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Die Plage der Melancholiker
DAS REIZDARMSYNDROM (RDS, Colon irritabile) gehört zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Bis zu 20 % der Bevölkerung und somit etwa 16 Millionen Menschen sind Schätzungen zufolge betroffen – Frauen doppelt so häufig wie Männer. Angesichts dieser Zahlen mag es erstaunen, dass die Wissenschaft immer noch nach den Ursachen dieser Erkrankung sucht. Dabei ist der Forschungsbedarf enorm, schon wegen der hohen Kosten für die umfangreiche Diagnostik – vor allem aber wegen des hohen Leidensdrucks bei Betroffenen.
Alte neue Erklärungsmodelle: Temperamenten- und Ernährungslehre
Fragen der Verdauung beschäftigten bereits die Humoralmedizin der Antike und des Mittelalters. Nach deren Konzept entscheidet vor allem das Mischungsverhältnis der vier Kardinalsäfte über die Entstehung von Krankheiten. Man ging davon aus, dass jeder Mensch von Geburt an ein bestimmtes Temperament ausprägt und damit in ihm natürlicherweise einer der Körpersäfte (Humores) vorherrscht. Durch die Lebensaktivitäten verbrauchte Humores werden hierbei über Nahrung und Verdauung wieder aufgefüllt. Aus dieser Perspektive erschließt sich die Bedeutung der Diätetik im Mittelalter: Machte man mit der Ernährung etwas falsch oder funktionierte die Kochung (Verdauung) nicht richtig, musste das unweigerlich zu Erkrankungen führen.
Seit wir Krankheitserreger wie Viren und Bakterien kennen, hat sich unsere Einsicht in Krankheitsentstehungsprozesse grundlegend geändert. Anders als die Mediziner des Mittelalters können wir mit bildgebenden Verfahren in Magen und Darm hineinschauen. Histologische und molekulargenetische Untersuchungsmethoden liefern uns zusätzlich eine Fülle von Informationen. Aus der Sicht des Reizdarmpatienten helfen diese Innovationen allerdings wenig: Die moderne Medizin kann ihm sagen, welche möglichen Ursachen bei ihm nicht vorliegen: Das Reizdarmsyndrom ist eine Ausschlussdiagnose. Mit der tröstlichen Auskunft, „nichts Schlimmes“ zu haben, werden die Patienten dann häufig alleingelassen, ohne dass ihnen eine Therapie vorgeschlagen oder gar eine Präventionsstrategie an die Hand gegeben wird. Zu komplex und individuell verschieden ist die Pathogenese dieser Beschwerden. Da wir somit auf die Notwendigkeit einer Symptombekämpfung zurückgeworfen werden, sind die traditionellen Heilanwendungen bei Darmbeschwerden nicht weniger aktuell als vor Jahrhunderten. Eine Typisierung des Patienten im Sinne der Humoralpathologie kann hierbei wertvolle Hinweise zur Beratung der Patienten liefern (siehe „Falle Sensibilität: Melancholiker als Mustertyp der Reizdarmpatienten“).
Colon irritabile als Ausschlussdiagnose nach Diagnostik-Odyssee
Beim Reizdarmsyndrom stehen vier Symptomkomplexe im Vordergrund: Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Bauchschmerzen beziehungsweise -krämpfe. Diese treten meist kombiniert auf, zum Beispiel in chronischem Wechsel von Verstopfung und Durchfall. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlichster Erkrankungen, die solche Symptome hervorrufen könnten. Alle müssen mit anerkannten diagnostischen Methoden ausgeschlossen werden. Ultraschalluntersuchungen sowie Magen- und Darmspiegelungen gehören hierbei zur Basisdiagnostik zum Ausschluss krankhafter Prozesse im Bauchraum. Laborwerte geben Aufschluss über mögliche Leber-, Galle-, Pankreas- oder Schilddrüsenerkrankungen. Stuhluntersuchungen schließen bakterielle oder parasitäre Infektionen aus. Ein besonders weites Feld ist die Abklärung von Lebensmittelallergien und -intoleranzen. Da die Chronizität zu den wesentlichen Charakteristika des Reizdarmsyndroms zählt, haben viele Patienten eine lange Reihe ergebnisloser Arztbesuche und Untersuchungen hinter sich. Lange Zeit rechnete man die Störung schlussendlich den psychosomatischen Erkrankungen zu. Den wohlgemeinten ärztlichen Rat, psychotherapeutische Hilfe zu suchen, empfinden jedoch nicht wenige Patienten als kränkend. Angesichts ihrer fortdauernden körperlichen Beschwerdesymptomatik fühlen sie sich nicht ernst genommen – zu Recht, wie neuere Untersuchungsergebnisse zeigen: Derzeit wird diskutiert, inwieweit immunologisch bedingte Veränderungen der Nervenübermittlung nach einer durchgemachten Darminfektion am Krankheitsprozess beteiligt sind.
Lesen Sie hier den ganzen Beitrag: Die Plage der Melancholiker
aus der Zeitschrift DHZ - Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 13(04) / 2018
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