Diagnostischer Leitfaden und Therapie
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Autor: M. Pees
Ätiologie & Pathogenese
Der Hauptauslöser für Adipositas bei Papageienvögeln ist eine übermäßige und nicht ausgewogene Ernährung, dazu kommt häufig ein genereller Bewegungsmangel. Bei der Fütterung der Tiere wird nicht berücksichtigt, dass Vögel in der Natur oft einen erheblichen Energieaufwand für die Futtersuche betreiben müssen. Die Folge ist, dass Futter, ist es erst einmal gefunden, auch reichlich aufgenommen wird. Problematisch wird dieses Futterverhalten dann, wenn Futter permanent ad libitum zur Verfügung steht. Dazu nehmen die Tiere auch die Futterbestandteile am liebsten auf, die am fettreichsten sind, im Papageienfutter also insbesondere die Ölsaaten (Sonnenblumenkerne!). Einige Tiere fressen auch aus Langeweile, da ihr Hauptlebensinhalt auf das Sitzen im Käfig reduziert wurde.
Beim Vogel kommt der Leber die Hauptfunktion bei der Lipogenese zu, sie ist deshalb auch besonders anfällig für Fetteinlagerungen. Daher kommt es bei zu fetten Tieren auch häufig zu einer Fettleber und in der Folge zu einer Leberdegeneration. Andere Langzeitschäden sind Herz- und Gefäßveränderungen und eine erhöhte Neigung zur Bildung von Lipomen.
Eine besondere Prädisposition zur Verfettung besteht bei Wellen- und Nymphensittichen, Amazonen und einigen Kakaduarten (Rosakakadu!)!
Weibliche Tiere sind generell eher betroffen als männliche!
Klinik & Diagnose
Typisch ist Inaktivität sowie eine geringe Belastbarkeit bis hin zu einer generellen Flugunfähigkeit. Bedingt durch die Fetteinlagerungen in der Bauchhöhle und die Schwellung der Leber, kommt es oft zu Kurzatmigkeit oder sogar regelrechter Atemnot, da die Luftsäcke komprimiert werden. Unruhe und vermehrter Putztrieb können bei einer Leberschädigung dazukommen.
Infolge der Verfettung können „Erbrechen“, Kot-/Harnveränderungen (Gelbverfärbung), Lipome sowie Überbelastungs-erscheinungen an den Fußballen („bumble foot“,) auftreten.
Adspektorisch fällt bei sehr fetten Tieren bereits eine „Falte“ im Federkleid im Bereich des Brustbeinkamms auf (siehe Abb.1). Die Fettzubildungen lassen sich auf der Brustwand und im Bauchbereich am deutlichsten palpieren. Bei der Röntgenuntersuchung können die Fettauflagerungen, die Einengung der Luftsäcke und die Vergrößerung der Leber gesehen werden (siehe Abb. 2). Auch eine Ultraschalluntersuchung zur Beurteilung der Leber ist sinnvoll, ebenso eine Blutuntersuchung mit Schwerpunkt Leberparameter (GLDH, Gallensäuren).
Abb. 1: Adipositas bei einer Amazone. Der Brustbeinkamm liegt durch die umgebenden Fettmassen vertieft, es bildet sich eine Furche. Dies ist immer ein Zeichen für eine hochgradige Fettsucht.
Abb. 2: Wellensittich, Adipositas, ventrodorsale Projektion. Die Leber (schwarze Pfeile) ist vergrößert, es sind deutliche Umfangsvermehrungen unter der Haut (weiße Pfeile) sichtbar (Nebenbefund: medullärer Knochen).
Therapie
Die erste „therapeutische Maßnahme“ bei Adipositas besteht darin, dem Besitzer den Ernst der Erkrankung zu verdeutlichen. Oft wird das Problem als Schönheitsfehler belächelt, es besteht aber die Gefahr einer irreversiblen Leberschädigung!
Die Fütterung und die Haltung (Bewegung!) sollte angepasst werden: Obst und Gemüse können ad libitum angeboten werden, gerade die Fruchtzucker verhindern bei der Gewichtsreduktion die übermäßige Fettmobilisation mit der Folge einer lebensgefährlichen Stoffwechselentgleisung (Fettmobilisationssyndrom). Der Fachhandel bietet Papageiendiätfutter an, ein spezielles Pelletfutter ist ebenfalls erhältlich. Entscheidend ist immer die Reduzierung der Energiemenge. Eventuell sollte das Körnerfutter nur für eine bestimmte Zeit am Morgen und am Abend angeboten werden. Besteht die akute Gefahr einer Leberschädigung, ist die unterstützende Verabreichung von Aminosäuren, Kohlenhydraten und Flüssigkeit 119 sehr zu empfehlen. Vitamin A , B-Komplex , C und K1 sollten substituiert werden. Die orale Gabe von Lactulose erleichtert den Leberstoffwechsel, des Weiteren kann der Besitzer 1 x täglich Flüssigkeit und Aminosäuren in den Schnabel eingeben (Volamin® 1:1 mit Wasser verdünnt, 20 ml/kg KM).
Während der Gewichtsreduktionsphase sollte eine regelmäßige Gewichtskontrolle erfolgen, um den Erfolg zu kontrollieren und eine zu rasche Reduktion zu verhindern!
Prognose
Bei rechtzeitiger Erkennung und Umstellung der Ernährungs- und Haltungsbedingungen ist die Prognose gut. Verliert der Vogel den Appetit und verweigert die Nahrungsaufnahme, ist dies prognostisch ein schlechtes Zeichen. Die Möglichkeit eines Leberversagens besteht. Ein eben falls schlechtes Zeichen ist eine Gelbverfärbung der Harnsäure, die auch auf einen Leberschaden hindeutet.
Quelle: M. Pees, Leitsymptome bei Papageien und Sittichen, Diagnostischer Leitfaden und Therapie, ISBN: 9783830410843, 2. Aufl., überarb. 2010, S. 253-254
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