EMG und periphere Neurologie in Frage und Antwort
EUR [D] 107,99Inkl. gesetzl. MwSt.
Eine Stent-Behandlung bei Vertebralisstenosen ist nicht ohne Risiken. Dies zeigt eine im Juni in der Fachzeitschrift Lancet Neurology veröffentlichte Studie: Bei 3 der insgesamt etwa 50 mit einem Stent versorgten Patienten kam es innerhalb von 30 Tagen zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer tödlichen Gefäßerkrankung. Die Forscher hatten Patienten mit einem leichten Schlaganfall oder der Vorstufe TIA (Transitorische ischämische Attacke) untersucht.
Die Beschwerden gingen bei allen Patienten auf eine Verengung in einer Wirbelarterie zurück. „Ein gewisses Risiko durch die Katheterbehandlung war bekannt“, sagt Prof. J. Röther, Hamburg. „Dieses Risiko sollte jedoch durch einen späteren Schutz vor weiteren Schlaganfällen wieder wettgemacht werden.“ Doch hierfür liefert die Studie keine Anzeichen. In den ersten 3 Jahren nach der Stent-Behandlung erlitten 7 Patienten (12 %) erneut einen Schlaganfall.
Zweifel an dem Nutzen der Behandlung kamen bereits vor 4 Jahren auf, als es in einer amerikanischen Studie (SAMMPRIS) nach Stenting zu vermehrten Schlaganfällen kam. „In SAMMPRIS war die Behandlung nicht auf die Beseitigung von Stenosen in der Arteria vertebralis beschränkt. Die meisten Stents wurden in intrakraniellen Ästen der Halsschlagader platziert“, erläutert Prof. H.-C. Diener, Essen. Außerdem sei ein aus heutiger Sicht veralteter Stent verwendet worden. Die aktuelle Studie VAST musste vorzeitig abgebrochen werden, als es zu einem Todesfall nach Stenting kam. Hierdurch könne die Frage nach einem Nutzen der Therapie nicht abschließend geklärt werden, so Diener. „Eine Katheterbehandlung ist nur bei Patienten mit einem hohen Schlaganfallrisiko sinnvoll, bei hochgradigen Stenosen und insbesondere wenn die andere Arteria vertebralis auch betroffen ist“, erläutert Prof. C. Groden, Mannheim. Eine Behandlung solle dann erwogen werde, wenn der Stenosegrad über 70 % liege. In der Studie war aber nur eine 50 %ige Stenose gefordert. Außerdem haben intrakranielle Stenosen beim Stenting ein erhöhtes Komplikationsrisiko. Diese wurden aber in die Studie auch mit eingeschlossen. Die Hälfte der Patienten hatte nur eine TIA erlitten. Zudem wurden nur 28 % der Patienten innerhalb von 14 Tagen nach einem zerebrovaskulären Ereignis mit Stents behandelt. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DGS), die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) fordern daher weitere Studien, um die zahlreichen noch offenen Fragen zu klären.
Nach einer Mitteilung der DGN, Berlin
Aus der Zeitschrift Fortschritte der Neurologie Psychiatrie; 8/2015 Schlaganfall – Vertebralisstenose: Stent vs. Medikation