- Kommentar
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- Marlen Lauffer
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- 08.01.2014
Homöopathie – Eine Pseudowissenschaft auf Wasserbasis
„Homöopathie ist so, wie wenn man in Frankfurt einen Autoschlüssel in den Main wirft und in Würzburg versucht, mit dem Mainwasser das Fahrzeug zu starten.“ (Vince Ebert) Medizinstudentin Marlen Lauffer kommentiert zum Thema Homöopathie.
Foto: Thieme Verlag / Chris Meier
Seit einiger Zeit beobachte ich mit Unbehagen, wie die Homöopathie sich an unserer Uni und unter den Medizinstudenten immer größerer Beliebtheit erfreut und immer mehr Befürworter findet. Viel beunruhigender jedoch als die Tatsache, dass die Homöopathie langsam aber stetig Einzug ins Unileben findet, ist der Fakt, dass die meisten dieser Befürworter nicht wissen, was sie befürworten und auf Nachfrage auch nicht erklären können, was Homöopathie überhaupt ist. „Wer heilt hat recht!“, bekomme ich dann auf meine Nachfragen zu hören. Doch worin diese Heilung besteht und was sie tatsächlich bewirkt hat, das kann mir nicht erklärt werden. Stattdessen sitze ich in der Vorlesung und muss mir von Ärzten, die sich auf Aidspatienten spezialisiert haben, erklären lassen, dass sie von Homöopathie und ihrer Wirkung überzeugt sind. Ich muss sehen, wie Kommilitonen regelmäßig zum Homöopathen gehen, sich nach dem Studium noch homöopathisch ausbilden lassen wollen oder schon während des Studiums in homöopathischen Arbeitskreisen integriert sind. Ich sehe zu, wie immer mehr niedergelassene Ärzte genau diese Art der Pseudowissenschaft praktizieren und immer mehr Zuwanderer finden.
Dabei ist es doch sehr einfach, sich über Homöopathie zu informieren und sich eine differenzierte Meinung zu bilden. Es ist auch ohne großes chemisches oder biochemisches Verständnis leicht zu verstehen, wieso Homöopathie gar nicht wirken kann. Diese Tatsache wiederum führt dazu, dass ich große Zweifel an der Qualität der Ärzte hege, die Homöopathie praktizieren. Daraus schließe ich, dass diese entweder kein Verständnis für chemische Prozesse und die Vorgänge in unserem Körper haben, oder aber sich nicht mit dem auseinandersetzen, was sie ihren Patienten verschreiben. Beides für sich gesehen ist schon beunruhigend genug.
Als Samuel Hahnemann, der heute allgemein als Begründer der Homöopathie gilt, vor rund 200 Jahren diesen Zweig der Komplementärmedizin ins Leben rief, steckte die Schulmedizin noch in ihren Kinderschuhen und war mehr gefährlich als hilfreich. Eine Alternative, die sehr harmlos war, zwar keine Wirkung, aber auch keine Nebenwirkungen besaß, war deshalb genau das Richtige, um der Schulmedizin entgegen zu halten. Doch 200 Jahre später hat sich die Medizin weiterentwickelt. Sie hat einen hohen Standard erreicht, mit Wirkstoffen, deren Wirkungsweisen bekannt sind und mit Techniken, die minimal-invasive Eingriffe ermöglichen. Die Homöopathie hingegen ist stehen geblieben, sie lebt noch nach ihren ursprünglichen Prinzipien und kann keine Wirksamkeit nachweisen, die über einen Placeboeffekt hinausgeht. Viel mehr noch, die Nichtwirksamkeit der homöopathischen Mittel ist vielfach in Studien gezeigt worden. Diese werden jedoch von den Homöopathen angekreidet und nicht anerkannt. Die Homöopathie hält den modernen Prinzipien der Medizin, der Evidence Based Medicine, nicht stand.
Die bekanntesten Argumente gegen die Homöopathie sind immer noch die einschlägigsten und zugleich am leichtesten zu verstehenden. Hierbei sollte jedem deutlich werden, wieso Homöopathie nicht wirken kann, selbst, wenn man nicht aus dem medizinischen Bereich kommt.
Die Homöopathie arbeitet mit dem Prinzip der Ähnlichkeit, sie behauptet, das ein Wirkstoff, der in Patient A Kopfschmerzen im gesunden Zustand auslöst, genau diese Kopfschmerzen in Patient A bekämpfen kann, wenn er an ihnen leidet. Dies ist eine sehr ungewöhnliche Annahme und widerspricht dem, was wir eigentlich denken würden. Wieso sollte eine Substanz, die Kopfschmerzen im gesunden Zustand auslöst, nicht noch stärkere Kopfschmerzen im kranken Zustand verursachen? Schließlich gibt man einem Patienten mit Bradykardie nicht noch zusätzlich Beta-Blocker.
Um genau dies zu verhindern – man möchte den Patienten ja nicht noch kränker machen – greifen die Homöopathen auf starke Verdünnungen zurück, im Fachjargon auch Potenzierung genannt. Sie glauben, je mehr eine bestimmte Substanz, also ein Wirkstoff, verdünnt wird, desto wirksamer wird er. Das führt dazu, dass viele der verschriebenen bzw. erhältlichen Homöopathika nachweislich keinerlei wirksame Moleküle mehr enthalten. Man ahnt wohin das ganze führt: Globuli sind nicht mehr als Zuckerkügelchen, eingesprüht mit einer Alkohollösung bzw. flüssige Homöopathika sind reine Alkohollösungen – aber Alkohol an sich hat bis dato ja schon viele Probleme gelöst. Besser so, denn wer möchte schon Stoffe wie Arsen und Silicium in reiner Form zu sich nehmen und sich damit gar noch vergiften?
Wirkstoffmoleküle sind in den Augen der Homöopathen aber gar nicht notwendig, denn die Wirkung von Homöopathika führen Homöopathen auf die Fähigkeit der Informationsspeicherung von Wasserstoffbrückenbindungen zurück. Sie behaupten, dass durch das Zuführen der Wirksubstanzen und das Schütteln der entsprechenden Verdünnungen die Information vom Wirkstoff auf das Wasser übertragen werden kann und sich die Wasserstoffbrückenbindungen verändern – Wasser, so meinen die Homöopathen, hat ein Gedächtnis. Und sie haben sogar recht! Wasserstoffbrücken ändern sich tatsächlich, so circa alle 0,000000000001 – 0,00000000002 Sekunden, und das total unabhängig vom Wirkstoff und auch schon alleine in reinem Wasser. Das mit dem Gedächtnis scheint also nur von kurzer Dauer zu sein und das ist wohl das Beste, denn wer will schon all die Antibiotika, Chemotherapeutika und sonstigen Medikamente zu sich nehmen, die jeden Tag von Patienten eingenommen werden und dann ja zweifelsfrei durch das Wasser übertragen werden würden, das bei uns aus dem Wasserhahn kommt?
Ein weiterer schwerer Kritikpunkt an der Homöopathie ist die Art und Weise, wie neue Wirkstoffe gefunden werden. Unter dem Begriff „Proofing“ verstehen die Homöopathen ihre Methode, neue Medikamente zu testen. Hierbei erhält eine kleine Gruppe – circa 20 Freiwillige – ein bestimmtes homöopathisches Mittel über einen definierten Zeitraum. Während dieser Zeit müssen die Probanden genau notieren, wie sie sich fühlen, ob Symptome, und gar welche, auftreten. Diese Notizen werden anschließend ausgewertet und aus den gefundenen Symptomen Anwendungsweisen für das neue Medikament abgeleitet. Von randomisierten, doppelverblindeten Studien halten die Homoöpathen nichts, in ihren Augen sei dies eine ungeeignete Methode die Wirksamkeit eines Medikaments nachzuweisen.
Homöopathen schimpfen gerne über die Medizin und die dahintersteckende, ach so böse Pharmaindustrie. Diese möchte angeblich nur ihre Zwecke verfolgen und den Patienten unnötige Medikamente andrehen. Sicher, über die Pharmaindustrie lässt sich streiten und Publication Bias ist eines der großen Probleme der modernen Medizin, doch wer stellt eigentlich homöopathische Medikamente her? Gibt es hier keine Industrie, die ihre Produkte an den Mann bzw. die Frau bringen möchte? Doch, die gibt es, und auch sie verfolgt wirtschaftliche Interessen.
Es ist also nur zu hoffen, dass die Universitäten bzw. die Medizinstudierenden erkennen, worum es sich bei Homöopathie wirklich handelt. Dass sie intelligent und kritisch genug sind, sich mit diesem Thema zu befassen und logische Schlüsse zu ziehen und sich dann für die bestmögliche Therapie für ihre zukünftigen Patienten entscheiden.
Zur Autorin:
Marlen Lauffer ist Medizinstudentin an der TU München. Zurzeit schreibt sie an ihrer Doktorarbeit. Die Idee zu diesem Artikel kam ihr, als ihr auffiel, dass immer mehr Kommilitonen und Ärzte sich der Homöopathie zuwenden – und dabei wohl nicht genau über diese alternative Heilmethode bescheid wissen.
Homöopathie – Wahrheit oder Mythos, Quacksalberei oder Medizin?
Lese hier die Meinung von Medizinstudentin Alexandra Schmidt, die sich dafür ausspricht, die Schulmedizin mit der Homöopathie in Kombination anzuwenden:
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