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  • Melanie Poloczek
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  • 10.01.2023

Doktorarbeit verteidigen: Der letzte Schritt zum Dr. med.

Was lange währt, wird endlich gut: Deine Doktorarbeit wurde begutachtet und anerkannt, jetzt muss sie noch verteidigt werden. Wie du diesen letzten Schritt in Richtung Doktortitel erfolgreich meisterst, erfährst du in diesem Artikel.

 

 

Promovieren mag sich anfühlen wie eine Lebensaufgabe. Nachdem die Etappen Laborphase und Schreibphase bereits hinter dir liegen, geht es in diesem Beitrag um deinen letzten Schritt in Richtung Dr. med. – die Verteidigung deiner Promotion.

 

Was bedeutet Verteidigung überhaupt?


Die Doktorarbeit verteidigen – das klingt nach einer hitzigen Diskussion, in der du Gegenargumente von Prüfern um Leben und Tod entkräften musst, damit dein mühsam erarbeiteter Doktortitel nicht im Handumdrehen vernichtet wird. Die Realität sieht zum Glück nicht ganz so stürmisch aus, im Gegenteil. Die Disputation ist eine wenig aufbrausende Veranstaltung, bei der du deine Arbeit erst präsentierst, um im Anschluss ein paar Fragen zu beantworten.

Wie genau die Verteidigung abläuft, ist in der Promotionsordnung deiner Universität definiert. Im Regelfall dauert sie 45 bis 60 Minuten, wobei die erste Viertelstunde für deine Präsentation reserviert ist. In der Restzeit folgt dann das gemeinsame Fachgespräch. Dieses findet zwischen dir und deinen Gutachtern statt, also deinem Erst- und Zweitbetreuer. Es handelt sich bei der Verteidigung zwar um eine öffentliche Veranstaltung (jeder darf zusehen), im Regelfall sind aber nur diejenigen anwesend, die explizit eingeladen wurden. In Ausnahmefällen, etwa, wenn die Bestnote „summa cum laude“ vergeben werden soll, kann das Prüfungskomitee etwas größer ausfallen.

 

Organisation der Verteidigung


Vor dem großen Tag sind - wie auf allen Etappen der Promotion - noch einige organisatorische Hürden zu bewältigen. Zunächst muss ein Termin gefunden werden, mit dem alle Prüfer einverstanden sind. Diese Terminvereinbarung ist, je nach Erreichbarkeit und Flexibilität der Prüfenden, gar nicht mal so einfach. Am besten schlägst du allen Prüfern konkrete Zeiträume vor, in denen du selbst zeitlich flexibel bist. Vorab solltest du abwägen, wieviel Vorbereitungszeit nötig oder realistisch ist – zu lange aufschieben möchtest du die Verteidigung sicherlich nicht, möglichst gut vorbereitet sein sicherlich trotzdem.
Ich selbst habe mit meinen Prüfern einen recht kurzfristigen Verteidigungstermin vereinbart, wodurch mir eine knappe Woche Vorbereitungszeit blieb. Das habe ich in Kauf genommen, um die Prüfung noch vor dem nächsten PJ-Tertial und einem damit einhergehendem Umzug zu realisieren. Da ich in der Vergangenheit bereits mehrere Vorträge über meine Arbeit gehalten habe, musste ich die Präsentation für die Verteidigung nicht gänzlich neu erstellen. Falls du nicht auf vorhandene Folien zurückgreifen kannst oder mehr Sicherheit durch mehr Vorbereitungszeit gewinnen willst, solltest du das bei deiner Terminwahl entsprechend berücksichtigen.

Noch eine kurze Anmerkung zum Ort der Verteidigung: Je nach Universität und Arbeitsgruppe muss eine geeignete Räumlichkeit durch den Doktoranden organisiert werden. Im Labor meines Doktorvaters stand beispielsweise kein Beamer zur Verfügung, weshalb ich eigenständig einen Vortragsraum in der Uniklinik buchen musste. Es ist auch ratsam, sich im Vorfeld mit der Technik vor Ort vertraut zu machen – einen fremden Beamer zum Laufen zu bringen, ist eine Wissenschaft für sich. Vielleicht besorgst du dir auch einen sogenannten „Presenter“ (kleine Fernbedienung mit Pointer und Knopf zum Folienblättern). So kannst du dich souverän und frei im Raum bewegen, ohne vor der Tastatur verharren zu müssen.
 

Dein Vortrag – Aufbau und Präsentation


Grundsätzlich gilt: In dem etwa 15-minütigen Vortrag sollst du nicht die gesamte Doktorarbeit präsentieren. Du solltest für deine Zuhörer kurz die Fragestellung herleiten, um anschließend die wichtigsten Ergebnisse vorzustellen, welche die Fragestellung in die ein oder andere Richtung beantworten. Dafür kann es sich anbieten, die ursprüngliche Reihenfolge der Doktorarbeit zu ändern. Du musst nicht chronologisch vorgehen, im Sinne von „Einleitung, Methodik, Ergebnisse, Diskussion“. Vielmehr bietet es sich an, Methodik, Ergebnisse und Diskussion zu verknüpfen, also parallel vorzustellen.

Hier der Reihe nach ein paar Tipps fürs Erstellen deiner Präsentation:

  • Die Einleitung des Vortrags dient nicht nur dem Herleiten der Fragestellung, sondern eignet sich auch prima zum Aufbau eines Spannungsbogens – wie der Trailer eines Films. Versuche also, die Einleitung möglichst ansprechend zu gestalten und dich dabei nicht zu sehr in Details zu verlieren.
  • Halte dich nicht zu lange daran auf, das Publikum mit einleitenden Fakten über ein Molekül oder Krankheitsbild zu überschütten - in der Regel sitzen fachkundige Personen vor dir, die mit der Materie vertraut sind. Fünfzehn Minuten sind wenig Zeit, die du hintenrum vor allem für den Vortrag deiner Promotionsergebnisse nutzen solltest.  
  • Fokussiere dich auf wirklich notwendiges Spezialwissen: Hast du ein bestimmtes Protein untersucht, oder eine neue Methode entwickelt? Kommt dessen Bezeichnng vielleicht sogar im Titel deiner Dissertation vor? Erkläre kurz, was es damit auf sich hat.
  • Verknüpfungen! Wieso hat es sich zum Beispiel angeboten, dieses eine Molekül für diese eine Erkrankung zu untersuchen? Damit leitest du gleichzeitig die Hypothese deiner Arbeit ein. Das heißt: Ende der Einleitung, Beginn der Ergebnispräsentation.
  • Präsentiere nur die wichtigsten Ergebnisse. Das heißt nicht, dass Experimente ohne „gewünschtes“ Ergebnis außenvorgelassen werden müssen – auch fehlende Signifikanzen sind Ergebnisse. Rein zeitlich ist es allerdings nicht möglich, auf jedes einzelne Ergebnis einzugehen, also wähle weise.
  • Falls du besondere Methoden verwendet hast, solltest du diese in wenigen Sätzen erläutern (am besten mit Bild zur Veranschaulichung). Direkt danach kannst du das jeweilige Ergebnis präsentieren. Standard-Methoden wie die PCR musst du selbstverständlich nicht erläutern.  
  • In der schriftlichen Arbeit hast du deine Ergebnisse diskutiert, also mit Daten und Schlüssen aus der Literatur verknüpft. Es ist sinnvoll, hie und da eine „Prise Diskussion“ in die Ergebnispräsentation einzuwerfen (Beispiel: „Unsere Knockdown-Zellen zeigen hier eine verminderte Invasivität. Die Reduktion der Invasivität wurde in der Vergangenheit auch für Darmkrebszellen nachgewiesen. Das zeigt uns, dass...“).
  • Grafiken sind Gold! Das gilt für den gesamten Vortrag. Packe nicht zu viele Stichpunkte oder gar lange Texte auf deine Folien. Veranschauliche die Ergebnisse lieber anhand deiner Grafiken. Das zwingt dich auch zum freien Sprechen. Besonders elegant sind zusammenfassende Grafiken, in denen Verknüpfungen zwischen den einzelnen Ergebnisteilen und gegebenenfalls auch der Literatur erkennbar sind. PowerPoint bietet viele Tools, mit denen solche Grafien erstellt werden können.
  • Füge am Ende eine Folie zum Ausblick ein: Welche Probleme sind bei der Arbeit aufgetreten? Was könnte man optimieren, woran könnte man mit weiteren Experimenten anknüpfen?
  • Wissenschaftliche Vorträge beinhalten Referenzen. Liste also am Ende analog zum Literaturverzeichnis diejenigen Paper auf, die du zur Erstellung der Folien benötigt hast. Auf den entsprechenden Folien selbst reicht ein kurzer Literaturverweis, damit die Folien nicht zu unübersichtlich werden.

 

Noch ein paar Worte zum Vortragen selbst:

 

  • Frei reden, den gesamten Vortrag lang! Zwar hängt das von den eigenen Nerven und Rhetorikkünsten ab, aber auch du wirst es schaffen, einen 15-minütigen Vortrag ohne Karteikarten zu halten. Wer unsicher ist, kann sich ein Notfall-Handout schreiben, das entfernt auf einem Tisch liegen bleibt. Zu Not könntest du dieses zur Hilfe nehmen – könntest.:-)
  • Übe deinen Vortrag vorher oft genug ein und stoppe die Zeit. Wenn’s zu lange dauert: Kürzen! Könnte die Einführung knapper sein? Hältst du dich an einer bestimmten Folie zu lange auf? Kompensiere die Überlänge nicht durch schnelleres Reden. Das wirkt hektisch und macht es dem Publikum schwer, dir zu folgen.

Am Ende der Vorbereitung sollten also stehen: Termin und Ort, die Präsentationsdatei (am besten doppelt gesichert, zum Beispiel auf einem USB-Stick und im Mail-Postfach hinterlegt) und natürlich der frei eingeübte Vortrag – bestenfalls so gut, dass du die Präsentation auch ohne Blick auf die Folien halten könntest. Denk an eine Flasche Wasser und habe sicherheitshalber ein ausgedrucktes Exemplar der Doktorarbeit dabei. Was die Kleiderwahl angeht, würde ich mich am mündlichen Physikum orientieren: Weder Abendgarderobe, noch Jogginghose. Hauptsache, du fühlst dich wohl darin.

 

Nach dem Vortrag: Diskussion und Fragerunde


Auf deine Präsentation werden Fragen der Prüfer folgen. Welche oder wie viele Fragen das sein werden, ist unvorhersehbar und prüferabhängig. In der Regel sind dir alle wohlgesonnen, und es ist wohl allgemein bekannt, dass Medizindoktoranden nicht an ihrer Verteidigung scheitern. So ist die Fragerunde viel mehr ein interessiertes Gespräch als ein Auseinandernehmen deiner Dissertation. Oft werden nicht nur Fragen gestellt, sondern auch Feedback oder Ideen für weitere Forschungen gegeben.

In Vorbereitung auf die Fragerunde kannst du deine Doktorarbeit kurz vor der Verteidigung noch einmal durchlesen oder zumindest überfliegen. Manche Prüfer nehmen Bezug auf die von dir zitierten Studien, oder du sollst ein Ergebnis (wie im Diskussionsteil deiner Arbeit) in den wissenschaftlichen Kontext einordnen.  
Du solltest auch grob über deine Methoden Bescheid wissen, also über die Versuchsprinzipien. Selbstverständlich musst du keine Pipettierangaben parat haben, solltest aber wissen, warum du Versuch X gemacht hast bzw. was der Versuch auf welche Weise zeigen sollte. Sehr spezielle Versuche oder Materialien, oder gar eigens entwickelte Methoden, solltest du detailliert erläutern können.

Aller Vorbereitung zum Trotz, wirst du vielleicht die ein oder andere Frage einfach nicht beantworten können. Versuche dann, dir eine Antwort nach den Regeln der Logik herzuleiten und lass die Prüfer an deinen Gedankengängen teilhaben (die längst verdrängten Anatomie-Testate lassen grüßen). Oder gib offen und ehrlich zu, dass du keinen blassen Schimmer hast. Die meisten Fragen wirst du trotzdem beantworten können, garantiert!

Letztendlich entscheidet deine Antwortfähigkeit viel mehr über die Note als über das Bestehen. Für viele hat die Note der Dissertation ohnehin keine Relevanz, weshalb erst recht Gelassenheit angezeigt ist. Damit einher geht auch die Motivation hinter dem Doktortitel: Wer auch später Forschung und Karriere machen will, wird tendenziell auch knifflige Fragen (zu einer tendenziell kniffligen Doktorarbeit) beantworten können. Wer das Projekt Doktorarbeit einfach nur noch abschließen will, der wird die wesentlichen Fragen zur Datensammlung beantworten können und die Verteidigung bestehen.

Und zum Schluss, halte dir immer vor Augen: DU bist der Experte, denn es ist DEINE Doktorarbeit. Zwar wirst du von hochkarätigem Publikum geprüft, aber niemand (und vermutlich niemand auf der ganzen Welt) hat sich so sehr mit diesem einen Nischenthema befasst wie du. Du warst die Person, die im Labor und vor dem Computer gesessen, Paper zusammengetragen und ein Fass voll Disziplin aufgebracht hat. Die Verteidigung ist nur die Spitze des Eisberges, und die erklimmst du auch noch – mit Links!

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