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Windeldermatitis - eine Zivilisationskrankheit

Die Windeldermatitis ist eine der häufigsten Hauterkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Ursächlich sind Irritationen und Hautbarrierestörungen durch den intensiven Kontakt mit Urin und Stuhl, das feuchtwarme Klima sowie Druck und Reibung durch die Windel.

Da die Genitoanalregion Schauplatz diverser Dermatosen sein kann, ist eine detaillierte Anamnese mit präziser Inspektion des gesamten Integuments notwendig, um über die richtige Behandlung und ggf. weiterführende Maßnahmen zu entscheiden.

Ohne Windel keine Windeldermatitis

„Die Windeldermatitis ist eine Zivilisationskrankheit“, schreibt der österreichische Dermatologe Prof. Peter Fritsch über das Phänomen, das bei Naturvölkern völlig unbekannt ist. Durch die an Beinchen und Hosenbund dicht abschließende Windel kommt es zum sogenannten Okklusionseffekt – es entsteht ein feuchtwarmes Klima, das zusammen mit dem Stuhl und dem häufigen Harnlassen zu einer Irritation der Säuglingshaut führt.

Durch diese Bedingungen unter der Windel und den ständigen Kontakt mit reizenden Stoffen quillt die Epidermis (Hornschicht der Haut) auf, die Hautbarriere wird durchlässiger und kleine Verletzungen kommen dazu. Dadurch wird die Haut besonders anfällig für bakterielle Infektionen (z.B. Staphylococcus aureus) oder für Windelsoor, eine Hefepilzinfektion (Candida albicans).

Doch nicht jeder wunde Po ist eine „klassische“ Windeldermatitis. Vor allem bei zögerlicher Abheilung, einer Persistenz der Entzündungen über die Windelzeit hinaus oder weiteren Hautveränderungen außerhalb der Windelregion müssen auch andere Dermatosen in Betracht gezogen und abgeklärt werden. Bei Verdacht auf eine andere Ursache sollte die gesamte Haut inspiziert und die Krankengeschichte genau erhoben werden. In Einzelfällen kann auch eine feingewebliche Untersuchung einer Hautprobe notwendig werden, um die Diagnose abzusichern.

Rückläufige Zahlen

Die Windeldermatitis ist im Säuglings- und Kleinkindalter eher die Regel als die Ausnahme. Zwei Drittel aller gewickelten Kinder erkranken mindestens einmal, oft auch deutlich häufiger daran. Besonders oft leiden ältere Säuglinge im Alter zwischen neun und zwölf Monaten darunter – häufig nach dem Abstillen. Während ein Drittel der Kinder eine milde Form aufweist, die keinen Arztbesuch erfordert, kommt es bei ca. 6% zu einer schweren, ausgeprägten Windeldermatitis, die nicht selten mit Keimen wie Candida albicans oder Staphylococcus aureus infiziert ist. Erfreulich ist, dass die Windeldermatitis aufgrund verbesserter Windeln und häufigeren Windelwechselns innerhalb der vergangenen 10 Jahre offensichtlich deutlich zurückgegangen ist, was sich auch im Praxisalltag der pädiatrischen Dermatologie widerspiegelt.

Ätiologie und Pathogenese

Bei der Windeldermatitis kommen häufig mehrere Faktoren zusammen:

  • Alter des Kindes (z.B. Einführung der Beikost)
  • Zu seltenes Windelwechseln
  • Hygieneverhalten (z.B. Anwenden ungeeigneter Reinigungsmittel, Cremes und Salben)
  • Umweltfaktoren (Genuss zu säurehaltiger Nahrungsmittel)
  • Vorerkrankungen (z.B. Diarrhöen)
  • Medikamente (z.B. Antibiotika)

 
Einfluss der Verdauungsenzyme

Die im Stuhl noch vorhandenen Verdauungsenzyme wie Trypsin, Lipasen und Ureasen reizen die Haut besonders stark. Diese Enzyme werden vor allem bei einem beschleunigten Transport des Darminhalts bei Durchfall und einer Erhöhung des pH-Wertes aktiviert. Trypsin und Lipasen können Eiweiße und Fette, die auch in der Haut vorkommen, zersetzen und damit zu Irritationen führen. Ureasen bauen den Harnstoff des Urins ab, wodurch Ammoniak freigesetzt wird. Ammoniak ist alkalisch, wodurch der pH-Wert der Haut ansteigt.

Einfluss des pH-Wertes

Der normale pH-Wert der Haut liegt bei 5,5 oder sogar noch darunter und wird umgangssprachlich als Säureschutzmantel bezeichnet. Bei einer Erhöhung des pH-Werts werden weniger antimikrobielle Peptide gebildet. Diese antimikrobiellen Peptide stellen einen wichtigen Abwehrmechanismus zum Schutz der Haut vor Besiedelung durch unerwünschte Keime dar. Eine verringerte Aktivität der antimikrobiellen Peptide erleichtert die Ansiedelung von Infektionserregern wie Candida albicans und Staphylococcus aureus.

Einfluss der Windel

Okklusive Bedingungen unter der Windel führen zu einer verstärkten Durchfeuchtung (Hyperhydratation) der oberen Epidermisschichten (Stratum corneum). Dadurch steigt die Durchlässigkeit der Haut für Infektionserreger und irritierende Substanzen aus Stuhl und Urin. Auch mechanische Faktoren wie die Reibung der Windel in Hautfalten fördern die Entstehung der Windeldermatitis. Dabei sind die Schäden, die durch Scheuern und Reiben einer schlecht sitzenden Windel entstehen, bei feuchter Haut wesentlich größer als bei trockener.

Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Windeldermatitis - eine Zivilisationskrankheit

Aus der Zeitschrift: Die Hebamme 04/2017

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