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Für Sie analysiert – S2k-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz

Kurz nach Veröffentlichung der überarbeiteten Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Nicht-spezifischer Kreuzschmerz erschien im Januar 2018 die Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz. Stephanie Moers, die die Leitlinie für physiopraxis analysiert hat, ist überrascht, welche Syndrome die Leitlinie zum spezifischen Kreuzschmerz zählt und dass Physiotherapie in dieser Version nur eine marginale Rolle spielt.

Nachdem Ende 2017 die überarbeitete Auflage der NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz erschien, gibt es seit Januar 2018 ergänzend dazu die neue Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz. Verantwortlich ist die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC). Sie hat die Leitlinie zusammen mit 13 medizinischen Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Patientenvertretern herausgegeben. Einsehbar ist die Leitlinie unter: www.awmf.org/leitlinien.

Die Leitlinie basiert auf einem Konsens aller beteiligten Fachgesellschaften und Verbände. Nicht dabei: Vertreter der Physiotherapie.

Laut Herausgebern können Mediziner die Leitlinie dann heranziehen, wenn der Verdacht auf einen spezifischen Kreuzschmerz besteht und wenn die leitliniengerechte Therapie nach NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz nicht zielführend ist. Die neu erschienene Leitlinie definiert Begriffe, Diagnose und Therapie einzelner Krankheitsbilder. Sie basiert auf einem Konsens der Beteiligten und ist daher als S2k-Leitlinie einzustufen. Die NVL Nicht-spezifischer Kreuzschmerz hingegen basiert auf einer systematischen Literaturrecherche und einer formalen Konsensfindung und ist deshalb eine S3-Leitlinie.

Um den spezifischen Kreuzschmerz zu diagnostizieren, ist laut der neuen Leitlinie eine ausführliche Schmerzanalyse notwendig, die ein Gespräch, eine klinisch-orthopädische, klinisch-neurologische, schmerzpalpatorische und funktionspalpatorische Untersuchung, eine Laboruntersuchung und Bildgebung umfasst. Ärzte sollen außerdem eine psychische Komorbidität bei der Diagnostik und Therapie spezifischer Kreuzschmerzen berücksichtigen, besonders bevor sie operativ Maßnahmen ergreifen.

Die Leitlinie unterscheidet morphologische, funktionelle und psychosoziale Entitäten. Unter den morphologischen Betrachtungsgegenständen listet die Leitlinie neun Pathologien auf:

  • Lumbales Facettensyndrom
  • Diskogenes Lumbalsyndrom bis Osteochondrosis vertebralis
  • Axiale Spondylarthritis
  • Morbus Baastrup
  • Spinalkanalstenose
  • Spondylolyse und Spondylolisthese
  • Bandscheibenvorfall
  • Osteoporotische Wirbelkörperfraktur
  • Pathologische Prozesse in den Sakroiliakalgelenken
Zu den funktionellen Entitäten als spezifische Ursache zählt die Leitlinie:
  • Myofasziale Dysfunktion
  • Hypomobile segmentale Dysfunktion der LWS (Blockierung)

Im Kapitel psychosoziale Entitäten verweist die Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz auf andere Leitlinienentwürfe (Umgang mit Patienten mit nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden und Fibromyalgiesyndrom).

Spezifisch oder nicht-spezifisch?

Es ist erstaunlich, wie viele Syndrome und Dysfunktionen die Leitlinie zum spezifischen Kreuzschmerz zählt. Es kommt wohl auf die Definition des nicht-spezifischen oder spezifischen Kreuzschmerzes an, welche Syndrome man welcher Gruppe zuordnet.

Laut Prof. Dr. Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie der m&i-Fachklinik Herzogenaurach, der die Leitlinie mit erstellt hat, liege dem spezifischen Kreuzschmerz eine pathologisch veränderte Struktur zugrunde, woraus sich therapeutische Konsequenzen ergäben. Wenn aber eine diagnostizierbare, pathologisch veränderte Struktur, die mit den klinischen Symptomen korreliert, Ursache eines spezifischen Kreuzschmerzes ist, dann erschließt sich nicht, warum die neu erschienene Leitlinie funktionelle Entitäten wie ein myofasziales Schmerzsyndrom oder eine hypomobile segmentale Dysfunktion zum spezifischen Kreuzschmerz zählt.

Bildgebung

Für die Diagnose spezifischer Kreuzschmerz ist in der Regel eine Bildgebung notwendig.

Pathologisch veränderte Strukturen können zudem völlig symptomlos bleiben. Die Prävalenz einer in der Bildgebung sichtbaren Facettendegeneration bei asymptomatischen Patienten zwischen 50 und 60 Jahren liegt laut eines Reviews von Waleed Brinjikji und seinem Team zum Beispiel bei 32 Prozent, die einer Diskusdegeneration sogar bei 80 Prozent. Es könnte daher sein, dass die klinischen Symptome eines Patienten nicht von den auf dem MRT-Bild sichtbaren pathologisch veränderten Strukturen herrühren.

Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Für Sie analysiert – S2k-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz

Aus der Zeitschrift: physiopraxis 11-12/2018

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