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  • 27.01.2020

Vom Krokodil gebissen

Als Ärztin treffe ich natürlich bei jeder Gelegenheit - egal, ob beruflich oder privat - fachliche Kolleginnen und Kollegen. Diese arbeiten nicht immer in der Klinik oder in einer klassischen Arztpraxis, sondern manchmal auch in Spezialgebieten, wie z.B. der Unfallversicherung oder bei einer Krankenkasse. Dann ist es immer ganz spannend, sich die ein oder andere spannende Story aus dem jeweiligen Berufsalltag erzählen zu lassen. So arbeitet eine Bekannte von mir bei einer Versicherung und prüft im Bereich der Unfallversicherung, ob ein Leistungsfall vorliegt oder nicht. Denn: Damit die Versicherung zahlt, müssen eine Menge Vertragsbedingungen erfüllt werden. Und in diesem Bereich scheint man so einige skurrile Dinge zu lesen und Fälle auf dem Tisch zu haben. Wie beim Fall mit dem Krokodil, der seit Jahren seine Kreise durch die Flure der Sachverständigen und Versicherungsmediziner zieht.

Ein Mann hielt sich für schlauer als alle anderen und schloss parallel mehrere Unfallversicherungen bei verschiedenen Anbietern ab. Da man bei den neuen Verträgen immer die alten Policen mit angeben muss, griff er zu einem Trick und gab immer das Datum an, bei dem er die andere Police abgeschlossen hatte, obwohl er eigentlich den Zeitpunkt der Kündigung hätte notieren müssen. So wussten die Versicherungen nichts voneinander.

Beim ersten Mal kassierte er während einer großen Reise nach Australien. Er buchte in weiser Voraussicht nur den Hinflug und wurde - mutmaßlich - vor Ort von einem Krokodil gebissen, und überlebte den Vorfall mit leichten Verletzungen der Hände. Er legte der Unfallversicherung verschiedene Arztberichte vor, die, wie sich später herausstellte, gefälscht waren, und wurde vom ADAC quasi kostenlos nach Hause geflogen.

Nachdem dieser Trick funktioniert hatte, ging die versicherte Person einen Schritt weiter und plante quasi ein kleines Zugunglück mit Personenschaden. Der Mann mittleren Alters mit Partnerin und Kindern band seinen rechten Arm mit einem Gürtel ab, versicherte sich vorher über das zeitgleiche bestehen von 6 Unfallversicherungen, ging zum Bahngleis, legte seine rechte Hand in die Mitte der Schienen und wartete auf den Zug. Dieser kam und trennte ihm die rechte Hand ab. Durch die vorherige Unterbrechung der Blutzufuhr mit dem Gürtel überlebte er den schweren Vorfall. Zuvor verschickte er noch Nachrichten an seine Familie und kündigte den baldigen Reichtum an. Natürlich flog alles auf: definitiv Versicherungsbetrug, wie man ihn eigentlich nur in Spielfilmen erwarten würde.

Jetzt ist die Person vor Gericht bzw. im Gefängnis und hat natürlich auch nicht das Geld der ganzen Versicherungen erhalten. Und der Arm ist natürlich auch ab. Natürlich auch eine traurige Geschichte, aber im Kollegenkreis sorgt sie immer für Unterhaltung. Bin gespannt, was ich beim nächsten Smalltalk aufschnappen werde. Ich bin auf jeden Fall immer wieder leicht schockiert, auf was für Ideen manche Menschen kommen …

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