Innovative Studiendesigns für "Phytos"

Von Rainer Stange

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Es stellt sich die Frage nach den Zielen, die sich offenbar neben streng medizinischen Gesichtspunkten auch an der Stellung der Pflanze im Zulassungs- und im Versorgungssystem orientieren. Schon seit Längerem gibt es unter Wissenschaftlern der Phytotherapie eine Diskussion, ob die Therapieforschung hier lediglich eine Fortführung der konventionellen Pharmakotherapieforschung mit anderen Medikamenten sei, oder ob sie Eigenheiten aufweise, die z.B. spezielle Studienmodelle erfordere oder doch zumindest wünschenswert erscheinen ließe, um die gänzliche Wirkung einer Pflanze auf den Menschen wissenschaftlich korrekt zu beschreiben. Die zweite Position würde zwangsläufig auch die Erarbeitung und Prüfung innovativer Gesichtspunkte nach sich ziehen, die der Phytotherapie den Charakter einer »besonderen Therapierichtung« zuweisen würde, wenngleich in einem anderen Sinn, als von den Verfassern des heutigen Arzneimittelgesetzes (AMG, am 01.01.1978 in Kraft getreten) intendiert. Dieses hatte bekanntermaßen bereits in seiner Rohfassung 1976 diese Terminologie auf Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophische Medizin angewandt und deren Besonderheiten gewürdigt.

Hier muss unterschieden werden zwischen Kompetition zu chemisch definierten Medikamenten in umrissenen Indikationsgebieten wie Depression und Innovation in Indikationsgebieten, für die bislang keine chemisch definierten Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien Beispiele für innovative Studiendesigns genannt:

• additive Effekte zu konventionellen Therapien: Ein häufiger Kritikpunkt ist der, dass Phytotherapie im Unterschied zur gut untersuchten Situation mit chemisch definierten Pharmaka nicht »stark« genug wirkten. Dies mag in manchen Situationen zutreffen, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass diese ausreichend wirkten und nach Entschluss hierzu allein einzusetzen seien. Ein Beispiel: In einer 3-armigen doppelblinden Studie bei 45 Patienten mit »Major Depression« DSM-IV (HAM-D > 18) wurden Lavendelöltinktur plus Placebo, 100 mg/d Imipramin plus Placebo und Lavendelöltinktur plus 100 mg/d Imipramin untersucht. Es ergab sich eine deutliche Überlegenheit für die Kombination (3).

• Pleiotrope Effekte: Vielstoffgemische können mehr noch als Einzelsubstanzen gleichzeitig günstige Wirkungen auf verschiedene Organe bzw. Funktionen ausüben. Das für die Depression reichlich untersuchte und häufig eingesetzte Johanniskraut bspw. zeigt solche Eigenschaften (4). Im Tierversuch ließen sich deutliche Effekte bei Paradontitis (5, 6) nachweisen. Mit diesen Ergebnissen sind bereits angesichts der sehr gut bekannten Verträglichkeit Phase-II-Studien mit dem Primärziel Paradontitis zu rechtfertigen. Es erscheint darüber hinaus naheliegend, in künftigen Phase-III- bzw. -IV-Studien den Zahnstatus der Patienten bezüglich Paradontitis als Sekundärparameter zu berücksichtigen.

• Neue Indikationsgebiete, für die bislang keine chemisch definierten Substanzen etabliert werden konnten, z.B. Erschöpfungszustände: Erste Resultate liegen vor für Lavendelöl. Ebenfalls bieten sich Adaptogene an; ihr Spezifikum, die Antwort auf umschriebene Reize zu verbessern, findet in der konventionellen Pharmakologie bislang kein Pendant. Neben Lavendelöl liegen für Rosenwurz erste Daten zu dieser Indikation vor.

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