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  • Thomas Krimmer
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  • 12.07.2010

Infos zur Ärztlichen Zertifizierung

Ärzte haben die Pflicht, sich auch nach dem Studium weiterzubilden und auf dem aktuellen Stand der Dinge zu sein. Bis vor einigen Jahren war jeder Arzt und jede Ärztin für seine Fortbildung selbst verantwortlich. Auch heute können sie selbst entscheiden, auf welche Weise sie sich fortbilden möchten, allerdings nicht mehr ganz freiwillig: Jeder muss innerhalb von 5 Jahren 250 Fortbildungspunkte nachweisen.

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), das am 01.01.2004 in Kraft trat, verpflichtet der Gesetzgeber die Vertragsärzte, sich regelmäßig fachlich fortzubilden und die Nachweise alle fünf Jahre der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vorzulegen. Vertragsärzte, die bis zum 30.06.2004 zugelassen worden sind, müssen also erstmalig bis 30.06.2009 nachweisen, dass sie sich fortgebildet haben.

Erfahrungen aus Modellprojekten

Die Ärztekammer Baden-Württemberg hatte - wie viele andere Ärztekammern auch - am 1. Dezember 2001 beschlossen, ein Modellprojekt zur freiwilligen Zertifizierung für den Zeitraum 2002 bis 2004 durchzuführen. Die 2.500 teilnehmenden Ärzte müssen für diesen Zeitraum 120 Fortbildungspunkte nachweisen, bis 30.06.2005 können sie ihre Unterlagen noch einreichen. Derzeit ist die Bearbeitung der Anträge und die Zertifikate kostenlos. "Ich kann aber nicht sagen, ob das so bleiben wird.", sagt ein Mitarbeiter der Ärztekammer Baden-Württemberg. In Zukunft müssten ja nicht nur 2.500 sondern 39.000 Anträge alleine für Baden-Württemberg bearbeitet werden. Daher werde es voraussichtlich künftig auch möglich sein, dass Ärzte auf den Internetseiten der Ärztekammer ihr eigenes Punktekonto führten.

250 Punkte - ein großes Pensum?

"Die Reaktion der Ärzte ist ganz unterschiedlich!", sagt der Ärztekammer-Mitarbeiter auf die Frage, ob 250 Fortbildungspunkte in 5 Jahren gut zu bewältigen seien. "Manche reichen schon jetzt 500 Punkte ein, andere rufen hier ganz verzweifelt an, wie sie das denn schaffen sollen." Es hänge mit verschiedenen Faktoren zusammen, wie gut das Fortbildungspensum zu bewältigen sei: "Ärzte, die in der Stadt wohnen, haben leichter Zugang zu Fortbildungsveranstaltungen als Ärzte, die auf dem Land wohnen."

Auch je nach Fachrichtung gebe es Unterschiede. Wer sich in wöchentlichen Qualitätszirkeln treffe, bekomme die Punktzahl leichter zusammen als andere. Zudem sei es für Ärzte in Gemeinschaftspraxen einfacher: "Wer in einer Gemeinschaftspraxis arbeitet, kann viel leichter einen Tag fehlen als ein Praxisinhaber, der sich erst um eine Vertretung kümmern muss."

Fortbildungspflicht für Ärzte in Krankenhäusern

Die neue ärztliche Berufsordnung, die am Februar 2005 in Kraft getreten ist, schreibt auch für Assistenzärzte in Krankenhäusern die Fortbildungspflicht fest, sie gilt also nicht nur für Fachärzte. Das Pflichtprogramm zur Fortbildung hat nun vor einem halben Jahr begonnen, spätestens am 30.06.2009 müssen alle Ärzte über 250 Fortbildungspunkte verfügen.

Niedergelassenen Ärzte legen ihre Nachweise am Ende des 5-Jahres-Zeitraums der KV vor, angestellte Krankenhausärzte dem gemeinsamen Bundesausschuss (= Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen). Auch Ärzte in Behörden und an öffentlichen Stellen werden ihre Fortbildungsmaßnahmen belegen müssen. Es ist schon jetzt absehbar, dass auf alle genannten Institutionen deutlich mehr bürokratische Arbeit zukommt: Sie müssen in Zukunft Punkte überprüfen, Veranstaltungen anerkennen, Zertifikate ausstellen, Mahnungen verschicken und neue Strukturen entwickeln, wie sie diesen zusätzlichen Berg an Arbeit bewältigen können.
Auch für die Ärzteschaft wird der bürokratische Aufwand (noch) höher! Denn sie müssen im Zweifelsfall jeden einzelnen Fortbildungspunkt belegen können - mittels Kongressprogrammen, Fotos von Postern, Redebeiträgen, Artikeln, etc.

Fortbildungspunkt als Maßeinheit

Als Grundlage für die Berechnung gilt der "Fortbildungspunkt", was in der Regel eine abgeschlossene Fortbildungsstunde von 45 Minuten ist.

Insgesamt gibt es sieben Fortbildungskategorien:

Kategorie A: Vortrag und Diskussion ("Frontalveranstaltung)

  • Pro Fortbildungseinheit gibt es 1 Punkt, maximal 8 Punkte am Tag

Kategorie B: mehrtägige Kongresse in In- und Ausland

  • Für einen ½ Tag gibt es 3 Punkte, für einen ganzen Tag 6 Punkte, wenn keine Einzelnachweise gemäß Kategorie A oder C vorgelegt werden

Kategorie C: Fortbildung mit konzeptionell vorgesehener Beteiligung jedes Teilnehmers

  • Hierunter sind Workshops, Arbeitsgruppen, Qualitätszirkel, Balintgruppen, Kleingruppenarbeiten, Supervision, Fallkonferenzen und praktische Übungen zu verstehen
  • Pro Fortbildungsstunde gibt es 1 Punkt
  • 1 Zusatzpunkt pro Veranstaltung bis zu vier Stunden
  • Höchstens 2 Zusatzpunkte pro Tag

Kategorie D:

Strukturierte interaktive Fortbildung

  • Hierunter sind Weiterbildungsmöglichkeiten übers Internet, CD-Rom, Fachzeitschriften (mit nachgewiesener Qualifizierung und Auswertung des Lernerfolgs in Schriftform) zu verstehen,
  • Die entsprechenden Medien müssen von der zuständigen Landesärztekammer anerkannt sein
  • Pro Übungseinheit (= Fortbildungsstunde à 45 Minuten) gibt es 1 Punkt

Kategorie E

  • Für das Selbststudium (Fachliteratur, Fachbücher, Lehrmittel) werden pro Jahr 10 Punkte ohne Nachweis angerechnet, das heißt maximal 50 Punkte in 5 Jahren.

Kategorie F

Wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge

  • Autoren erhalten 1 Punkt pro Beitrag
  • Referenten/Qualitätszirkelmoderatoren erhalten 1 Punkt pro Beitrag/Poster/Vortrag zusätzlich zu den Punkten der Teilnehmer

Kategorie G

Hospitationen

  • 1 Punkt pro Stunde, höchstens 8 Punkte pro Tag

Lernerfolgskontrollen

  • Bei Prüfungen ("Lernerfolgskontrollen") 1 Zusatzpunkt in den Kategorien A und C

Konsequenzen für den Einzelnen

Es ist deutlich erkennbar, dass man alleine mit Selbststudium in den eigenen vier Wänden nie und nimmer auf die erforderliche Punktzahl kommt. Die Ärzte kommen also nicht umhin, nach Dienst noch Abendveranstaltungen zu besuchen und sich zu Kongressen und Kursen anzumelden. Wer regelmäßige fortlaufende Gruppen besucht wie Balintgruppen oder Qualitätszirkel, wird es leichter haben, auf die erforderliche Punktzahl zu kommen.

Das GKV-Modernisierungsgesetz schreibt vor, Vertragsärzten (niedergelassenen Ärzten), die ihrer Fortbildungspflicht nicht nachkommen, 10% ihrer Vergütung zu streichen, ab dem 5. Quartal 25%. Wer nicht innerhalb von 2 Jahren die fehlenden Nachweise einreicht, riskiert seine Zulassung! Zuständig sind hier die Kassenärztlichen Vereinigungen.
Wenn angestellte Ärzte ihrer Fortbildungspflicht nicht nachkommen, wird ebenfalls dem zuständigen Vertragsarzt oder dem medizinischen Versorgungszentrum (z.B. Krankenhaus) das Honorar gekürzt. Die Honorarkürzung soll laut Gesetz erst aufgehoben werden, wenn die vollständigen Nachweise vorliegen. Die nachgeholten Fortbildungen innerhalb der 2-Jahresfrist werden nicht auf die folgenden fünf Jahre angerechnet.

Fortbildungsmöglichkeiten

In den Ärzteblättern der Landesärztekammer, die die Ärzte monatlich zugeschickt bekommen, findet man im Veranstaltungsteil neben den veröffentlichten Forbildungsveranstaltungen die – falls vorhanden - anrechenbaren Fortbildungspunkte.
Zudem gibt es Fachzeitschriften, die Fortbildungseinheiten anbieten - im Printprodukt oder online über das Internet. Die Deutsche Medizinische Wochenschrift des Georg Thieme Verlags veröffentlicht 10mal im Jahr einen CME-Beitrag (CME = Continiuos medical education). Die Fortbildungseinheit besteht aus einem mehrseitigen Artikel, zu dem es am Ende einen 2-seitigen Fragebogen auszufüllen gilt. Die Fragen werden an die Redaktion geschickt und dort ausgewertet. Bei erfolgreicher Teilnahme gibt es immerhin 3 Fortbildungspunkte. Die Teilnahme ist für Abonnenten auch online möglich.

Bei den Landesärztekammern sind zudem Programme erhältlich, die eine Übersicht über die medizinischen Fortbildungsveranstaltungen in einem größeren Zeitraum geben.

Quellen: Ärztekammer Baden-Württemberg, GKV-Modernisierungsgesetz, Bundesärztekammer

Weiterführende Links

Die Ärztekammern in Deutschland

GKV-Modernisierungsgesetz (als pdf-Datei)

(Muster-)Satzung Fortbildung und Fortbildungszertifikat bei der Bundesärztekammer

CME-Angebot in den Zeitschriften des Georg Thieme Verlags

 

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