• Steckbrief
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  • Miriam Wagner
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  • 20.02.2012

Psychosomatik - Steckbrief

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Krankheitstage pro Jahr durch psychische Erkrankungen stark zugenommen. Darum nimmt das weite Feld der Psychosomatik einen immer größeren Stellenwert im Gesundheitswesen ein. Doch wer oder was verbirgt sich dahinter? Und worin besteht der Unterschied zur Psychiatrie?

 

Eine Definition liefert die Bundesärztekammer: "Die Psychosomatische Medizin umfasst die Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten und Leidenszuständen, an deren Verursachung psychosoziale und psychosomatische Faktoren einschließlich dadurch bedingter körperlich-seelischer Wechselwirkungen maßgeblich beteiligt sind." (Bundesärztekammer 2003).

Kurz gesagt befasst sich die Psychosomatische Medizin mit somatischen Beschwerden, die jedoch kein organisches Korrelat zeigen. Häufig sind die Symptome durch seelische oder soziale Probleme verursacht. Hier ist eine ganzheitliche Behandlung des Patienten sowohl ärztlich als auch psychotherapeutisch erforderlich.

Diagnostik

Wichtig für die psychosomatische Medizin ist eine sehr ausführliche Anamnese. Hierbei sollte stets auf Einflussfaktoren geachtet werden, die einen möglichen zeitlichen Zusammenhang zwischen Entstehung der körperlichen Symptome und Veränderungen der Lebenssituation darstellen. Zusätzlich sollte ein psychopathologischer Befund erhoben und gegebenenfalls weitere psychologische Testungen und Beurteilungsskalen durchgeführt werden. Auch eine komplette körperliche Untersuchung gehört dazu, um schwerwiegende organische Erkrankungen auszuschließen oder erneute Diagnostik einzuleiten.

Erkrankungen

Die Psychosomatischen Erkrankungen werden in viele verschiedene Gruppen eingeteilt:

  • Somatoforme Störungen (Somatisierungsstörung, hypochondrische Störung und somatoforme autonome Funktionsstörung)
  • Störungen des Essverhaltens (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa)
  • Nicht-organische Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen (nicht-organische erektile Dysfunktion)
  • Affektive Störungen (depressive Episode)
  • Angststörungen (phobische Störung, generalisierte Angststörung, Panikstörung)
  • Belastungsreaktion/ Anpassungsstörung (akute Belastungsreaktion, Anpassungsstörung, posttraumatische Belastungsstörung)
  • Persönlichkeitsstörung (dissoziale Persönlichkeitsstörung, emotional instabile Persönlichkeitsstörung)
  • dissoziative Störung/ Konversionsstörung
  • Zwangsstörung

Entstehung / Risikofaktoren

Bei den Erkrankungen der Psychosomatischen Medizin geht man sowohl von erworbener als auch angeborener Vulnerabilität aus. Jedoch ist die Krankheitsentstehung abhängig von der individuelle Kompensationsfähigkeit bei überfordernder Belastung (Diathese-Stress-Modell).

Therapieformen

In der Psychosomatischen Medizin spielen verschiedene Behandlungsmethoden auf der Basis einer vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung eine Rolle. Psychotherapie dient der Veränderung von belastenden Einflussfaktoren und Verhaltensmustern durch Vermittlung neuer emotionaler Erfahrungen und kognitiver Fähigkeiten.

Psychoanalyse definiert sich als bewusst gestaltet Kommunikation. Darunter fallen unter anderem Dynamische Psychotherapie, Kurztherapie, Fokaltherapie sowie Paar-, Gruppen- und Familientherapie. Grundlage ist die Annahme eines strukturierten psychischen Apparats (Ich, Über-Ich, Es), bei dem frühkindliche Erfahrungen und ungelöste und/ oder unbewusste Konflikte zu Lösungsversuchen in Form von Neurosen führen. Wichtig ist das Verständnis von Übertragung- und Gegenübertragungsreaktion als Grundlage des psychodynamischen Fallkonzepts. Einen hohen Stellenwert hat hier die Supervision, da die Persönlichkeit des Therapeuten massiv in den Therapieprozess einbezogen wird.

Die Verhaltenstherapie zeigt einen hohen Einfluss aus der Lerntheorie. Dabei wird die operante Konditionierung ("Lernen am Erfolg") als Grundlage vieler psychosomatischer Störungen angesehen. Eine Analyse der Erkrankung erfolgt anhand des S-O-R-K-C Modells (S=Stimulus, O=Organismus, R=Reaktion, K=Kontingenz, C=Konsequenz). Darauf basierend erfolgt dann eine Verhaltenskorrektur durch Umlernen pathologischer Bewältigungsstrategien.

Abgrenzung zur Psychiatrie

Die klare Abgrenzung der Psychosomatik von der Psychiatrie gelingt nur sehr schwerlich. Manche Autoren sprechen von der Psychosomatischen Medizin als Teilaspekt der Psychiatrie, bei der jedoch eine ganzheitliche Sicht auf den Patienten im Mittelpunkt steht. Es gibt allerdings einzelne Krankheitsbilder, die nur in der Psychiatrie behandelt werden. Das sind: akute Psychosen, Demenz, Alkohol- und Drogenabhängigkeit.

Nachwuchs gesucht!

Insgesamt ist das Interesse an der Psychosomatischen Medizin beim medizinischen Nachwuchs eher gering, doch durch die zunehmende Anzahl an psychosomatischen Erkrankungen finden sich Stellen wie Sand am Meer.

Weiterbildungszeit (Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer):

  • 60 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte
  • Davon 12 Monate in der Psychiatrie und Psychotherapie, wobei 6 Monate in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie angerechnet werden können
  • Davon 12 Monate im Gebiet Innere Medizin oder Allgemeinmedizin, wobei 6 Monate in anderen Gebieten der unmittelbaren Patientenversorgung angerechnet werden.
  • Es können bis zu 24 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet/angerechnet werden

Links

Film über Psychosomatik

Homepage des Bundesverbandes

Vorlesungsreihe an der Berliner Charité

 

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