EUR [D] 49,95Inkl. gesetzl. MwSt.
Klettern - ein Interview mit Martin Schlageter
Wandathleten: In Deutschland gibt es inzwischen knapp eine halbe Million aktive Kletterer, Tendenz steigend. Grund genug, sich bei Martin Schlageter, Physiotherapeut der Deutschen Kletter-Nationalmannschaft, über diesen Sport zu informieren. Einen Auszug aus dem Interview erhalten Sie hier:
Martin, unterscheiden sich die Sportler je nachdem, ob sie eher bouldern oder seilklettern?
Ja, sie sind wie Marathonläufer oder Sprinter. Beim Lead-Klettern sind die Belastungen verhältnismäßig lang, in der Halle klettern die Sportler bis zu 20 Meter hoch, in der Natur noch höher. Entsprechend müssen die Profis sechs bis acht Stunden am Tag trainieren, um ihr Niveau halten zu können, und zudem extrem auf ihre Ernährung achten.
Boulderer dagegen sind nach zwei bis drei Stunden Training platt. Denn ihre Routen, die sogenannten „Boulder“, gehen nur bis etwa vier Meter Höhe, erfordern aber in der Regel deutlich mehr Kraft und häufig hohe akrobatische Leistungen, besonders in den speziell dafür geschraubten Routen in der Halle. Teilweise müssen sie zu Griffen sogar hinspringen. Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad wird Bouldern zu einer Kletterform, die es draußen in der Natur eigentlich gar nicht gibt.
Ist Klettern gefährlich?
Klettern ist eine der sichersten Sportarten überhaupt, schwere Verletzungen gibt es sehr selten. Insgesamt habe ich in den 16 Jahren Wettkampfbetreuung zwei offene Frakturen, eine luxierte Schulter, einen luxierten Ellenbogen und ein paar wenige Kreuzbandrisse erlebt. Beim Fußball passiert das alles ja quasi innerhalb einer einzigen Saison. Zu schweren Verletzungen kommt es meist, wenn Boulderer unkontrolliert in die Matten fallen oder schief auf der Matte landen. In diesem Fall muss das obere Sprunggelenk alles abfangen, weil die Kletterschuhe extrem eng und zudem ungedämpft sind. Hier gibt es die ganze Palette: von Bandabrissen bis hin zu Trümmerfrakturen.
Viele Kletterer trainieren ja auf der Slackline. Warum eigentlich?
Es ist umstritten, wie nah sich Klettern und Slacklining stehen. Einerseits muss man sich beim Klettern auf einem fixen Punkt ausbalancieren. Das ist etwas ganz anderes als sich auf einer Slackline dynamisch auszubalancieren. Andererseits trainiere ich beim Slacklining die Rumpfspannung, was dem Kletterer sicherlich zugute kommt. Und: Slacklining ist im Gegensatz zum Klettern recht dynamisch. Das aktiviert das System mal in einer ganz anderen Weise. Ich nehme Slackline-Übungen außerdem gerne, um Verletzungen vergessen zu machen, auch bei anderen Sportlern wie Handballern. Bei diesen Spielereien können sie nicht mehr auf ihre Verletzungen aufpassen und löschen sie ein stückweit aus dem Programm. Bei einem Kreuzbandverletzten zum Beispiel, der in der Reha schon weit ist, lasse ich auch mal zu, dass er von der Slackline herunterfällt. Wenn er dann merkt, dass dabei nichts mit seinem Kreuzband passiert, gibt ihm das enorme Zuversicht.
Worüber freust du dich bei Wettkämpfen am meisten?
Wenn sich die Sportler dankbar zeigen, sagen "War schön, dass du dir die Zeit für mich genommen hast." Mit solchen Kleinigkeiten und Herzlichkeiten steht und fällt für mich die Zusammenarbeit mit dem Team. Du bist derjenige, der im Hintergrund arbeitet, in der Dunkelkammer, der mit den Nachtschichten. Das kostet wahnsinnig viel Energie. Die bekommst du nur zurück, wenn die Sportler ein wenig dankbar sind. Ich hatte natürlich auch schon mal diese Ausnutzer, diese Motzer, bei denen du schuld bist, wenn der Wettkampf schlecht läuft. Das macht es einem schwer. Doch es ist auch eine interessante Erfahrung, sich für solche Leute zu motivieren. Machen wir uns nichts vor: Es macht natürlich Spaß, eine bildhübsche, nette Profisportlerin zu behandeln. Die heilt ja fast von alleine. Doch die Kunst ist, auch diejenigen Patienten hinzubekommen, die nicht so einfach sind.
Das komplette Interview mit Martin Schlageter gibt es in der aktuellen physiopraxis 2/2014. Wer jetzt ein Probeabo abschließt, erhält diese und eine weitere Ausgabe kostenlos zum Probelesen.