- Pressemeldung
- |
- Christina Liebermann
- |
- 11.06.2014
Studie zeigt Gedächtnisstörungen durch Narkose in der frühen Kindheit
Die ersten beiden Lebensjahre stellen eine entscheidende Phase während der Entwicklung des menschlichen Gehirns dar. Forscher der Universität Kalifornien in San Francisco fanden nun in ihrer Fall-Kontroll-Studie heraus, dass Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren eine Inhalationsnarkose erhalten hatten, später vermehrt unter Störungen der Merkfähigkeit leiden. Schon eine einzelne Narkose in der frühen Kindheit kann sich negativ auf die spätere Gedächtnisleistung auswirken.
Foto: Fotolia/beerkoff
Bereits vor einigen Jahren zeigte ein Forscher der Universität Virginia im Tierversuch mit neugeborenen Ratten, dass Anästhetika wie Midazolam oder Lachgas, die auch häufig bei Kindern zum Einsatz kommen, toxische Auswirkungen auf das Gehirn haben. Dabei verursachen die Narkosemittel eine Zerstörung von Nervenzellen im Hippocampus, einem Areal im Gehirn, das für Lernen und Gedächtnis zuständig ist.
Greg Stratmann von der Universtität Kalifornien untersuchte 56 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren, die während einer Operation in der frühen Kindheit als Narkosemittel Lachgas (alle), Sevofluran (26), Isofluran (13), Halothan (7) oder Propofol (3) erhalten hatten. Die Dosis der Anästhetika betrug median 203 MAC x min und die Dauer der Narkose median 148 Minuten. Die untersuchten Kinder zeigten im Gedächtnistest signifikant schlechtere Ergebnisse gegenüber Kindern, bei denen keine Narkose durchgeführt wurde. Der Gedächtnistest bestand aus 80 verschiedenen, auf einem Monitor präsentierten Zeichnungen, die sich die Kinder nacheinander merken und in einem zweiten Durchlauf von anderen Zeichnungen unterscheiden sollten. Es gab zwei Tests zu räumlichem Vorstellungsvermögen und zu Farben.
Die Komponenten Wiedererkennung „recollection“ und Vertrautheit „familiarity“ wurden ebenfalls im Test untersucht. Dabei zeigten die Kinder, die eine Narkose erhalten hatten im Vergleich mit den nicht narkotisierten Kindern lediglich Defizite im Erinnerungsvermögen („recollection“). Auch im Tierversuch wurden hinsichtlich der beiden Komponenten ähnliche Ergebnisse beobachtet. Um eine Verzerrung der Testergebnisse durch einen speziellen Eingriff zu vermeiden, wurden bei den Versuchsratten im Vorfeld ähnliche Operationen durchgeführt wie bei den Kindern.
Einziger Wermutstropfen: Die Kinder mit Narkose wiesen im Intelligenztest keine Minderung des IQ auf und auch im Verhaltenstest ergaben sich keine Auffälligkeiten im Vergleich der Studiengruppen.
Denkbar wäre laut Stratmann, dass die Narkose bei den Kindern eine Lernstörung auslöst. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig eine spätere Verschlechterung der schulischen Leistungen.
Quelle:
Neuropsychopharmacology (2014: doi: 10.1038/npp.2014.134)
Zum Abstract hier