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- Lea Charlotte Bauer
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- 28.03.2023
Frisch an den Tisch - das erste Mal im OP
Früher oder später müssen alle Medizinstudierenden in den OP. Vielen gruselt es davor: Sie haben Angst, dass ihr Kreislauf versagt, sie das sterile Feld verletzen könnten oder einen fiesen Spruch des OP Personals abbekommen. Der OP ist eine Welt für sich im Medizinkosmos. Damit du den Einstieg gut meisterst und sogar genießen kannst, hier ein paar Tipps, die mir bei den ersten OP Tagen geholfen haben.
1. Suche dir einen guten Operateur/eine gute Operateurin und eine spannende OP aus
Wenn du die Möglichkeit hast, suche dir eine*n sympathischen Operateur*in sowie einen Fachbereich aus, der dich interessiert. Sprich vorher deine Bedenken an und sag Bescheid, dass dies dein erstes Mal im OP ist. Die meisten haben dafür Verständnis und führen dich langsam an die ganze Sache ran.
Auch musst du nicht direkt steril eingewaschen am Tisch stehen, du kannst zu Anfang die OP aus sicherer Entfernung am Kopf des Patienten neben der Anästhesie verfolgen, bis du dich an die Situation gewöhnt hast und die Nerven nicht mehr blank liegen.
2. Die Grundlagen sind wie im Präpkurs
Meiner Meinung nach ist eine gute Einstellung: der OP ähnelt dem Präpsaal. Es wird geschnitten, und dies nur an der Operationsstelle. Der Rest des Körpers ist mit sterilen Tüchern abgedeckt. Fokussiere dich am besten auf die Operation an sich, welche Schnitte gemacht werden, welches Gewebe durchtrennt wird und an welchen anatomischen Strukturen sich der Operateur orientiert. Im Gegensatz zum Präpkurs blutet der Patient, jedoch werden die Blutungen schnell und effizient durch den Kauter, ein Elektroskalpell, gestillt. Und, wer hätte es gedacht, tatsächlich ist der Mensch auch so aufgebaut wie damals im Präpsaal: Haut, Fettgewebe, Muskeln. Nur dieses Mal ist dies alles ein bisschen bunter!
3. Vorstellen, vorstellen, vorstellen
Das Operationsteam besteht aus so vielen verschiedenen Fachrichtungen und Berufsgruppen, die alle entscheidend für die ideale Patientenversorgung sind. Gerade die operationstechnischen Assistenten können dich bei deinen ersten Schritten im OP anleiten und dir zeigen, wie man sich vor der Operation desinfiziert und steril ankleidet. Damit auch alle einen Namen dem Gesicht zwischen Haube und Mundschutz zuordnen können, stellst du dich am besten direkt am Anfang allen Anwesenden vor.
4. Bereite dich vor
Mir hat geholfen, mich mit dem Inhalt und dem Vorgehen während der Operation im Voraus auseinanderzusetzen. Hier hilft am Vortag ein Blick auf den OP Plan, um zu schauen, in welchen OPs du eingeteilt bist oder welche dich interessieren. Auf Youtube kannst du eine Vielzahl von Operationen verfolgen. Mir hat dies das Gefühl gegeben, die Operation schon einmal gesehen zu haben und somit ein gewisses Sicherheitsgefühl zu haben, nicht in eine vollkommen unbekannte Situation und kaltes Wasser geworfen zu werden.
5. Alles was grün ist, ist steril
Das wichtigste Gesetz im OP lautet: das sterile Feld nicht verletzten! Um alle grün abgedeckten Tische mit Instrumenten und alle in grünen Kittel eingekleideten Personen ist ein großer Bogen zu machen, solange man nicht selbst steril eingekleidet ist. Ansonsten gilt: nach dem Einwaschen Hände auf Höhe der Ellenbogen weg vom Körper und den unsterilen OP Kasaks, nach dem sterilen Ankleiden Hände an den Körper. Wenn du dich nicht einwäschst, suche dir am besten eine ruhige Ecke, wo du einen guten Blick auf das OP Feld hast oder stell dich an den Kopf des Patienten zu den Anästhesisten, von dort kannst du die Operation über dem sterilen Tuch verfolgen.
6. Essen und Trinken nicht vergessen, auch am Tag vorher
Damit dein Kreislauf das lange Stehen gepaart mit Aufregung auch durchhält, ist es super wichtig, am Morgen ordentlich zu frühstücken. Ich mag morgens auch nichts Großen essen, aber mit einer Schüssel Haferflocken im Bauch steht es sich länger und sicherer am Tisch. Auch ist ausreichend Trinken super wichtig, damit der Blutdruck nicht zu schnell absinkt. Zusätzlich ist es hilfreich, eine kleine Tasche mit einem Snack und einer Flasche Wasser in der OP Umkleide zu lassen oder im Pausenraum zu deponieren, um sich zwischen Operationen zu stärken.
7. Kompressionsstrümpfe helfen
Das nicht ganz so gut gehütete Geheimnis: Kompressionsstrümpfe! Diese fördern den Rücktransport des Bluts aus den Beinen, welches dort bei langem Stehen gerne mal versackt. Für mich sind diese ein absolutes Muss, sowohl in Famulatur als auch Blockpraktikum Chirurgie.
8. Und trotz bester Vorbereitung ist manchmal einfach der Kreislauf weg
Und das ist in Ordnung, dies passiert den erfahrensten Operateuren. Es ist nur wichtig, dies zu merken, jemandem Bescheid zu sagen und vom Tisch abzutreten. Wenn es warm wird und du anfängst, Sterne zu sehen, ist dies das erste Warnzeichen. Setz dich einfach so schnell wie möglich hin und leg die Beine hoch, dann reguliert sich der Kreislauf meist von selbst wieder.
9. Wenn du sitzen kannst, sitz!
Einige Operationen ziehen sich über mehrere Stunden. Wenn du nicht steril eingewaschen am Tisch stehst, suche dir einen freien Hocker, einen Tritt oder Ähnliches und setz dich hin. Meist sieht man dann ebenfalls genug, dem Kreislaufkollaps ist vorgesorgt und man kann der Operation besser folgen.
10. Genieß es!
Sobald die Nerven nicht mehr ganz blank liegen, kannst du dich komplett auf die Operation und den Körper vor dir konzentrieren. Die Farben der verschiedenen Gewebearten schillern dir entgegen, laparoskopisch kannst du einen Blick in die Bauchhöhle werfen und den lebendigen Körper bei der Arbeit zusehen oder vielleicht sogar ein Organ nach Entfernung in der Hand halten.
Lass dir solche großartigen Momente nicht entgehen, es lohnt sich! Viel Spaß im OP!