ein Achtsamkeitstraining kann helfen,mit Schmerzen besser umzugehen.
Atem für gute Gefühle
Der Atem reagiert auf jedes Gefühl und kann umgekehrt jedes Gefühl beeinflussen. Je tiefer und freier Sie atmen, desto mehr können sich angenehme Gefühle ausbreiten. Wenn Sie angespannt sind und der Atemstrom nur zu einem Rinnsal geworden ist, dann versuchen Sie zu lächeln und an etwas Schönes zu denken, an ein Lieblingsgericht, den letzten Urlaub, eine herrlich duftende Rose. Stellen Sie sich das ganz bildhaft vor, spüren Sie tiefe Freude dabei und erleben Sie,wie der Atem sich vertieft und wie von allein ein Wohlgefühl entsteht. Oder lachen Sie einfach „drauflos“. Stellen Sie sich etwas Lustiges vor und lachen Sie: mit allen Lachmuskeln, also auch denen um die Augen herum. Per Rückmeldung von den Gesichtsmuskeln kommt dann im Gehirn die Botschaft an: gute Laune! Lachen vertieft den Atem, versetzt das Zwerchfell in Schwingungen, löst Rumpf- und Atemmuskeln und befreit die Kehle. Es schenkt dem Körper und dem Gehirn eine regelrechte Sauerstoffdusche. Stresshormone werden gebremst, Anspannungen wie durch ein Ventil abgelassen. Glückshormone werden ausgeschüttet. Lassen Sie sich nach einer Lachsalve ein wenig Zeit nachzuspüren: Die Muskeln sind jetzt lockerer,der Atem ist vertieft und der Herzschlag wird ruhiger.
Atmen für Ausstrahlungund Haltung
Ob es um ein Bewerbungsgespräch,einen Vortrag oder ein geschäftliches Treffen geht – entscheidend ist oft der erste Eindruck. Und der wird vom Auftreten, der Haltung und dem Gesichtsausdruck bestimmt. Eine gute Haltung hängt von einer aufgerichteten Wirbelsäule ab – aber damit das Ganze nicht steif aussieht, sind gedehnte, elastische Rumpfwände wichtig. Viele Menschen kennen leider eher das Gegenteil: nach vorne hängende Schultern, angespannte Körperwände und ein gestauter Atem, der nur in die oberen Lungenanteile gelangt. Der Atem macht’s! Ein befreiter, weitschwingender Atem richtet auf, denn mit rundem Rücken atmet es sich schlecht, und verschafft eine lockere – äußere wie innere – Haltung. Die Körperwände werden von Anspannungen gelöst und können mit jedem Atemzug frei mitschwingen. Der freie Atem befreit die Lebenskraft und lockert eine festgefahrene Haltung. So gehen Sie vitaler und aufgerichteter durchs Leben. Und das strahlt Offenheit, Vitalität und Lebensfreude aus. Sie wirken präsent und lebendig. Rückkoppelnd wirkt sich das wiederum positiv auf Ihr Selbstbewusstsein aus. Eine attraktive Ausstrahlung und innere Kraft, Körperbewusstsein und Selbstbewusstsein sind der Lohn.
Atem macht Töne
In der Stimme zeigt sich die Stimmung, sie ist Ausdruck der Persönlichkeit. Schon die alten Griechen praktizierten Stimmbildung, damit die Schauspieler in den Amphitheatern zu hören waren. Auch heute kommt es bei Rednern nicht nur auf die Rhetorik an, sondern auch auf eine kräftige Stimme. Auch Sänger und Schauspieler können das Publikum nicht begeistern, wenn ihnen die Luft ausgeht. Atemtechniken können die Stimme trainieren, denn der Atem trägt die Stimme. Ganz wichtig dabei ist der Einsatz des wichtigsten Atemmuskels: des Zwerchfells. Der Körper ist der Klangraum, das Zwerchfell das Kraftwerk. Es lässt die Stimme gefestigt, kraftvoll und angenehm klingen. Dagegen lässt flachesAtmen die Stimme leise und dünn klingen. Je mehr das Zwerchfell zum Einsatz kommt, je freier der Atem fließen kann und je ausgewogener und lockerer die Haltung ist, desto mehr Resonanzräumewerden im Körper aktiviert und desto klarer und fester hört sich die Stimme an.