• Diagnostik und Therapie von schmerzhaften Myoarthropathien

     

Diagnostik und Therapie von schmerzhaften Myoarthropathien

Myalgien der Kaumuskulatur sind die am häufigsten beklagten nicht-infektiösen Beschwerden in der orofazialen Region. Zusammen mit den Arthralgien werden sie unter dem Begriff „Myoarthropathien“ (MAP) zusammengefasst. Etwa 75 Prozent der Patienten mit schmerzhafter MAP leiden unter Muskelschmerzen. Frauen sind − bevorzugt in der vierten Lebensdekade – wesentlich häufiger betroffen (bis zu viermal) als Männer.

Im Gegensatz zur Arthralgie sind Muskelschmerzen eher schlecht lokalisierbar und zeichnen sich durch einen dumpf-drückenden oder ziehenden Charakter aus. Die Schmerzen bei MAP sind in der Regel von geringer bis mittlerer Intensität und werden bei aktiven und passiven Muskelbelastungen und bei Unterkieferbewegungen (zum Beispiel beim Kauen) verstärkt wahrgenommen. Schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen und Schonhaltungen des Unterkiefers werden beobachtet. Nicht selten wird der Muskelschmerz in andere Bereiche übertragen und dort vom Patienten wahrgenommen (Zähne, Zahngruppen, Kiefergelenke, Mittelohr, Schläfe, Auge). Hier stimmt die Schmerzlokalisation nicht mit der Schmerzquelle überein, und eine Abgrenzung zu anderen Schmerzbildern kann schwierig werden. Die schmerzhaften MAPs sind überwiegend gut behandelbar und oft episodischer Natur. Zu einem nicht unwesentlich Anteil bleiben sie jedoch trotz therapeutischer Interventionen über lange Zeit bestehen. In diesen Fällen sind oft gleichzeitig auch in anderen Körperbereichen Schmerzen vorhanden. Über einen längeren Zeitraum anhaltende Beschwerden können bei den Betroffenen zu erheblichen psychosozialen Belastungen und Reaktionen führen. In Einrichtungen der zweiten und dritten Versorgungsstufe zählen
etwa 30 Prozent und mehr der Patienten zu dieser Kategorie; in der zahnärztlichen Praxis beträgt dieser Anteil jedoch nur etwa 10 Prozent. 

Ätiologie

Als übergreifende pathophysiologische Erklärungsmodelle dienen im Wesentlichen die Mikroläsion, die beteiligte Gewebszellen zur Freisetzung von algetischen Substanzen wie zum Beispiel nozizeptiven Neuropeptiden und Zytokinen stimulieren und so Erregung und Sensibilisierung von Nozizeptoren auslösen. Moderne Konzepte unterscheiden als Determinanten solcher Läsionen

  • prädisponierende (zum Beispiel strukturelle, systemische, genetische),
  •  initiierende (zum Beispiel Mikro-, Makrotraumen, Überlastungen)
  • und
  • perpetuierende (zum Beispiel stereotype motorische Aktivitäten,
  • psychosoziale Belastungen) Risikofaktoren.
Dieses multifaktorielle Konzept impliziert zwangsläufig, dass ein einzelner Einflussfaktor in der Regel nicht in der Lage dazu ist, myoarthropathische Schmerzen zu verursachen. Insbesondere Hormone, wie Östrogen und Nervenwachstumsfaktor (Nerve Growth Factor, NGF) scheinen eine wichtige Rolle bei der Genese schmerzhafter MAP zu spielen. Dieser Sachverhalt bietet eine plausible Erklärung für die Beobachtung, dass Frauen deutlich häufiger von Schmerzen im Bereich des Kausystems betroffen sind als Männer.

Chronifizierung

Bei einer Reihe von Patienten mit MAP ist kein zeitlich begrenzter akuter oder akut persistierender Schmerzverlauf zu finden. Stattdessen wird der Schmerz zum chronischen Schmerz und hält über viele Monate, bisweilen Jahre an. Zur Schmerzchronifizierung – das heißt der Entwicklung akuter oder akut persistierender zu chronischen Schmerzen – tragen periphere und zentrale neuroplastische Veränderungen bei. Lang anhaltende nozizeptive Impulszuflüsse aus der Peripherie führen nach aktueller Vorstellung insbesondere im zentralen Nervensystem zu einer Reihe langfristiger Funktionsänderungen und Sensibilisierungen (funktioneller respektive struktureller Plastizität). Diese Vorgänge spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der sog. Allodynie, die bei chronischen Schmerzen auch ohne wesentliche nozizeptive Information aus der Peripherie aufrechterhalten werden kann.

Diagnostik

Neben dem ärztlichen Gespräch ist der Einsatz valider Diagnoseund Klassifikationsschemata unerlässlich. Die Diagnostic Criteria for Temporomandibular Disorders (DC/TMD) – ein zweiachsiges (somatische Achse-I; psychometrische Achse-II) System hat in diesem Kontext weltweit Anerkennung gefunden. 

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Quelle

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