- Kurs
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- C. Pedain und J. Herrero Garcia
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- 17.12.2013
Online Kurs Gynäkologie Fall 2: Sekundäre Amenorrhoe und Galaktorrhoe
Fall 31 aus dem Fallbuch Gynäkologie: 19-jährige Patientin mit sekundärer Amenorrhoe und Galaktorrhoe
In Ihrer Praxis stellt sich eine 19-jährige Patientin wegen einer seit 4 Monaten bestehenden, sekundären Amenorrhoe vor. Die Patientin berichtet Ihnen, dass der Zyklus eigentlich immer sehr regelmäßig gewesen sei (28/4 Tage, Menarche 14. Lebensjahr). Erwähnenswerte Vorerkrankungen oder Operationen hatte die Patientin nicht, eine regelmäßige Medikamenteneinnahme verneint die junge Frau. Mehrere Schwangerschaftstests habe sie bereits durchgeführt, alle seien negativ gewesen.
Bei der Untersuchung der Brust fällt Ihnen auf, dass bei Druck auf den retroareolären Bereich ein milchiges Sekret aus der Mamille austritt, ansonsten ist die gynäkologische Untersuchung unauffällig. Die Patientin berichtet außerdem über Sehstörungen "wie Scheuklappen" und Kopfschmerzen.
Fragen:
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1. Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose bezüglich der Ursache der Amenorrhoe und wie lässt sich diese Verdachtsdiagnose sichern?
- Hyperprolaktinämische (Galaktorrhoe!) Amenorrhoe, wahrscheinlich verursacht durch ein Prolaktinom: sekundäre Amenorrhoe, Galaktorrhoe, Sehstörungen
- Sicherung der Diagnose: Prolaktinspiegel im Serum ↑, FSH und LH ↓, MRT der Sella turcica (hypophysärer Tumor?), Gesichtsfelduntersuchung
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2. Erklären Sie der Patientin den pathophysiologischen Zusammenhang zwischen der bei ihr vermutlich vorliegenden Erkrankung und der Amenorrhoe.
Prolaktin hemmt die hypothalamische GnRH-Sekretion, dadurch wird die pulsatile Freisetzung von FSH und LH aus der Hypophyse gehemmt (= hypogonadotroper Hypogonadismus). Es resultiert eine ovarielle Funktionsstörung mit Follikelreifungsstörung und Anovulation.
Nach 1 Woche stellt sich die Patientin erneut zur Befundbesprechung in Ihrer Sprechstunde vor, den Befund der zwischenzeitlich durch geführten Untersuchung zeigt die Abbildung (s. Abb).
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3. Welche Therapie schlagen Sie der Patientin vor?
- Die Abbildung zeigt ein Makroadenom der Hypophyse, in Verbindung mit der Anamnese (Amenorrhoe und Galaktorrhoe) handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Prolaktinom.
- Medikamentöse Therapie mit Dopaminagonisten; auch bei Patientinnen mit großen Prolaktinomen und Gesichtsfeldeinschränkungen als Primärtherapie möglich (z.B. Cabergolin [Dostinex] 2x 0,5mg/Woche p.o.).
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4. An welche möglichen Ursachen müssen Sie differenzialdiagnostisch bei einer Hyperprolaktinämie denken?
- Körperlicher und seelischer Stress
- Medikamente: z.B. Amitryptilin, Imipramin, Haloperidol, Metoclopramid, a-Methyldopa, Reserpin, Cimetidin usw.
- Endokrinopathien: Hypothyreose (Frage 31.5), Morbus Cushing, Akromegalie
- Erkrankungen der Hypophyse: Prolaktinproduzierendes Hypophysenadenom (= Prolaktinom), Hypersekretion der laktotropen Zellen, nicht endokrin aktive Tumoren der Hypophyse
- Allgemeinerkrankungen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen
- Erkrankungen des Hypothalamus: Enzephalitis, Meningitis, Kraniopharyngeom, Meningeome, Granulome oder Zysten im Bereich des 3. Ventrikels
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5. Kann eine Hypothyreose Ursache einer sekundären Amenorrhoe sein und wenn ja, wie erklärt sich der Zusammenhang?
Ja. Bei einer Hypothyreose ist der TRH-Spiegel erhöht, dadurch Stimulation der Prolaktinausschüttung (deshalb immer Ausschluss einer Hypothyreose bei sekundärer Amenorrhoe!).
Kommentar zum zweiten Fall
Die Fälle im Online-Kurs Gynäkologie
Fall 1: Beurteilung von Plazenta und Nabelschnur
Fall 2: Sekundäre Amenorrhoe und Galaktorrhoe
Fall 3: Schwangere mit Ulzera im Genitalbereich
Fall 4: Verstärkte Blutung in der Nachgeburtsperiode
Fall 5: Ovarialzyste