• Glosse
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  • Dr. Motz
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  • 24.03.2014

Dr. Motz – immer und überall erreichbar

Piepser, Telefon, Diensthandy, Notarztfunk – mancher Arzt läuft mit den Inhalten einer ganzen elektronischen Kommunikationsabteilung durchs Krankenhaus. So auch Dr. Motz, den das Dauerklingeln mächtig nervt.

Foto: Fotolia / mipan

 

Während der Piepser den Vorteil hatte, dass er keine direkte Erreichbarkeit gewährleistete und man – je nach angezeigter Nummer – zur Telefonsuche und Rückrufaktion oder zur presbyakusen Verweigerung schreiten konnte, nerven Anrufer meist so lange, bis der Angerufene reagiert. Dr. Motz unterscheidet dabei zwei Übeltäter: die Dauerklingler und die Wiederholungstastendrücker. Da hilft es nur, schnell in den Aufzug zu steigen und im Funkloch zu verschwinden.

 

Und täglich grüßt das Murmeltier

Jeden Tag schlägt sich Dr. Motz mit unzähligen Anrufern herum. Die Hälfte der Anrufe würde sich erledigen, wenn der Anrufer einfach mal selbst sein Hirn einschalten oder eine Entscheidung eigenverantwortlich auf sich nehmen würde. So aber quälen die Kollegen den genervten Motz mit Fragen wie: „Hast du den Arztbrief für Frau Meier geschrieben?“ – „Ja, er liegt vor dir auf dem Schreibtisch, mach die Augen auf!“ oder „Darf Herr Müller Novalgin-Tropfen haben?“ – „Ja, guck in die Kurve unter Bedarfsmedikation, da ist es angeordnet!“ und „Warum ist der Chef heute nicht da?“ – „Keine Ahnung, er hat sich unverschämterweise nicht bei mir abgemeldet!“

 

Nicht mal in Ruhe essen – oder anderes …

Dr. Motz hat sich gerade nach einer nervtötenden Visite am gedeckten Frühstückstisch der Station niedergelassen. Da klingelt sein Telefon. Er müsse mal schnell in die Notaufnahme kommen und einen Patienten beurteilen. Schnell schüttet er wenigstens eine Tasse Kaffee in sich hinein und macht sich auf den Weg, fluchend darüber, dass ihm nun sicher jemand seine Nutellasemmel wegisst. Als er die Treppen hinunter rennt, meldet sich sein Telefon schon wieder. Die Sekretärin hat einen Hausarzt in der Leitung wegen Rückfragen. Wenig später, auf dem Rückweg zum Frühstück, schellt es erneut und er wird in den OP abkommandiert. Schnell geht er noch aufs Klo, der Kaffee drückt und wer weiß, wie lang die OP wieder dauert, da tönt es schon wieder aus seiner Kitteltasche. Dr. Motz wünscht sich, er hätte es wie eine Kollegin gemacht und das Handy während des Toilettengangs in der hinteren Hosentasche belassen, von wo es dann in die Kloschüssel geplumpst war und für immer das Zeitliche gesegnet hatte.

 

Schreibtischtätigkeit

Ärzte sind Schreibtischtäter. Labor, Röntgen, alle Anforderungen und Konsile schwirren im digitalen Orbit herum. Nahezu 80% aller täglichen Tätigkeiten finden am PC statt – abgesehen von so unwichtigen Nebensächlichkeiten wie Stationsvisiten und Operationen. Doch das reicht noch nicht! Statt papierner Patientenkurven soll in Bälde mit einem Tablet visitiert werden – und im Operationssaal treten 3D-Monitore, sprachgesteuerte Instrumente und Tele-Operateure ihren Siegeszug an. Dr. Motz überlegt ernsthaft, sich eine Bildschirmbrille und eine ergonomische Tastatur beim Betriebsarzt einzufordern.

 

Der gläserne Arzt

Seit Dr. Motz‘ Arbeitgeber auf Internetpräsenz und „multimediale Klientenaquise“ setzt, kann sogar Dr. Motz‘ E-Mail-Adresse auf der Klinik-Homepage gefunden werden. Mit der Folge, dass ihm „Kunden“ haufenweise seitenlange Krankheitsgeschichten und Heilungsaufforderungen schicken. Quasi zur Gratis-Sprechstunde per PC. Dr. Motz verschiebt solche Ansinnen generell in den Spam-Ordner und hofft, dass sein Chef das niemals merken wird. Und dass dies in diversen Ärztebewertungsportalen keine Auswirkungen haben wird. Da machen ja eh nur notorische kranke Nörgler mit, die wegen zu niedrig bewerteter Kommentare aus Patientenselbsthilfe-Foren ausgeschlossen wurden und ihren Frust nun anderweitig ablassen.

 

Endlich Feierabend

Doch jeder Tag endet glücklicherweise irgendwann. Dann kann Dr. Motz abschalten und entspannen. Während er fern guckt, chattet er mit seinen Freunden über sein iPad und ruft nebenher seine Mama an, um zu fragen, wann er mit neuer Bügelwäsche rechnen kann. Endlich Feierabend!

 

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