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Protokoll systemische Fallbesprechung
In diesem Fall geht es um eine fremdaggressive Patientin, die um Aufmerksamkeit ringt und keine Krankheitseinsicht zeigt. Lesen Sie, wie das Pflegeteam es schafft, mithilfe der systemischen Fallbesprechung neue Perspektiven für den Umgang mit der Patientin zu entwickeln.
Im Rahmen der Psychiatrischen Fachweiterbildung an der Unimedizin Mainz erlernen wir, eine systemische Fallbesprechung (Info) zu leiten, um diese später bei Problemen zur Lösungssuche in der Praxis anwenden zu können. Nicht nur wir im Kurs profitieren durch den noch sehr ungewohnten Perspektivenwechsel. Auch der Patientin kommt es zugute, dass wir uns selber kritisch reflektieren und dadurch der Pflegeprozess nachhaltig verbessert werden kann.
Falldarstellung Frau L.
Die Falleinbringerin berichtet über die 32-jährige Patientin Frau L., die in den letzten drei Jahren bereits sechs Mal stationär aufgenommen wurde. Durch ständige, körperlich aggressive Übergriffe in der Öffentlichkeit ist sie derzeit für sechs Monate untergebracht. Seit zirka zwei Monaten ist sie nun stationär.
Frau L. ist derzeit ohne festen Wohnsitz. Ihre Wohnung wurde gekündigt. Eine betreute Wohneinrichtung wird derzeit durch den gesetzlichen Betreuer gesucht.
Pflegeproblem: Häufiges fremdaggressives Verhalten gegen Mitpatienten und/oder Pflegepersonal.
Medizinische Diagnose: F20.0 Paranoide Schizophrenie
Problemschilderung: Frau L. zeigt im stationären Rahmen ein eingebundenes Bild mit infantilem Verhalten. Es kommt immer wieder zu Provokationen oder tätlichen Übergriffen gegenüber Mitpatienten oder Pflegepersonal, worauf die Patientin zeitweise fixiert werden muss.
Sie zeigt während ihres gesamten stationären Aufenthalts bezüglich ihrer medizinischen Diagnose keinerlei Krankheitseinsicht und sagt, sie habe weder akustische noch optische Halluzinationen.
Sie selbst verwendet die Diagnose als Entschuldigung nach einem aggressiven Übergriff und gibt an, sie sei in dem Moment der Aggression psychotisch gewesen. Damit wirkt sie für das Team unglaubwürdig.
Zeitweise nehmen die Provokationen je nach Zusammensetzung der Mitpatienten zu oder ab.
Frau L. wird derzeit lediglich mediziert, im Umgang mit ihr sieht sich das Pflegeteam ratlos.
Problemüberschrift (aus Patientensicht): Wieso werde ich ständig übergriffig?
Verlauf der systemischen Fallbesprechung
Die Falleinbringerin doppelt eine ausgewählte Person in die Rolle der Patientin ein, indem sie ihre Hände auf die Schultern der Eingedoppelten legt und nun aus der Sicht von Frau L. spricht. Der Moderator hat die Möglichkeit, Fragen zu stellen, um die Person besser verstehen zu können.
Die systemische Fallbesprechung |
Fordernde und schwierige Pflegeprobleme treten im Umgang mit Patienten immer wieder auf. Um diese zu reflektieren und zu lernen, damit umzugehen, haben Lehrende und Lernende im Weiterbildungslehrgang Psychiatrische Pflege an der Universitätsmedizin Mainz die systemische Fallbesprechung ins Leben gerufen.
Damit gelingt es, die Probleme aus der Perspektive der Betroffenen zu erleben und Lösungen oder Wege zu finden, die aus der Vorstellung von Patient und Pflege bisher nicht möglich schienen. Dabei ist es zunächst wichtig, sich in die Welt des Anderen so einzufühlen, dass wir verstehen können, was ihn so leben lässt, wie er lebt. Das ist der Ausgangspunkt, um aus einer geänderten Perspektive Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Der Blick bezieht die Familie, die Behandler und die Lebensumwelt ein. Durch das Eindoppeln als Technik des pädagogischen Rollenspiels (wir versetzen einen Kollegen in die Rolle unseres Patienten oder eines anderen Kollegen) werden die Gefühle durch Übertragung wach und können veräußert werden. Der pädagogisch-pflegerische Blick öffnet sich durch die Handlungsorientierung. Aus den Blickwinkeln und dem Fachwissen sowie dem emotionalen Verständnis können wir psychiatrisch-pflegerisches Vorgehen für die Zukunft ableiten. Es verbinden sich pädagogische und die Resilienz stärkende Ideen, um Optionen für schwierige Bedingungen zu bekommen. Der Stundenablauf wird wie folgt durchgeführt: Informationen sammeln: Der Falleingeber berichtet über das Pflegeproblem oder die Pflegediagnose und stellt den Patienten biografisch mit Pflegeanamnese kurz vor. Er bestimmt eine Problemüberschrift. Durchführungspraxis: Der Falleingeber stellt den Patienten aus der Sicht des Patienten vor. Ein Kollege im Fallteam wird in den Patienten eingedoppelt, das heißt, er übernimmt die Rolle des Patienten. Es gibt Rückmeldungen vom eingedoppelten Kollegen sowie aus dem Fallteam aus allen möglichen Perspektiven, die benannt wurden, zum Beispiel Falleingeber, Patient, Freunde, Familie, Team. Die Gruppe macht Angebote zu möglichen Vorgehensweisen. Der Falleingeber wählt aus den Rückmeldungen diejenigen aus, die für eine weitere Begleitung des Patienten interessant sind. Der Falleingeber gibt im nächsten Seminar eine kurze Rückmeldung, wie die neue Intervention wirkt. |
Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Protokoll systemische Fallbesprechung: Wieso werde ich ständig übergriffig?
Aus der Zeitschrift PPH 02/2018

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