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Therapiefaktor Myokine – Des Muskels Botenstoff

Myokine sind Botenstoffe, die der Körper vermehrt bei intensiver Muskelbeanspruchung ausschüttet. Sie stoppen beispielsweise Entzündungen und regulieren die Immunabwehr. Seit 2007 werden immer mehr Details bekannt, wie Muskelarbeit konkret den Fett- und Zuckerstoffwechsel beeinflusst.

Bewegungsmangel gilt als ein wichtiger Auslöser für diverse, oft chronische Erkrankungen. Als ein daraus resultierendes Problem diskutieren Wissenschaftler die Ansammlung von viszeralem Fett. Denn dieses steht im Verdacht, im Körper entzündliche Reaktionen hervorzurufen oder zumindest zu unterstützen. Die Fetteinlagerungen bilden einen Herd für systemische Entzündungen, der auf niedrigem Niveau lodert. Die Folge: ein ständig existenter Nährboden für Erkrankungen. Genau an dieser Stelle greift der Wirkmechanismus von Myokinen.

Spezielle Interleukine
Myokine sind hormonähnliche, körpereigene Stoffe, die der Muskel bei erhöhter Muskelaktivität direkt ausschüttet. Sie gehören biochemisch gesehen zur Gruppe der Interleukine, welche wiederum den Peptidhormonen zuzuordnen sind. Den Begriff prägte die dänische Professorin Bente Klarlund Petersen vom Rigshospitalet an der Universität Kopenhagen im Jahr 2007. Myokine gelten als Botenstoffe mit unterschiedlichstem positivem Einfluss auf den gesamten Organismus. Dass es eine Verbindung zwischen Effekten im Körper und der Muskelaktivität gibt, ist schon lange bekannt. Den Kommunikationsweg kannte man allerdings nicht. Myokine werden vermehrt bei intensiver Beanspruchung der Muskulatur ausgeschüttet – insbesondere während eines Krafttrainings. Aber auch jegliche andere Bewegung trägt zu diesem Prozess bei.

Diese neu entdeckte Stellung der Muskulatur als Sekretionsorgan erscheint daher als so wichtig, da die Skelettmuskulatur das größte Organ des menschlichen Körpers ist. Mit der Entdeckung der Myokine sowie deren basalen Kommunikationswegen zwischen Muskulatur und anderen Organen, in denen weitere endokrine Effekte angestoßen werden, konnten Wissenschaftler weitere Details des lange gesuchten Zusammenhangs zwischen diversen (chronischen) Erkrankungen und dem Bewegungsmangel klären. So haben sie beispielsweise Myokine identifiziert, die eine wichtige Rolle in einer Wirkkaskade spielen, welche sich auf das Immunsystem des Menschen auswirkt.

Myokine unterstützen den Fettabbau und hemmen Entzündungen.

Komplexer positiver Einfluss
Die Zahl der identifizierten Myokine hat seit ihrer ersten Entdeckung stetig zugenommen. Heute sind bereits einige Dutzend Stoffe bekannt, die durch die Aktivierung von Muskelzellen bei Bewegung ausgeschüttet werden. Zu den bisher gut erforschten Myokinen gehören die Interleukine IL-6, IL-8 und IL-15.

IL-6 aktiviert beispielsweise das Enzym AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) in der Muskelzelle, welches kurzfristig Engpässe in der Energiebereitstellung während Aktivitäten überbrücken soll. Bei erhöhter Muskelaktivität steigt im Plasma die Konzentration von IL-6 auf das bis zu hundertfache Niveau an. Besonders stark ist die Aktivierung bei konzentrischen Kontraktionen. Die Konzentration steigt dabei nahezu exponentiell mit der Übungsdauer an. Zudem vermuten Forscher, dass IL-6 funktionell in den Stoffwechsel eingreift. Eine Beteiligung an der Insulin-induzierten Glukoseaufnahme konnte bereits in In-vitro-Experimenten gezeigt werden. Des Weiteren gibt es nachweisliche Auswirkungen auf Lipolyse und Fettoxidation in der Skelettmuskulatur. Ebenso nachgewiesen ist eine hemmende Wirkung auf die Produktion von TNF-alpha, einem Zytokin, welches bei Entzündungsreaktionen eine große Rolle spielt. Insgesamt sind die Wirkungen des IL-6 vielfach, komplex und physiologisch positiv.

Ähnliche Zusammenhänge spricht man auch anderen Myokinen zu. Zwar wird IL-8 im Gegensatz zum IL-6 nur in geringen Mengen ausgeschüttet und wirkt daher eher lokal. Es beeinflusst aber den Energiestoffwechsel und die Bildung neuer Blutgefäße.

IL-15 ist bei Krafttraining eines der in höchster Konzentration auftretenden Myokine in der Skelettmuskulatur. Es hat ebenfalls Effekte auf den Stoffwechsel und wird mit der Reduktion von Fettgewebe, der Lipolyse sowie der Unterdrückung des Fettabbaus in Verbindung gebracht.

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Aus der Zeitschrift: physiopraxis 4/2017

Der Autor Michael Hollmann ist Referent auf der 6. MEDICA PHYSIO CONFERENCE am 20./21. November 2019 in Düsseldorf.

Quelle

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