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Vorzeitiger spontaner Blasensprung

Ein vorzeitiger spontaner Blasensprung (VSBS) am Termin wird definiert als das Reißen der Eihäute nach der Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche ohne Einsetzen der Wehentätigkeit. Davon sind ca. 8–10% aller Schwangeren betroffen. Das Reißen der Eihäute gilt als Geburtsbeginn, selbst wenn die Wehentätigkeit noch nicht eingesetzt hat. Damit rückt für die Frau die Geburt des Kindes in faßbare Nähe. Durch den Blasensprung geht ein Teil der bisher vorhandenen Schutzfunktionen verloren. Erfolgt dieser nach Beginn der Wehentätigkeit, ist dies Teil eines normalen Geburtsvorgangs. Findet er vorzeitig statt, steigt die Gefahr eines kindlichen und maternalen Infekts und bedingt eine möglichst sofort erfolgende Kontrolle des Zustandes von Mutter und Kind.

Als mögliche Ursache für VSBS am Termin galt lange die physikalische Belastung der Eihäute, jüngst werden auch biochemische Einzelfaktoren endokriner oder struktureller Natur diskutiert. Bekannt ist, dass im zervixnahen Bereich degenerative Veränderungen stattfinden. Infektionen als Ursache für einen Blasensprung sind vor allem früh in der Schwangerschaft von Belang. Eine neuere Studie äußert den Verdacht, dass auch am Termin Infektionen weniger die Folge, sondern mögliche Ursache eines VSBS sein könnten.

Unabhängig davon, ob Ursache oder Folge, stellt die Infektion ein Risiko für Mutter und Kind dar. Trotz diesbezüglichen fachlichen Einvernehmens, wird das Management nach VSBS am Termin kontrovers diskutiert. Lange Zeit über wurde ausschließlich die sofortige Einleitung empfohlen. Inzwischen wird bei Schwangeren auch ein exspektatives Management als vertretbare Alternative anerkannt. Sofern trotz Abwarten keine spontane Wehentätigkeit einsetzt, wird die Geburt medikamentös eingeleitet. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Outcome bei einem exspektativen Vorgehen nicht maßgeblich vom aktiven Management unterscheidet. Auch eine routinemäßige prophylaktische Antibiotikatherapie wird derzeit nicht empfohlen. Die ideale Dauer des abwartenden Verfahrens ist allerdings nicht schlüßig geklärt.

Während das aktive Management immer in der Klinik erfolgt, steht beim exspektativen Management grundsätzlich offen, wo sich die Schwangere bis zum spontanen Wehenbeginn aufhält ([Abb. 1]). In der Schweiz gibt es Geburtsinstitutionen, die Schwangere mit VSBS am Termin stationär aufnehmen, und solche, die ambulantes exspektatives Management anbieten, d. h. Schwangere ohne spezifische Risikofaktoren nicht ausnahmslos hospitalisieren. Diese können nach der Schwangerschaftskontrolle wählen, ob sie in der Klinik bzw. im Geburtshaus bleiben oder wieder nach Hause gehen. Frauen, die sich fürs nach Hause gehen entscheiden, werden instruiert, bei Wehenbeginn zurückzukehren und gegebenenfalls eine Zwischenkontrolle vornehmen zu lassen. Erfolgt kein spontanes Einsetzen der Wehentätigkeit, wird die Geburt nach dem intern festgelegten Schema medikamentös eingeleitet.

Nur wenige Studien vergleichen die exspektative Betreuung im häuslichen Bereich mit der herkömmlichen Betreuung bei Hospitalisation. Die Resultate sind kontrovers. Da keine erhöhten Infektraten gemessen wurden, kommen Jomeen und Martin in einer randomisierten Kontrollstudie (n=56) zum folgenden Schluss: …we can safely allow women to go home to await the onset of labour following PROM, the current prevalent restrictive policy of hospitalization seems unnecessary. That is not to say that a blanket policy of home management is preferable, but a policy of allowing women choice, and offering them an alternative to the ‘norm’ of staying in hospital may be to many women an attractive option. Die Autoren erkennen die geringe Stichprobenzahl und empfehlen eine Wiederholung der Untersuchung mit einer größeren Stichprobe (n>1 000). Die multizentrische Studie von Hannah et al. kommt aufgrund erhöhter Chorionamnionitis- und Sectioraten in der ambulanten Gruppe zum Schluss, dass es für Frauen nach VSBS allgemein sicherer ist, in der Klinik zu bleiben, wenn sie sich für das exspektative Management entscheiden. Trotz großer Stichprobe weist die Studie zur Beantwortung dieser Teilfrage methodische Limitationen auf: Das ambulante Management wurde in den Institutionen unterschiedlich gehandhabt, was auf einen Behandlungsbias hindeutet. Die Studie vollzog auch keine Randomisierung, sodass die interne Validität der beiden ungleich großen Gruppen (n=653 ambulant vs. n=1 017 Klinik) fraglich ist. Das neonatale Outcome hingegen unterscheidet sich nicht signifikant. Hagskog und Nisell wiederum kommen zum Schluss, dass bei exspektativer Herangehensweise ein ambulantes Management vertretbar ist. Sie empfehlen eine gezielte Überwachung der Fruchtwassermenge und der fetalen Herzfrequenz, um fetalen Distress ausschließen zu können.

Lesen Sie den gesamten Beitrag hier: Vorzeitiger spontaner Blasensprung am Termin: Hospitalisation oder ambulantes Management? Eine Erhebung in Deutschschweizer Geburtsinstitutionen

Aus der Zeitschrift ZGN 5/2016

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