- Fachartikel
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- Dr. Antonie Post
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- 22.05.2015
Beklebt anstatt betrunken
Gerbstoffe aus dem Wein als ideales chirurgisches Pflaster
Die Kohlensäure bitzelt auf der Zunge, eine angenehm herbe Note entfaltet sich im Mund – bis man das Gefühlt hat, das Zahnfleisch ziehe sich zusammen. Rotweintrinker kennen dieses Geschmackserlebnis, für das die Tannine (Gerbstoffe) verantwortlich sind. Sie denaturieren die Proteine des Speichels, der dadurch nicht mehr richtig gleitet und man dieses ziehende Gefühl im Mund bekommt. Südkoreanische Forscher brachte wahrscheinlich genau so ein Schlückchen Wein auf die geniale Idee, aus den Gerbstoffen einen Kleber herzustellen. Das geht denkbar einfach: Tannine und den körperverträglichen Kunststoff Polyethylenglykol (PEG) ins Wasser kippen, umrühren, ausfallen lassen und schon ist der Kleber, den die Wissenschaftler TAPE nennen, fertig.
Der Kleber lässt sich ähnlich wie ein Haftnotizzettel immer wieder ablösen und neu aufbringen, löst sich nach einigen Tagen im Körper rückstandslos auf und soll 2 ½-mal besser halten als Haftstreifen mit herkömmlichen Fibrinklebern – und das selbst auf den feuchten, schleimigen, unebenen Flächen im Körper. Selbst zur Blutstillung kann das Tannin-Pflaster eingesetzt werden, wie die Wissenschaftler am Tiermodell demonstrierten: Der Blutverlust einer punktierten Mäuseleber war nach Auftragen des Klebers um rund 1/3 geringer als bei der Anwendung von Fibrinkleber. Zudem kann das Pflaster als Träger für Wirkstoffe und Markierungssubstanzen dienen. Die Forscher verkapselten Indocyaningrün darin und brachten die fluoreszierende Verbindung oral in die Speiseröhre einer Maus ein. Anhand der Fluoreszenz waren sie in der Lage, die plötzlichen pH-Wert-Änderungen – verursacht durch den Reflux von Magensäure – zu messen. Die Wissenschaftler erhoffen sich ein breites Einsatzspektrum des neuen chirurgischen Pflasters, da Tannin, PEG und Indocyaningrün bereits für den Einsatz am Menschen zugelassen sind.
Quelle:
Kim K. et al. TAPE: A Medical Adhesive Inspired by a Ubiquitous Compound in Plants. Adv Funct Mater 2015; 25: 2402–2410
DOI: 10.1002/adfm.201500034