• Private Krankenversicherung

     

Wie man angemessene Privatpreise durchsetzt

Etwa 20 Prozent der Einnahmen ambulanter Heilmittelpraxen stammen von Privatpatienten, das entspricht mehr als 1,5 Milliarden Euro im Jahr. Die Höhe der Privatpreise können Praxisinhaber selbst festlegen, was die privaten Krankenversicherungen jedoch immer wieder bestreiten und die Erstattungen kürzen. Das führt zu unerwünschten Diskussionen in der Praxis, die sich mit wenig Aufwand umgehen lassen.

Ärzte und Zahnärzte können ihre Preise sehr einfach über die sogenannte GoÄ (Gebührenordnung für Ärzte) und GoZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) bestimmen. Diese Taxen sind staatlich festgelegt. Für die Erbringung von Heilmitteln durch Physio-, Ergotherapeuten, Podologen und Logopäden gibt es so etwas leider nicht. Damit ist es den Therapeuten freigestellt, welche Preise sie für die Behandlung ihrer Privatpatienten berechnen. Rechtlich gesehen muss der Patient den Preis für eine Therapie bezahlen, den der Therapeut vor der Behandlung mit ihm vereinbart. So sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch vor, in dem die rechtlichen Rahmenbedingungen für Behandlungsverträge geregelt werden (§ 630a BGB).

Privatversicherte bekommen diese Kosten von ihrer Krankenversicherung in der Regel erstattet. Dabei hängt es vom gewählten Tarif ab, in welcher Höhe diese Kostenerstattung greift. Ganz allgemein kann man sagen: Je älter der Versicherungstarif (und der Patient), desto eher muss die private Krankenversicherung (PKV) eine vollständige Kostenerstattung sicherstellen. Neuere Tarife der PKV sehen oft prozentuale Begrenzungen der Kostenerstattung vor oder legen einseitige Obergrenzen wie die beihilfefähigen Höchstsätze fest. Bei Lehrern und anderen Beamten werden die beihilfefähigen Höchstsätze von der PKV grundsätzlich als Ersatzgebührenordnung herangezogen.

PKV informiert falsch

Ein großes Problem ist, dass privat krankenversicherte Patienten oft selbst nicht wissen, welche Erstattung ihr Tarif vorsieht. Berechnet der Therapeut für seine Behandlung einen Preis, der später nicht in voller Höhe erstattet wird, fordern gerade Beamte vom Therapeuten eine Preissenkung oder kürzen den Rechnungsbetrag eigenmächtig. Die PKVen liefern dazu Argumente, die in vielerlei Hinsicht falsch sind, aber beim Patienten den Eindruck erwecken, die Therapeuten würden überhöhte Preise fordern. Manchmal wird das geforderte Honorar von der PKV aus „Kulanz“ übernommen, verbunden mit dem Hinweis auf andere Praxen in der Nähe, die deutlich niedrigere Honorare fordern würden.

Selbst der PKV Bundesverband scheut sich nicht, rechtlich falsche oder zumindest sinnentstellende Interpretationen geltenden Rechts zu verbreiten, um damit den Eindruck zu erwecken, dass Therapeuten zu hohe Preise fordern. So behauptet die PKV, Therapeuten dürften nur die „üblichen“ Preise berechnen, womit sie die GKV-Honorare meinen. Diese These wurde jedoch gerichtlich mehrfach widerlegt.

Beihilfe kein Maßstab für Privatpreise

Kein Wunder also, dass sich viele Therapeuten einschüchtern lassen und ihre Preise an die Erstattungspraxis der PKVen anpassen. Dann werden die beihilfefähigen Höchstsätze als Preisliste genutzt, obwohl es gute Gründe gibt, warum die Beihilfe kein Maßstab für Privatpreise sein kann:

Die Beihilfe kann statistisch nicht der übliche Preis für Therapie sein, weil nur 28 Prozent aller privat Krankenversicherten von der Beihilfe Zuschüsse erhalten. Die große Mehrheit von 72 Prozent hat mit der Beihilfe nichts zu tun.

Die Beihilfe ist eine interne Verwaltungsanweisung, die das Verhältnis des Staates als Arbeitgeber zu seinen Beamten regelt. Für alle Menschen außerhalb der Verwaltung haben diese Regeln keine rechtliche Relevanz. Praxisinhaber haben keinen Vertrag mit der PKV und/oder Beihilfe. Deswegen sind diese Regeln nicht auf den Behandlungsvertrag anwendbar. Auch die Leistungsbeschreibungen der Beihilfe sind für die behandelnden Therapeuten rechtlich nicht bindend bzw. nicht bekannt.

Beihilfefähige Höchstsätze sind so niedrig, dass der Minutenpreis für eine Privatleistung oft schlechter ist als der Minutenpreis für eine GKV-Leistung. Das liegt daran, dass die beihilfefähigen Höchstsätze vor der Erhöhung 2018 17 Jahre lang nicht angepasst wurden. Und auch nach der Erhöhung sind die beihilfefähigen Höchstsätze im Vergleich zur GKV nur halb so stark gestiegen.

Die Beihilfe als „amtliche Preisliste“ kann nicht funktionieren, denn in ihr sind Fixpreise festgelegt, die eine Differenzierung nach Qualifikation, Schwierigkeitsgrad usw. nicht vorsehen. Amtliche Preislisten werden immer in Form von Preisspannen (von–bis) aufgebaut, um die qualitativen Unterschiede der jeweiligen Leistungserbringer angemessen abbilden zu können.

Lesen Sie den gesamten Beitrag hier: Wie man angemessene Privatpreise durchsetzt

Aus der Zeitschrift: physiopraxis 02/2019

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