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„Worte wie Medizin“ bei Schmerz

Worte können Schmerzen auslösen, verstärken oder lindern. Bernard Lown sagt in seinem Buch Die verlorene Kunst des Heilens: Worte sind das mächtigste Werkzeug, über das ein Arzt verfügt. Worte können allerdings – wie ein zweischneidiges Schwert – sowohl tief verletzen als auch heilen.

Wir nehmen an, dass wenn wir einem Patienten etwas Schmerzhaftes zufügen müssen, es günstig ist, wenn wir unsere Intervention ankündigen und uns mitleidvoll äußern, wenn es eintritt. In einer Untersuchung in der Radiologie an 159 Patiente kam überraschenderweise das Gegenteil heraus: Die Warnung vor der schmerzhaften Manipulation führte zu größeren Schmerzen, und größere Angst und auch mitfühlende Äußerungen nach der schmerzhaften Manipulation erhöhten den Schmerz. Um diese Diskrepanz zu klären, wurden die Videoaufnahmen der entsprechenden Gespräche analysiert und es stellte sich heraus, dass in allen Fällen negative Worte verwendet worden waren, wie „kleiner Stich“, „Das tut jetzt ein bisschen weh.“, „sticht es?“ „War das sehr schlimm?“, „Können Sie die Schmerzen aushalten?“. Das bedeutet, dass wir unsere gute Absicht zunichte machen können, wenn wir die falschen Worte verwenden.

Placebo- und Noceboeffekte

Abb. 1 (siehe Bild oben) zeigt 3 starke Analgetika im Vergleich, ihre Effizienz der Schmerzreduktion und ihre gastrointestinalen und anderen Nebenwirkungen. Das mittlere Mittel besticht durch seine gute analgetische Wirkung und die nicht so starke Nebenwirkungsrate, es handelt sich aber um Placebo. Dies zeigt, dass wir zwar gerne die positiven Placeboeffekte mitnehmen, als Verstärkung unserer Therapie, ohne dass wir viel dafür tun müssten, wir diese aber nicht alleine bekommen. Immer sind untrennbar auch die negativen Noceboeffekte dabei. Zudem zeigt sich, dass auch die Nebenwirkungen eines echten Medikaments, wie das Oxycodon, zu einem erheblichen Anteil aus einem Noceboeffekt bestehen. Das bedeutet, dass ein Großteil der Nebenwirkungen inklusive Schmerzen, die bei Patienten auftreten, gar nicht von den Medikamenten stammt, sondern von ihrer Ankündigung und Präsentation. Das Gleiche gilt für medizinische Interventionen wie Operationen, die noch stärkere Placebo- und Noceboeffekte auslösen als Medikamente. Schmerzen sind also oft durch Worte und Erwartungshaltungen verschlimmert oder sogar begründet.

Erfahrung und Erwartungshaltung

Noceboeffekte entstehen, wie auch die Placeboeffekte, durch eine Konditionierung, d.h. eine Erfahrung und ein Lernen in der Vergangenheit, oder durch eine Erwartungshaltung, also eine Vorstellung über die Zukunft. Letztere wird durch Worte vermittelt und kann als Weitergabe von Erfahrung durch Kommunikation und Tradition aufgefasst werden. Die wiederholte Erfahrung von Schmerz bei einer Intervention wie einer Zahnbehandlung oder einer Katheteranlage kann in der Folge schon zu Schmerzen führen, bevor die erneute Intervention eigentlich begonnen hat oder wenn ein begleitendes Signal, wie ein Geruch oder ein Geräusch, allein auftritt. Schon die Ankündigung und damit die Erwartung, dass Schmerzen ausgelöst werden könnten, reichen aus, dass sie wirklich auftreten.

Den gesamten Beitrag „Worte wie Medizin“ bei Schmerz können Sie hier lesen.

Quelle: Zeitschrift für Komplementärmedizin 02/2014

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