• Ist die Beweglichkeit der HWS bei Patienten mit chronischem Nackenschmerz eingeschränkt? - Physiotherapie - Thieme Verlag

     

Beweglichkeit bei chronischem Nackenschmerz?

Die Behandlung chronischer Schmerzen unterscheidet sich grundsätzlich von der akuter Schmerzzustände der Wirbelsäule. Ebenso wie im Krankheitsverlauf die Phänomene der zentralen Sensibilisierung gegenüber denen des peripheren nozizeptiven Schmerzes die Oberhand gewinnen, werden aktive Maßnahmen, Training und verhaltenstherapeutische Elemente zunehmend wichtiger.

Um die betroffenen Patienten wirksam behandeln zu können, ist es daher bedeutsam, den Übergang von akuten und subakuten zu chronischen Schmerzen sicher zu erkennen. Indizien für diesen Übergang stellen vor allem psychosoziale Variablen dar, die sich den behandelnden Physiotherapeuten aufgrund ihrer Spezialisierung auf somatische Zeichen jedoch nicht zwingend offenbaren.

Schmerzen führen in der Regel dazu, dass die betroffenen Personen ihr physiologisches Bewegungsausmaß nicht mehr in vollem Umfang nutzen können. Hier spielen zunächst die Mechanismen der schmerzreflektorischen Hemmung eine Rolle. Persistieren die Beschwerden, so entwickeln sich strukturelle Hypomobilitäten. Auf der Basis dieser Grundannahmen wird das Vorhandensein einer Bewegungseinschränkung als Ausdruck von Schmerzen gedeutet. Umgekehrt gelten Bewegungseinschränkungen als Nachweis für das Vorhandensein von Schmerzen. Die Beweglichkeitsprüfung gehört daher bei Erkrankungen des Bewegungsapparates zum Standardrepertoire des funktionsorientierten Assessments. So empfiehlt auch die zurzeit in Überarbeitung befindliche Leitlinie „Nackenschmerz“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin die Beweglichkeitsprüfung.

Viele klinische Studien stellten Bewegungseinschränkungen bei akutem Nackenschmerz fest. Das Bewegungsausmaß gesunder Probanden unterschied sich signifikant vom Bewegungsausmaß von Patienten mit Nackenschmerzen. Klinische Studien erbrachten die entsprechenden Nachweise durch den statischen Vergleich der Mittelwerte zweier Stichproben. In der klinischen Praxis ist die Beurteilung des Bewegungsausmaßes jedoch in jedem Fall isoliert vorzunehmen. Daher werden die jeweils am Patienten erhobenen Messwerte mit Normwerten verglichen. Hier bieten die von Ryf und Weymann für die Neutral-Null-Methode veröffentlichten Normwerte einen ersten Anhaltspunkt für die Feststellung einer Bewegungseinschränkung oder Überbeweglichkeit.

Die einschlägige Literatur zeigt jedoch, dass das physiologische Bewegungsausmaß vom Alter und Geschlecht der untersuchten Personen abhängt. Deshalb sind der klinischen Beurteilung alters- und geschlechtsspezifische Normwerte zugrunde zu legen. In gleicher Weise gilt es auch, Behandlungseffekte anhand derartiger Normwerte zu bewerten. Dabei ist zu berücksichtigen, mit welchem Messinstrument die Daten erhoben werden, da hier ebenfalls systembedingte Unterschiede zwischen den absoluten Werten entstehen können.

Als Indikator für das Vorhandensein akuter (und subakuter) Schmerzzustände an der HWS ist das Kriterium „Bewegungseinschränkung“ nachweislich geeignet. Bei persistierenden Beschwerden treten jedoch die objektiven Krankheitszeichen in den Hintergrund. Das Bewegungsausmaß korreliert dann nicht mehr mit dem Schmerz und der Funktionsfähigkeit der HWS. In dieser Phase gewinnen psychosoziale Faktoren zunehmend an Bedeutung. Insbesondere in Fällen, bei denen die geäußerten Beschwerden chronischer Patienten angezweifelt werden, sucht man nach objektiven Kriterien für das Vorhandensein des Schmerzes. Gleiches gilt auch für die Indikationsstellung für die infrage kommenden physiotherapeutischen Maßnahmen.

Im Rahmen einer großen explorativen Studie wurden daher objektive physikalische Parameter gesucht, die auch im Stadium der Chronifizierung den Schmerz sichtbar machen können. Hierzu erfolgte eine systematische Analyse zahlreicher Parameter. Die vorliegende Arbeit stützt sich auf diesen Datenpool, geht aber ausschließlich der Frage nach, ob Patienten mit chronischem Nackenschmerz noch eine eingeschränkte Beweglichkeit aufweisen (oder ob sich die Beweglichkeit in diesem Stadium wieder normalisiert hat).

 

Lesen Sie hier den ganzen Artikel: Ist die Beweglichkeit der HWS bei Patienten mit chronischem Nackenschmerz eingeschränkt?

Aus der Zeitschrift physioscience 03/2017

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