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Unbewusste Vorurteile – Sind Sie voreingenommen?

Vorurteile haben wir alle, sie sind uns nur oft nicht bewusst. Physiotherapeuten hegen solche unbewussten Vorannahmen beispielsweise häufig gegen Übergewichtige, wie Studien zeigen. Themenscout Stephanie Moers nahm auf dem Weltkongress der Physiotherapie in Genf an einem Seminar teil, in dem jeder sich selbst unter die Lupe nehmen musste.

„Wenn es in dem Haus, in dem du aufgewachsen bist, mehr als 50 Bücher gab, gehe einen Schritt vor.“ „Wenn ein Elternteil von dir oder beide Eltern Akademiker sind oder waren, gehe einen Schritt vor.“ „Wenn du dich jemals wegen deiner Kleidung, deines Zuhauses, deines Autos etc. geschämt hast, gehe einen Schritt zurück.” „Wenn du jemals aufgrund deiner Ethnie, deines Geschlechts oder deiner sexuellen Orientierung Angst vor Gewalt hattest, gehe einen Schritt zurück.“

Alle im Raum sitzen aufmerksam über ein Blatt Papier gebeugt, auf das sie eine Linie mit einem Nullpunkt in der Mitte gezeichnet haben, und vollführen den „Privilege Walk“ mit dem Stift. Wenn ich aufgrund der Frage vorwärtsgehen kann, bewege ich den Stift nach rechts in den Plusbereich, bei einem Schritt zurück dementsprechend nach links ins Minus. Ich lande am Ende der vielen Fragen bei +3. Am Ende sollen wir alle aufstehen und uns zu der entsprechenden, an den Wänden befestigten Zahl stellen. Bei +3 stehen nicht viele. Richtung +4 werden es mehr. Die meisten stehen im Bereich +5 oder +6. Mir gegenüber steht meine Kollegin aus der Praxis bei +7. Irgendetwas löst das bei mir aus. Ich kann noch nicht genau sagen, was.

Konfrontation mit der eigenen Stellung

Dann hilft mir Dr. John Hammond auf die Sprünge: „An die, die weiter hinten gelandet sind: Wie fühlt sich das an? Und wie fühlt es sich an für die, die weiter vorne sind? Hättest du gedacht, dass du bisher ein bestimmtes Maß an Privileg genossen hast, und nun stellt es sich anders heraus als gedacht? Hatten manche Fragen mehr Bedeutung für dich als andere?“

Ja, ich dachte, ich wäre recht privilegiert, bin es aber im Vergleich zu denen, die sich im Raum befinden, vielleicht doch nicht. Bin ich neidisch oder nur erstaunt über den Platz meiner Kollegin? Warum landet sie so weit vorne? Das hätte ich bisher nicht gedacht, dass sie so viel privilegierter ist als ich. Klar wird durch den Privilege Walk: Wir starten zwar alle bei null, aber schon der Geburtsort oder die Situation unserer Eltern verschiebt unseren weiteren Ausgangspunkt fürs Leben erheblich. Das „sozial“ aus biopsychosozial blinkt in meinem Kopf. Ich merke, dass ich von manchen im Raum, obwohl ich sie nicht kenne, nur aufgrund des ersten Eindrucks andere Plätze erwartet hätte – weiter vorne oder hinten. Auf welchen Kriterien basiert meine Erwartung? Hautfarbe, Geschlecht, Körpergröße, Alter, Kleidung, Attraktivität?

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Aus der Zeitschrift: physiopraxis 11-12/2019

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