- Praxisanleitung
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- Dr. med. Horst Gross
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- 02.09.2014
Druck, lass nach!
Verursacht ein Aszites Beschwerden, sollte er baldmöglichst abgelassen werden. Doch Vorsicht: Wer dabei zu rabiat vorgeht, riskiert hämodynamische Probleme.
Freie Flüssigkeit im Bauchraum ist per se nicht pathologisch. Etwa 60–80 ml trägt jeder Mensch zwischen viszeralem und parietalem Peritoneum mit sich herum. Auch wenn diese Menge z. B. aufgrund einer Rechtsherzinsuffizienz oder Leberzirrhose ansteigt, muss man nicht sofort zur Punktionsnadel greifen. Anders sieht das aus, wenn der Patient Beschwerden wie Luftnot bekommt. Dann sollte das „Bauchwasser“ entfernt werden. Ein weiterer Anlass für eine Punktion ist, wenn man diagnostisches Material fürs Labor oder für eine mikrobiologische Untersuchung braucht.
Ready, steady ... Set
Bevor man mit der Punktion beginnt, sollte man die Kontraindikationen beachten (Kasten) und die Einwilligung des Patienten einholen. Anschließend besorgt man sich das benötigte Material. In den meisten Kliniken gibt es sterile Sets, die für Pleura- und Aszitespunktion verwendet werden können (Abb. 1). Ihr Nachteil: Die enthaltene dicke Metallkanüle, die bei der Pleurapunktion gute Dienste leistet, ist für die Aszitespunktion zu traumatisch. Am besten tauscht man sie gegen eine dicklumige Braunüle aus. Deren Metallführung kann nach der Platzierung entfernt werden, und die zurückbleibende Plastikkanüle richtet im Abdomen keinen Schaden an. Möchte man nur ein wenig Aszites für die Diagnostik gewinnen, reicht eine längere Nadel und eine Spritze.
Wo reinstechen?
Der Patient wird auf den Rücken gelagert, damit der Darm nicht gegen die Bauchwand drückt. Um beim Stich die dicken Blutgefäße der Bauchwand nicht zu verletzen, empfehlen sich zwei Punktionsstellen (Abb. 2). Entweder man geht in der Mitte zwischen Bauchnabel und Symphyse durch oder man wählt den lateralen Zugang. Dazu denkt man sich eine Verbindungslinie zwischen Bauchnabel und Spina iliaca anterior superior. Die Punktionsstelle ist dann am Anfang des lateralen Drittels dieser Linie. Punktiert wird üblicherweise links, da hier mit den wenigsten Verwachsungen zu rechnen ist. Hat man sich für eine Einstichstelle entschieden, überprüft man diese am besten noch per Ultraschall. So lassen sich mögliche Verwachsungen umgehen (Abb. 3). Ist der Punktionsort perfekt, wird er desinfiziert und steril abgedeckt.
Lokalanästhesie nicht vergessen!
Die relativ dicke Nadel macht die Punktion für den Patienten unangenehm, da auch das sehr empfindliche Peritoneum gereizt wird. Eine Lokalanästhesie ist also angebracht (Abb. 4). Bis diese wirkt, kann man in sterile Handschuhe schlüpfen und das Punktionsset zurechtlegen. Einen sterilen Kittel braucht man nicht. Eine Schutzbrille dagegen ist sinnvoll, denn Aszites kann hoch infektiös sein (Hepatitis!).
Ab durch die Bauchdecke
Ist der Patient schmerzfrei, wird die Punktionskanüle senkrecht auf die Haut aufgesetzt und unter Aspiration ins Peritoneum geschoben, bis Aszites erscheint. Dann wird die Metallführung der Braunüle entfernt und das Schlauchsystem angeschlossen (Abb. 5 und 6). Dreht man den Dreiwegehahn auf Ablauf, läuft der Aszites durch den intraabdominellen Druck meist von selbst ab. Man kann aber auch mit der Spritze nachhelfen (Abb. 7). Ist die Spritze voll, wird der Hahn so gedreht, dass der Aszites in den Ablaufbeutel „gepumpt“ werden kann. Und dann geht es wieder von vorne los. Oft kommt schon bald trotz Spritzensog keine Flüssigkeit mehr. Dann hat wahrscheinlich eine Darmschlinge die Öffnung der Kanüle verlegt. In diesem Fall einfach die Kanüle fächerförmig hin und her bewegen, bis sich wieder Aszites aspirieren lässt. Da dieses Manöver meist mehrfach notwendig ist, fixiert man die Kanüle nicht mit dem Pflaster, sondern hält sie mit der Hand fest.
In der Regel reichen etwa 4 l Entlastung aus, um dem Patienten Linderung zu verschaffen. Viel mehr sollte man auch nicht ablassen, denn aufgrund der Volumenverschiebungen im Abdomen sind Kreislaufprobleme möglich. Außerdem sammelt sich der Aszites umso schneller wieder an, je mehr man abgelassen hat.
Aszites fürs Röhrchen
Ist ausreichend Aszites abgelaufen, wird der Ablassschlauch des Beutels verknotet, um eine Kontamination mit der Aszitesflüssigkeit zu vermeiden (Abb. 8). Damit ist die Punktion aber noch nicht beendet! Denn eine Spritzenfüllung mit Aszites muss noch in ein Laborröhrchen umgefüllt und beiseitegelegt werden (Abb. 9). Schließlich wird das verwendete Material inklusive Abflussbeutel im Sondermüll entsorgt. Die Punktionsstelle versorgt man mit einem kleinen Pflaster.
Um hämodynamische Reaktionen auszuschließen, muss der Kreislauf nach der Punktion für mehrere Stunden überwacht werden. Da es auch zu Flüssigkeits- und Elektrolytverschiebungen kommt, ist eine Laborkontrolle etwa nach 24 Stunden sinnvoll. Zur Sicherheit macht man gleich eine Hb-Kontrolle mit.
Der entlastende Effekt einer Aszitespunktion hält leider nicht lange an. Rezidive sind die Regel. Allerdings kann man sie medikamentös hinauszögern. Deshalb gehört zu jeder Entlastungspunktion auch der kritische Blick auf die Medikation. Ist die Diuretikatherapie wirklich optimal eingestellt? Eine entsprechende Korrektur hilft, den Patienten wesentlich länger beschwerdefrei zuhalten.
Relative Kontraindikationen für AszitespunktionEin Erguss im Bauchraum sollte möglichst nicht punktiert werden bei ...
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