•  

Intranasales Ketamin wirksam bei Kindern mit frischen Frakturen

Die intranasale Applikation von Analgetika bei akuten Schmerzen hat viele Vorteile, Fentanyl ist derzeit Mittel der Wahl. Aufgrund vielfältiger Nebenwirkungen von Opioiden könnte Ketamin eine gute Alternative zu sein. Reynolds und ihr Team haben daher in einer Machbarkeitsstudie Sicherheit und Wirksamkeit von intranasalem Ketamin bei Kindern mit frischen Frakturen mit intranasalem Fentanyl verglichen.

Die Behandlung akuter Schmerzen von Kindern bleibt eine große Herausforderung, die intranasale Gabe von Fentanyl ist leicht durchführbar und effektiv. Da Opioide auch mit Begleiteffekten wie Übelkeit oder Müdigkeit einhergehen können, werden wirksame Alternativen gesucht. So zeigte intranasal appliziertes Ketamin bei Erwachsenen bereits eine opioidsparende und schmerzlindernde Wirkung. Für Kinder mit akuten Schmerzen gibt es hier allerdings noch keine sicheren Erkenntnisse. Um die Machbarkeit einer Studie zur Nichtunterlegenheit von intranasalem Ketamin gegenüber intranasalem Fentanyl einschätzen zu können, haben Reynolds und ihre Arbeitsgruppe eine Pilotstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit durchgeführt. Diese randomisierte kontrollierte Studie fand im Levine Childrenʼs Hospital Emergency Department in Charlotte, North Carolina, statt. Eingeschlossene Patienten mussten folgende Kriterien erfüllen:

  • Kinder im Alter zwischen 4 und 17 Jahren,
  • Verständigung durch Sprache,
  • Verdacht auf eine frische Fraktur einer Extremität,
  • akute Schmerzen.


Ausschlusskriterien waren:

  • Glasgow Coma Scale < 15 Punkte,
  • Allergie gegen Ketamin oder Fentanyl,
  • Intoxikation,
  • Schwangerschaft,
  • Hypotension,
  • Übergewicht ab 70 kg,
  • Vorbehandlung mit Opioiden,
  • Deformitäten der Nase.


Reynolds und ihr Team ordneten jedes Kind einer von 2 Studiengruppen zu:

  • Ketamingruppe: Gabe von intranasalem Ketamin (1 mg/kg),
  • Fentanylgruppe: Gabe von intranasalem Fentanyl (1,5 µg/kg).


20 Minuten nach Erstgabe konnten die kleinen Patienten bei Bedarf eine 2. Dosis erhalten. Hielten die Schmerzen dennoch an, bekamen die Kinder weitere Analgetika wie Paracetamol verabreicht. Die Ausprägung der akuten Schmerzen wurde bei Kindern zwischen 4 und 10 Jahren mithilfe der Faces Pain Scale – Revised (FPS-R) und bei älteren Kindern mit der Visuellen Analogskala (VAS) gemessen. Als primärer Endpunkt diente die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen innerhalb der ersten 60 Minuten nach Wirkstoffapplikation. Sekundäre Endpunkte waren die Anzahl von Patienten mit signifikanter Schmerzreduktion in den ersten 20 Minuten, Anzahl der Patienten mit 2. Dosis sowie der Gesamtbedarf an Opioiden im Rahmen der Notfallbehandlung.

629 Patienten konnten rekrutiert werden, 87 nahmen schließlich an der Studie teil, 43 von ihnen erhielten Ketamin. Die Kinder waren zu 62% männlich und zwischen 6 und 11 Jahre alt. Kinder der Ketamingruppe litten 2,2-fach häufiger unter Nebenwirkungen als Patienten der Vergleichsgruppe. Dabei wurden in der Ketamin-Gruppe vor allem schlechter Geschmack im Mund (90,2%), Schwindel (73,2%) und Schläfrigkeit (46,3%) berichtet, während die Kinder unter Fentanyl vor allem über Müdigkeit (36,6%), einen schlechten Geschmack (22%) sowie eine laufende Nase (22%) klagten. Alle Nebenwirkungen waren milde ausgeprägt, lediglich eine hypotone Reaktion auf Fentanyl musste behandelt werden. Die Ergebnisse der Schmerzabfrage mittels VAS und FPS-R 20 Minuten nach Applikation waren für beide Gruppen ähnlich. Auch für die übrigen Endpunkte ergaben sich keine bedeutsamen Unterschiede. Reynolds und Kollegen halten die Durchführung einer Nichtunterlegenheitsstudie für sinnvoll und praktikabel.

Fazit
In dieser Machbarkeitsstudie zeigte intranasal verabreichtes Ketamin bei Kindern mit frischen Frakturen eine vergleichbare analgetische Wirkung wie intranasales Fentanyl. Unter Ketamin kam es häufiger zu leichten Nebenwirkungen. Die Autorinnen/Autoren halten intranasales Ketamin dennoch für eine vielversprechende Alternative zu Opioiden und empfehlen die Durchführung einer großen Nichtunterlegenheitsstudie.

Aus der Zeitschrift AINS 06/2018, Intranasales Ketamin wirksam bei Kindern mit frischen Frakturen, Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover

 

Reynolds SL. et al.
Randomized Controlled Feasibility Trial of Intranasal Ketamine Compared to Intranasal Fentanyl for Analgesia in Children with Suspected Extremity Fractures.

Acad Emerg Med 2017;
24: 1430 -1440
doi:10.1111/acem.13313

THIEME NEWSLETTER

  • Jetzt anmelden!

    Bleiben Sie immer up to date mit qualitätsgesicherten Fortbildungsbeiträgen, News & Neuerscheinungen, Schnäppchen, Aktion und vielem mehr.

Quelle

Anästhesiologie • Intensivmedizin • Notfallmedizin • Schmerztherapie

EUR [D] 513Inkl. gesetzl. MwSt.

Buchtipps

Schmerzmedizin - 1000 Fragen
Michael Bernateck, Matthias Karst, Rainer Sabatowski, Dieter SiebrechtSchmerzmedizin - 1000 Fragen

Für Klinik, Praxis und die Zusatzweiterbildung Spezielle Schmerztherapie

EUR [D] 41Inkl. gesetzl. MwSt.

SOPs in Anästhesiologie und Schmerztherapie
Claudia Spies, Marc Kastrup, Thoralf Kerner, Christoph Melzer-Gartzke, Hendrik ZielkeSOPs in Anästhesiologie und Schmerztherapie

Alle relevanten Standards und Techniken für die Klinik

EUR [D] 65,99Inkl. gesetzl. MwSt.

Schmerztherapie
Thomas Standl, Jochen Schulte, Rolf-Detlef Treede, Michael Schäfer, Hubert J.Schmerztherapie

Akutschmerz - Chronischer Schmerz - Palliativmedizin

EUR [D] 54,99Inkl. gesetzl. MwSt.

Cookie-Einstellungen