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- Thao Tran
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- 28.06.2018
Das Bewerbungsgespräch: Typische Fragen, gute Antworten
Die Stellensituation für junge Ärzte ist formidabel. Heutzutage muss man nur mit dem Finger schnippen und man hat den Traumjob. Tatsächlich? Ganz so einfach ist es leider nicht. Nach wie vor ist der Plausch im Zimmer des Chefarztes eine wichtige Hürde. Wir geben dir Tipps für einen erfolgreichen Verlauf deines Bewerbungsgesprächs.
Geschafft! Nach sechs Jahren strammen Lernens und einer abschließenden Kreuzorgie namens Hammerexamen kannst du dich ins Arztleben stürzen. Nur eine klitzekleine Bewährungsprobe liegt da noch vor dir: das Bewerbungsgespräch. Oft nur wenige Minuten lang, entscheidet es mit darüber, wie du deine nächsten Jahre verbringst. Kannst du in deiner Lieblingsklinik anfangen? Oder musst du auf die Abteilung eines Chefarztes ausweichen, der als Assistentenschleifer berüchtigt ist? Damit Ersteres eintritt, solltest du dich gut auf dieses Gespräch vorbereiten. Wir haben einige Fragen, die in Bewerbungsgesprächen direkt oder „zwischen den Zeilen“ gerne gestellt werden, aufgelistet und aufgeschlüsselt, welche Antworten dich am ehesten dem ersehnten Vertrag näher bringen – und welche dich aus dem Kreis potenzieller Kandidaten postwendend herauskatapultieren.
Erzählen Sie mal etwas über sich!
> Falsche Antwort: Ich steh total auf Romane von Stephenie Meyer und Schokoladeneis mit roter Grütze!
Auch wenn einen diese Aufforderung dazu verleitet, ausführlich über seine Hobbys und Vorlieben zu erzählen, sollte man sich tunlichst davor hüten, das tatsächlich zu tun. Der Chefarzt möchte an diesem Punkt weniger einen Einblick in dein Privatleben erhalten, sondern vielmehr herausfinden, ob du zu ihm, zu seiner Klinik und seinem Fachbereich passt. Am besten stellst du kurz deinen bisherigen Werdegang dar. Neben einem kurzen Abriss über das Studium sowie Zusatzqualifikationen solltest du erklären, warum du dich für dieses Krankenhaus und dieses Fach beworben hast – z. B. indem du auf dein PJ-Wahltertial oder deine Doktorarbeit verweist. Auch ein paar Takte dazu, warum du dich überhaupt für Medizin entschieden hast, sind angebracht. Für Dorothea Schmidt, Leiterin der Personalabteilung der Klinikkette Helios, gehört dieser Punkt unbedingt dazu: „In der Regel wird immer darüber gesprochen, warum man sich für ein Studium entschieden hat. Entweder führt man einen Bezug zum Elternhaus an oder ein Schlüsselerlebnis. Auf jeden Fall sollte man seine Entscheidung glaubwürdig formulieren können.“
Warum haben Sie sich an unserer Klinik beworben?
> Falsche Antwort: Von außen fand ich das Gebäude ganz manierlich!
Sofern man nicht gleich zu Beginn selbst darauf eingeht, wird diese Frage garantiert kommen. Dorothea Schmidt empfiehlt in der Antwort darauf möglichst konkret zu werden: „Es ist
immer gut, wenn man genau sagen kann, was einen an der Klinik interessiert und im Vergleich zu anderen Häusern angesprochen hat.“ Bewirbst du dich bei einem Verbund oder einem privaten Klinikkonzern, solltest du zeigen, dass du dich mit dem Unternehmen und dessen Philosophie beschäftigt hast. Positiv wird auffallen, wenn du die Publikationen und Forschungsschwerpunkte des Chefs kennst. „Wenn man sich an einer Uniklinik bewirbt, sollte man natürlich anführen, dass man sich für Forschung interessiert“, erklärt Dr. Heiß, Assistenzärztin im Bürgerhospital Stuttgart und erfolgreiche Absolventin einiger Bewerbungsgespräche. „Wenn man bisher noch nicht so viel gemacht hat, kann man das offen zugeben – und anfügen, dass man selbstverständlich daran interessiert ist, neue Methoden zu erlernen.“
Was erwarten Sie von mir als Chef?
> Falsche Antwort: Von Ihnen? Eigentlich nichts ...
Falsche Bescheidenheit ist hier fehl am Platz! Wer seine Vorstellungen klar artikuliert, zeigt damit, dass er sich Gedanken über seine Ausbildung gemacht hat. „Man sollte sich unbedingt informieren, wie die Weiterbildung organisiert ist“, rät Dr. Heiß. „Gibt es freie Tage oder sieht der Dienstplan Fortbildungstage vor? Gibt es einen Etat für Fortbildungen? Gibt es ein Ausbildungs-Curriculum? Schneidet der Chef dieses Thema nicht an, sollte man ihn direkt darauf ansprechen.“
Was ist Ihre größte Schwäche?
> Falsche Antwort: Wenn’s ums Arbeiten geht, kann ich unglaublich faul sein …
Ein Klassiker, der gerne mit der Frage nach der größten Stärke kombiniert wird. Auf keinen Fall sollte man sich dazu hinreißen lassen, echte charakterliche Schwächen zuzugeben. Doch auch zu selbstsichere Antworten wie „Ich arbeite einfach zu gern“ oder „Ich will immer alles so perfekt machen“ sind nicht angebracht. Das wirkt schnell gestellt. Dr. Heiß empfiehlt, am ehesten harmlose Kleinigkeiten einzuräumen – oder nette Schwächen wie Kinofilme oder Gummibärchen. „Es sollte jedenfalls nichts mit der Klinik zu tun haben und es sollte etwas sein, was einem nicht negativ gewertet wird.“
Haben Sie sich noch woanders beworben?
> Falsche Antwort: Aber nein! Ich könnte mir nie vorstellen, woanders zu arbeiten. Dann beantrag ich lieber Hartz IV ...
Natürlich muss man nicht zugeben, dass seine Bewerbung nur eine von 30 ist, die man „rausgehauen“ hat. So kann leicht der Eindruck entstehen, dass die Klinik nur 2. Wahl ist. Doch stock und steif zu behaupten, dass man sich nur bei einem Haus beworben hat, könnte als Schuss nach hinten losgehen. „Das ist doch realitätsfremd zu meinen, dass sich ein Arzt nur bei einer einzigen Klinik bewirbt“, erklärt Dorothea Schmidt. Deswegen empfiehlt sie den goldenen Mittelweg: Man kann zugeben, dass man sich auch woanders beworben hat, doch die Zahl der Bewerbungen ist Privatsache.
Wann planen Sie ihre erste Babypause?
> Falsche Antwort: Sobald der Arbeitsvertrag unterschrieben ist …
Ein korrekter Chef würde eine solche Frage niemals stellen. Neben Fragen zur Familienplanung sind z. B. auch Fragen über Religions-, Gewerkschafts- oder Parteizugehörigkeiten nicht erlaubt. Auch die sexuelle Orientierung und die persönliche finanzielle Situation sind ein absolutes Tabu. Wird trotzdem solch eine Frage gestellt, sollte man sich überlegen, ob man wirklich in diesem Haus arbeiten möchte. Antworten sollten Sie nicht darauf – zumal nicht ehrlich. Bei einer solchen illegitimen Frage können Sie getrost lügen. Wird die Unwahrheit später aufgedeckt, so ist eine Kündigung des Arbeitsvertrages juristisch nicht zu rechtfertigen.
Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?
> Falsche Antwort: Hoffentlich woanders, als in Ihrer Klinik!
Sei ruhig selbstbewusst und sag, wenn du dir vorstellen kannst, als Oberarzt an dieser Klinik zu arbeiten. Bei der Nachfrage, ob du langfristig eine Niederlassung anstrebst, lohnt es sich vorsichtig zu formulieren. Schließlich will man den künftigen Arbeitgeber nicht vor den Kopf stoßen. Dr. Heiß empfiehlt für diesen Fall: „Man kann vage sagen, dass man eine Niederlassung nicht ausschließt, aber erst mal die klinische Tätigkeit im Vordergrund sieht. Die Chefärzte wissen ja selbst, dass viele Leute sich niederlassen.“
Haben Sie noch Fragen?
> Falsche Antwort: Wer kauft Ihnen eigentlich Ihre Krawatten?
Die meisten Fragen werden sicher bereits im Gespräch geklärt. Sollte jedoch noch etwas unklar sein, so ist dies meist die letzte Chance, noch eine Antwort zu erhalten. Dr. Heiß
findet es an dieser Stelle durchaus angemessen, nachzufragen, mit wie vielen Überstunden man zu rechnen hat und ob diese ausgeglichen werden: „Es ist so wichtig, schon vorab zu wissen, ob die Dienste fair organisiert sind oder nicht. Besser, man erkundigt sich vorher, als dass man nach ein paar Monaten frustriert wechselt.“ Leider erhält man nicht immer eine ehrliche Antwort auf diese Fragen. Daher ist es ratsam, einen Tag in der Klinik zu hospitieren oder zumindest mit einigen Assistenzärzten zu reden, um sich einen Eindruck von den Arbeitsbedingungen der Klinik zu verschaffen.
Dies ist ein Artikel aus Via medici 4.03. Alle Artikel dieses Heftes findest du im Archiv bei den Thieme E-Journals.