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    Gehtraining. Monica hat sich als Kind am offenen Feuer ihren Fuß verbrannt.

     

Die Nachbarn schauen zu

Vor einem Jahr entfloh Alexandra Hummel ihrem Berufsalltag und organisierte sich eine Arbeitsstelle in einer Klinik in Nepal. Zuerst musste sie sich daran gewöhnen, dass es bei den Therapien keine geschlossenen Behandlungskabinen gab.

Es ist kurz nach 9 Uhr, und es sind bereits weit über 35 Grad Celsius. Ich sitze auf einem Hocker vor zwei kleinen Lehmhütten und trinke Tee. Nicht nur die Hitze und der Tee, auch die Tatsache, dass ich für einen Hausbesuch gekommen bin, lassen mich schwitzen. Mein nächster Patient erwartet mich in 30 Minuten in der Klinik. Ich atme kurz durch und versuche, mein deutsches „20-Minuten-Takt-Therapieschema“ abzulegen. Denn dies ist ja einer der Gründe, warum ich nach Nepal gekommen bin. Ich wollte raus aus dem vorhersehbaren, streng getakteten Berufsalltag, hinein in eine Welt, in der Warten nicht als störend empfunden wird und in der immer Zeit ist für einen Tee. Ich sitze neben dem selbst gebauten Gehbarren aus Bambus im Vorgarten meiner Patientin und schaue einer Henne zu, die zusammen mit ihren Küken einen Wurm frühstückt. Als ich ausgetrunken habe, ist auch meine Patientin fertig mit der Küchenarbeit. Monica ist genau wie ich 25 Jahre alt. Sie ist seit zwei Jahren verheiratet und hat eine kleine Tochter. Im Alter von sechs Monaten verbrannte Monicas linker Fuß am offenen Feuer einer Kochstelle. Eine Prothese soll nun ihre Beinlängendifferenz ausgleichen und ihr das Gehen ohne Stützen ermöglichen. Das Ziel der Behandlung ist, die Beinmuskulatur aufzubauen, die Kniestreckung zu erarbeiten und den Beinstumpf druckunempfindlicher zu machen (Abb.).

Ein Stipendium macht es möglich Im Herbst 2013 beschloss ich, als Physiotherapeutin in Nepal zu arbeiten. Eine Freundin empfahl mir die Clinic Nepal im Süden des Landes (www.clinicnepal.de). Sie war hier als Krankenschwester tätig. Vor mir war noch keine Physiotherapeutin in dieser Einrichtung. Der Leiter der Klinik, Hari Bhandari, lud mich ein, drei Monate in der Klinik zu arbeiten. Da viele Kosten für Flug, Visum, Impfungen und Lebenshaltung anfielen, suchte ich nach einer Finanzierung und entdeckte das Hermann-Strenger- Stipendium der Bayer-Stiftung („Hermann - Strenger-Stipendium“). Seit 2010 ermöglicht die Stiftung jungen Menschen aus Ausbildungsberufen, zum Beispiel dem Gesundheitswesen, berufliche Erfahrungen im Ausland zu sammeln.

Lesen Sie den gesamten Artikel „Die Nachbarn schauen zu“ aus der physiopraxis 1/2015 hier.

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