• Großhirn eines mit dem Schmallenberg-Virus infizierten Schaflammes. Deutlich zu erkennen sind die Hohlräume in beiden Hemisphären. Foto: V. Herder

    Großhirn eines mit dem Schmallenberg-Virus infizierten Schaflammes. Deutlich zu erkennen sind die Hohlräume in beiden Hemisphären. Foto: V. Herder

     

Neue Erkenntnisse zur Wirkung des Schmallenberg-Virus

Vor etwa zwei Jahren trat erstmals das Schmallenberg-Virus in Deutschland auf. Bei neugeborenen Rindern, Schafen und Ziegen kann es im Nervensystem und im Bewegungsapparat schwere Missbildungen hervorrufen. Wissenschaftler des Instituts für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), der Universität Glasgow, der Universität Sassari in Italien und des Friedrich-Loeffler-Instituts haben in einer Studie die Pathogenese und das biologische Verhalten des Schmallenberg-Virus untersucht. Ihre Ergebnisse, die sie im Fachmagazin PLOS Pathogens veröffentlicht haben, könnten als Grundlage genutzt werden, um einen Impfstoff gegen das Virus herzustellen.

Die Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie das Schmallenberg-Virus synthetisieren können. So konnten sie das natürlich vorkommende Virus mit Varianten vergleichen, die sie an ausgewählten Stellen im Erbgut minimal verändert hatten. In ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler in den Nervenzellen der grauen Substanz des Gehirns sowie des Rückenmarks hohe Konzentrationen des Virusantigens nachgewiesen. Professor Dr. Wolfgang Baumgärtner, Leiter des Instituts für Pathologie, sagte: „Wir gehen deshalb davon aus, dass sich das Virus in Nervenzellen vermehrt und der Vorgang bei im Labor infizierten Mäusen genauso abläuft wie bei Lämmern und Kälbern, die sich während der Trächtigkeit über das Muttertier angesteckt haben.“ Diese Erkenntnisse legen den Grundstein, die Ergebnisse aus dem Labor auf die in der Umwelt vorkommende Infektion zu übertragen, um die viralen Krankheits-mechanismen besser verstehen zu können. In den befallenen Nervenzellen löst sich die Struktur auf, die Zellen werden geschädigt und sterben ab. Je mehr Nervenzellen befallen sind, desto stärker wird das Gewebe beschädigt. Im Gehirn der betroffenen Tiere entstehen zystische Hohlräume, die auch Poren genannt werden. Die Gehirnfunktion ist stark eingeschränkt. Neben diesen typischen Gehirnmissbildungen weisen infizierte Jungtiere auch eine unterentwickelte Muskulatur der Gliedmaßen auf, die sich wahrscheinlich erst infolge der Gehirnläsionen entwickelt.

Über die Virulenz, also das Maß der krankmachenden Eigenschaften, des relativ neuartigen Virus ist bislang nur wenig bekannt. Die Forscher haben nun herausgefunden, welche Faktoren des Schmallenberg-Virus für die Virulenz zuständig sind, indem sie höher und niedriger virulente Mutanten des Virus entwickelt haben. Sie fanden heraus, dass ein virales Nicht-Strukturprotein die Virulenz beeinflusst, indem es die Interferonsynthese der befallenen Zellen verhindert und somit in den Abwehrmechanismus der Zelle eingreift. Interferone sind Proteine und haben eine antivirale Wirkung. Indem das Virus die Produktion der Interferone unterdrückt, kann es sich besser vermehren.

Beim Schmallenberg-Virus handelt es sich um einen relativ neuartigen, zu den Orthobunyaviren gehörenden Erreger, der erstmals im November 2011 in Deutschland identifiziert wurde. Seitdem fand eine rasche Ausbreitung in andere europäische Länder, wie die Niederlande, Belgien, Frankreich und Großbritannien, statt. Das Virus kann Rinder, Schafe und Ziegen befallen, wobei die Übertragung hauptsächlich über blutsaugende Insekten, beispielsweise Gnitzen, erfolgt. Die Infektion adulter Tiere verläuft in der Regel mit milden Symptomen. Bei der Infektion von trächtigen Tieren kann es jedoch zeitlich verzögert zu Fruchtbarkeitsstörungen, Frühgeburten und teilweise erheblichen Missbildungen der Neugeborenen kommen.

Hier gelangen Sie direkt zum Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.

  • Ein mit dem Schmallenberg-Virus infiziertes Kalb. Foto: V. Herder

    Ein mit dem Schmallenberg-Virus infiziertes Kalb. Foto: V. Herder

     

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