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Gar nicht vegetarisch …
...und schon gar nicht vegan! in ungeahnt vielen Arznei- und Nahrungsergänzunsmitteln sind tierische Substanzen enthalten.
Was würden Sie tun, wenn Ihnen eine Patientin, die sich lakto- ovo-vegetarisch ernährt, bei der Arzneimittelanamnese verrät, dass sie ein Nahrungsergänzungsmittel mit Chondroitinsulfat einnimmt? Sie leidet an Kniearthrose Stadium 2 und möchte durch die Einnahme das Fortschreiten des Gelenkverschleißes eindämmen. Denn Chondroitinsulfat werden knorpelaufbauende beziehungsweise -erhaltende Eigenschaften zugesprochen.
Sie würden die Patientin womöglich fragen, ob sie weiß, dass Chondroitinsulfat nicht vegetarisch ist. Es wird nämlich aus Knorpel von zum Beispiel Rindern, Hühnern und Haien hergestellt. Sie würden des Weiteren fragen, ob das ein Problem für die Patientin darstellt. Falls ja, würden Sie ihr im besten Fall vegetarische oder gar vegane therapeutische Alternativen vorschlagen.
Doch mal Hand aufs Herz: Hätten Sie auf Anhieb gewusst, dass der Wirkstoff nicht vegetarisch ist? Und hätten Sie die Frage, ob ein Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel tierische Substanzen enthält, überhaupt berücksichtigt? Die folgenden Informationen sollen Sie dabei unterstützen, ernährungsspezifische und tierethische Fragestellungen in der Arzneimittelanamnese zu beachten. Vor allem dann, wenn die vegetarische/vega- ne Lebensweise unserer Patienten dies erfordert. Fangen wir zunächst mit den relativ eindeutigen Wirk- und Hilfsstoffen tierischen Ursprungs an.
Kurz gefasst
Heparin, Hyaluron und Co.: Obwohl sie auch synthetisch produziert werden könnten, werden viele Wirk- und Hilfsstoffe aus tierischen Materialien gewonnen. Der Grund sind die niedrigeren Kosten.
Die Tiere, die als Quelle für die benötigten Substanzen dienen, werden in der Regel unter den Bedingungen der Massentierhaltung gezüchtet, gehalten und konsumiert.
Verbrauchern, aber auch Verordnenden, ist oftmals nicht bewusst, dass ein Medikament oder Nahrungsergänzungsmittel tierische Substanzen (aus der Massentierhaltung) enthält.
Gelatine ist in vielen Medikamenten
Veganer und Vegetarier achten darauf, möglichst keine Gelatine zu sich zu nehmen, denn diese wird aus der Haut und aus den Knochen von Rindern und Schweinen hergestellt. Viele Hersteller haben sich mittlerweile darauf eingestellt und bieten Gummibärchen, Lakritzkonfekt oder auch Arzneimittel gelatinefrei an. Doch immer noch enthält eine Vielzahl von Medikamenten diese Substanz: Gelatine wird – von Accupro bis Zypre- xa – vor allem bei Tabletten als Trägerstoff und bei Kapseln als Überzug verwendet, insgesamt derzeit bei ca. 4600 Präparaten.
Schellack ist ein tierisches Ausscheidungsprodukt
Ein anderer Überzug für Dragees sowie für magensaftresistente Arzneimittel und solche mit verzögerter Wirkstofffreisetzung ist Schellack (Lacca). Dieses Produkt wird aus der harzartigen Absonderung weiblicher Lackschildläuse (Kerria lacca), die auf bestimmten Bäumen besonders in Süd- und Südostasien leben, hergestellt. Mittel mit Schellack sind also streng genommen nichts für Vegetarier.
Schweineschmalz oder Bienenwachs?
Manche galenischen Hilfsstoffe sind deutlich erkennbar tierischen Ursprungs: Schweineschmalz (Adeps suillus) oder Bienenwachs tragen ihren tierischen Spender im Namen. Gelbes Wachs (Cera flava) entsteht durch Ausschmelzen der entleerten Waben der Honigbiene. Durch anschließendes Bleichen stellt man das weiße Wachs (Cera alba) her.
Schaf oder Kuh?
Wollwachs (Lanolin, Adeps lanae), der Name verrät es schon, wird aus Schafswolle gewonnen. Es hat als wasserfreie, wachsartige Substanz einen charakteristischen Geruch. Wasserhaltiges Wollwachs (Adeps lanae cum aqua) ist eine homogene Mischung von 75 % Wollwachs und 25 % Wasser. Diese und weitere Arten von Wollwachs sind bewährte Salbengrundlagen.
Milchzucker (Laktose), der Trägerstoff in zahlreichen Tabletten, wird durch das Eindampfen der von Lipiden, Proteinen und Mineralstoffen gereinigten Molke gewonnen.
Tier im Arzneipelz
Es ist längst nicht immer so deutlich erkennbar, dass wir ein Arzneimittel einem Tier zu verdanken haben. Denken Sie an das Chondroitinsulfat vom Eingangsbeispiel. Hier einige weitere Beispiele:
- Aus den Darmschleimhäuten von Schweinen werden Heparin- Calcium und Heparin-Natrium (zum Beispiel als Injektion zur Thromboseprophylaxe oder als Salbe bei Sportverletzungen) hergestellt.
- Aus Sperma oder Rogen von Fischen wird Protaminsulfat (Protamini sulfas) gewonnen, das die Antikoagulationswirkung von Heparin mindert.
- Das Hormon Calcitonin wird zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt. Es wird aus Lachs hergestellt.
- Aus Rinderhoden wird das Enzym Hyaluronidase extrahiert. Es kann Bindegewebe auflösen. Deswegen setzt man es zum Beispiel in der Zahnheilkunde in Kombination mit Lidocain zur Lokalanästhesie oder in der Orthopädie zur Injektion bei Sehnenscheidenentzündungen ein. Bei kosmetischen Behandlungen wird es verwendet, um injizierte Hyaluronsäure zum Beispiel nach Fehlbehandlungen und Unverträglichkeitsreaktionen wieder aufzulösen.
Lesen Sie den gesamten Beitrag hier: Gar nicht vegetarisch …
Aus der Zeitschrift: Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 02/2019
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