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Abnehmen ohne Diät – Illusion oder Möglichkeit?

Abends vor dem Fernseher eine Tüte Chips verzehren, am Nachmittag von Zeit zu Zeit ein Stück Torte und zwischen den Mahlzeiten immer wieder mal was Süßes. Keine Einschränkungen beim Essen, kein lästiges Kalorienzählen und auch keine überflüssige Bewegung. Dem Belohnungssystem, das uns immer wieder zum Naschen anregt freien Raum lassen, einfach zu jeder Mahlzeit eine Pille einwerfen, die alles was dick macht entfernt und vielleicht sogar noch überflüssige Pfunde abbaut.

Abnehmen ohne Diät, das verspricht jetzt eine breit gestreute Verbraucherwerbung aufgrund einer in dieser Zeitschrift veröffentlichten Studie zur Wirkung von Refigura.

Refigura ist ein Medizinprodukt, das nicht dem Arzneimittelgesetz, sondern dem Medizinproduktegesetz unterliegt. In diesem sind die Vorgaben der Veröffentlichung einer klinischen Studie noch nicht vorgeschrieben. Man vertraute in der EU auf die freiwilligen Vereinbarungen wie die Deklaration von Helsinki, CONSORT-Statement usw. Diese Lage wird nun ausgenutzt, indem sich Studien das Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit umhängen und so dem Verbraucher das Gefühl vermitteln, dass er es mit wissenschaftlich gesicherten Ergebnissen zu tun hat, die aufgrund der nicht eingehaltenen Mindeststandards das vermittelte Resultat fragwürdig erscheinen lassen.

Die in der Zeitschrift für Phytotherapie veröffentlichte „BEFORE-Studie“ zur Gewichtsreduktion mit Refigura ohne Änderung der Lebens- und Essgewohnheiten ist ein Beispiel für eine solche Studie. Als Prüfmedikation wurden drei unterschiedlich wirkende Substanzen gemeinsam eingesetzt, das aus dem Schimmelpilz Aspergillus niger gewonnene Chitosan mit einem Anteil von ca. 15 % β-Glucan und Glucomannan.

Chitosan soll mit Fetten eine Emulsion im Gastrointestinaltrakt bilden, was dazu führt, dass ein Teil der Fette nicht absorbiert wird. Gleichzeitig steigt die Magenfüllung, was über hormonelle Effekte (Ghrelin) zu einer gewissen Sättigung beitragen kann. Glucomannan ist ein Quellstoff, der wie viele unverdauliche Ballaststoffe in geringem Maße Fette und Gallensäuren adsorbiert und so der Verdauung entzieht. β-Glucan ist ein natürlicher Bestandteil der Zellwände von Pilzen und Pflanzen, wird durch menschliche Enzyme nicht verdaut, aber stattdessen im Dünndarm aufgenommen und stimuliert das mucosale und das systemische Immunsystem. Die Autoren wollen nun durch Kombination der drei Substanzen prüfen, inwieweit eine Gewichtsreduktion ohne Änderung des Lebens- und Ernährungsstils erreicht werden kann.

Dazu erhalten die Teilnehmer (n = 165 mit BMI zwischen 27 und 35; 81,2 % weiblich), randomisiert in drei Gruppen (zwei Verum-Applikationen in unterschiedlicher Konzentration [Chitosan inklusive β-Glucan/Glucomannan; Verum 1: 1,5/3,0 g bzw. Verum 2: 3,0/4,02 g] und einer Placebogruppe) die Prüfmedikation über einen Zeitraum von 56 Tagen. Primärziel ist das Körpergewicht, Sekundärziele sind Veränderung des Bauchumfangs, des Körperfettanteils und der Lebensqualität.

Primärziel der BEFORE-Studie: Gewichtsverlust

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der Prüfmedikation zu einem Gewichtsverlust von 0,89 kg gegenüber Placebo geführt hat. Dieser sei signifikant. Dies ist aber schwer nachvollziehbar, wenn sich das mittlere Gewicht in 8 Wochen nur von 92,0 auf 91,11 kg reduziert.

Die Auswertung der Studie lässt eine Reihe von Fragen offen, wie z. B. die der Compliance. Diese war bereits gegeben, wenn die Probanden nicht weniger als 30 % der verordneten Menge des Präparates eingenommen hatten. In seriösen klinischen Studien ist die Grenze bei 80 %. In ihrem Fazit kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Kombination übergewichtigen Patienten beim Abnehmen helfen kann, weil damit auch ohne Umstellung der Lebens- oder Essgewohnheiten eine signifikante Gewichtsreduktion herbeigeführt wird, die, so die Autoren, bei der höheren Dosierung entsprechend höher ausfällt. „Höher“ sind in diesem Fall 100 g in 8 Wochen! Entsprechend internationaler Empfehlungen sollte der Maßstab für eine erfolgreiche Gewichtsreduktion sein, 5 % Körpergewicht (hier 4,64 kg im Patientenkollektiv) in Schritten von ca. 500 g / Woche abzunehmen.

Als statistische Analyseverfahren beschreiben die Autoren die Verwendung des sogenannten Full Analysis Set (FAS), dem alle 165 randomisierten Probanden angehören würden, die das Prüfprodukt mindestens einmal erhalten hatten. Außerdem das Per Protocoll Analysis Set (PPS), in dem alle Probanden erfasst werden, die bis zum Ende der Studie ohne Prüfplanverletzung dabei waren. Bei PPS wurden 110 Probanden ausgewertet, d. h. 55 Probanden wurden somit nicht in die Auswertung einbezogen. Die FAS-Ergebnisse werden aber nicht dargestellt, obwohl dies relevant wäre. Nur im FAS kann eine Analyse der Auswirkung der Prüfplanverletzungen in Bezug auf das Ergebnis erfolgen. Die Beurteilung der Wirkung nach PPS alleine ist mehr als fragwürdig, da damit nicht der geplante Durchschnitt dargestellt ist, sondern der positive 2 / 3-Anteil der Studienteilnehmer.

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Aus der Zeitschrift: Zeitschrift für Phytotherapie 01/2019

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