Sternstunden
Eine Reise innerhalb einer Woche zu organisieren ist eine Kunst. Der ASB hat dafür einfach nicht mehr Zeit. Er erfüllt terminal kranken Menschen letzte Wünsche.
„In Harlesiel habe ich vergangenen Sommer die erste Zigarette meines Lebens geschnorrt“, lächelt die (überzeugte) Nichtraucherin Ines Jungmann. Sie ist Bewegungspädagogin, medizinische Fachangestellte und arbeitet beim Arbeitersamariterbund (ASB) bei dem Projekt Wünschewagen. An der Nordsee war sie mit einer Familie. Der 42-jährige Vater hatte einen Hirntumor im Endstadium. Er wollte vor seinem Tod so gern noch einmal ans Meer, denn er war früher zur See gefahren. Als er dort am Strand war, hatte er plötzlich Lust auf eine Zigarette. Das Projekt Wünschewagen erfüllt sterbenskranken Menschen letzte Lebenswünsche.
Mit Gummistiefel und Fangnetz
Der Mann war mit dem Wünschewagen an die Küste gefahren. „Er hat die ganze Hin- und Rückfahrt geschlafen, er war bereits sehr erschöpft“, erinnert sich Jungmann, „aber als wir am Wasser waren, seine Frau und seine beiden schulpflichtigen Kinder dort ebenfalls eintrafen, wurde er richtig lebhaft.“ Einen ganzen Tag verbrachte die Familie zusammen mit dem Team vom ASB hoch im Norden, „so richtig typisch in Gummistiefeln und mit Casher“. Eine Woche nach der Reise starb der junge Mann. „Wir erleben es oft, dass Sterbende für diesen Tag alle Reserven mobilisieren“, sagt Jungmann, „danach schaffen sie es zu gehen.“
Am Strand
Weltweit haben sich Initiativen gegründet, die Menschen am Lebensende einen Wunsch erfüllen. An einem Strand in Israel entstand die Idee für das Projekt des ASB. Dort stand ein Wagen, der aussah wie ein Krankentransporter, aber so richtig keiner zu sein schien. Das machte seinerzeit den stellvertretenden Vorsitzenden Ralph Steiner des ASB RV Ruhr e.V. neugierig. Er ging hin und fragte. Der umgebaute KTW gehörte zu einer Wish Ambulance (Wünsche-Ambulanz) in Israel. Steiner begann damit, diese Idee im ASB umzusetzen. Den Wünschewagen gibt es nun seit 2014. Die ersten beiden Jahre hat der Verband das Projekt vorfinanziert, nun soll es sich selbst tragen, zum Beispiel über Mitgliedsbeiträge oder Spenden. „Wir begleiten Menschen aus ganz NRW an ihre Wunschziele in Deutschland und das benachbarte Ausland“, erzählt Amelie Hecker, Sozialwissenschaftlerin beim ASB. Außerdem sei der ASB dabei, das Projekt Wünschewagen in weiteren Bundesländern zu etablieren. „2015 waren wir etwa 60 Mal unterwegs“, berichtet Hecker. Sie wünscht sich, noch häufiger fahren zu können.
Lesen Sie gesamten Beitrag Sternstunden aus der Zeitschrift CNE.magazin 3/2016