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Abnabeln bei Sectio und Frühgeburt untersucht
Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Abnabeln frühestens nach 60 Sekunden empfiehlt, wird bei vielen Geburten das verzögerte Abnabeln nicht praktiziert. Dazu gehören unter anderem Sectiones und Frühgeburten. Während bei Sectiones das Blutungsrisiko der Mutter im Vordergrund steht, hat bei Frühgeborenen die schnelle Versorgung des Babys Priorität. Diese beiden Szenarien wurden in zwei amerikanischen Studien untersucht.
Ein Team am Irving Medical Center der Columbia Universität in New York teilte 113 Frauen in zwei Gruppen auf: Während in der ersten Gruppe (n = 56) innerhalb von 15 Sekunden abgenabelt wurde, erfolgte die Abnabelung in der zweiten Gruppe (n = 57) erst nach 60 Sekunden. Alle 113 Frauen bekamen eine elektive Sectio am Termin. Beurteilt wurde der Hb-Wert der Mütter am ersten Tag nach der Geburt und der Hb-Wert der Neugeborenen. Bei den Müttern mit verzögerter Abnabelung war der Hb-Wert zwar niedriger als nach sofortiger Durchtrennung der Nabelschnur, dennoch war der Unterschied klinisch nicht relevant und nicht signifikant. Bei den Neugeborenen fiel der mittlere Hb-Wert nach verzögerter Abnabelung dagegen mit 18,1mg/dl vs. 16,4 mg/dl höher aus und war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,75 bis 2,59 g / dl signifikant.
In einer zweiten Studie, der internationalen PREMOD2-Studie (an der in Deutschland die Universität Ulm beteiligt war), sollte herausgefunden werden, ob das Ausstreichen der Nabelschnur bei Frühgeborenen < 32 SSW den Zustand der Babys verbessert. An der Studie sollten 1200 Frühgeborene teilnehmen, bei allen sollte verzögert abgenabelt werden, aber nur bei der einen Hälfte sollte die Nabelschnur zusätzlich ausgestrichen werden. Nach dem Einschluss von 474 Babys musste die Studie abgebrochen werden, da es bei 12 % der Babys nach dem Ausstreichen der Nabelschnur zum Tod oder zu einer Hirnblutung gekommen war.
Quellen: JAMA 2019; 322(19): 1869 – 1876, DOI:10.1001 / jama.2019.15995 und JAMA 2019; 322(19): 1877 – 1886, DOI:10.1001 / jama.2019.16004
Evidenz zum verzögerten Abnabeln Zusammenfassend lassen sich die oben zitierten Studien nicht miteinander vergleichen. Zum einen unterscheiden sich die jeweils untersuchten Gruppen stark in ihren Risikofaktoren. Während die erste Studie Neugeborene am Termin untersuchte, wurden in der zweiten Studie ausschließlich Frühgeborene < 32 SSW betrachtet. Zum anderen kann das Vorgehen des verzögerten Abnabelns nicht mit dem Ausstreichen der Nabelschnur (Cord milking) gleichgesetzt werden. Fakt ist: Gegenwärtig gibt es keine ausreichende Evidenz, um die Methode des Ausstreichens der Nabelschnur, insbesondere bei sehr unreifen Frühgeborenen, eindeutig zu unterstützen oder zu widerlegen. Das verzögerte Abnabeln hingegen ist eine einfach zu etablierende, kostenneutrale und evidenzbasierte Maßnahme mit zahlreichen gesundheitlichen Vorteilen für alle Neugeborenen bei allen Geburten (Quelle: WHO 2014, ERC 2015). Die nachfolgende Poster-Grafik zum Thema „Abwarten ...“ vermittelt auf einen Blick, was den optimalen Zeitpunkt ausmacht und welche Vorteile ein spätes Abnabeln für das Neugeborene und eine frauenorientierte Betreuung bietet. Nutzen Sie diese gerne in Ihrer Klinik oder in Ihrem Geburtshaus. Sehen Sie die Poster-Grafik hier: Abwarten... |
Aus der Zeitschrift: Die Hebamme 01/2020

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