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  • Melanie Poloczek
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  • 30.06.2022

Medizinische Doktorarbeit: Tipps für die Schreibphase

Das Labor liegt endlich hinter dir, doch vor dir liegt ein Haufen Daten. Damit der Weg zum gedruckten Exemplar nicht in der Sackgasse endet und die Doktorarbeit zur Lebensaufgabe wird, gibt es in diesem Artikel Tipps zum Schreiben deiner Promotion.

 

Vor einer Weile habe ich meine Doktorarbeit abgegeben. Der Weg zum ausgedruckten Exemplar war gar nicht mal so leicht, denn nach Abschluss meines Freisemesters rückte erst einmal der Studienalltag wieder in den Vordergrund. Über meinen Weg zur experimentellen Doktorarbeit und den Ablauf der Laborphase habe ich bereits an anderer Stelle berichtet. Nun soll es um das eigentliche Schreiben der Arbeit gehen, denn gesammelte Daten allein machen noch lange keine Dissertation. Selbstverständlich gibt es mehr als eine (in meinem Fall sehr strukturierte) Herangehensweise an das Schreiben einer Doktorarbeit. Dieser Artikel soll also keine Anleitung sein, sondern viel mehr eine Inspiration.

Bevor du wild drauflosschreibst, ist es hilfreich, ein paar Vorkehrungen zu treffen. Dadurch umgehst du böse Überraschungen – und stellst nicht nach dreißig Seiten fest, dass deinem Text der rote Faden fehlt.
 

Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht

Sicherlich kennst du Medizinstudierende, die vor Ewigkeiten ihre Doktorarbeiten begonnen haben, aber einfach nicht zum Ende kommen. Einige warten auf den richtigen Schreib-Zeitpunkt, aber den gibt es nicht. Eine Doktorarbeit ist ein Marathon, kein Sprint. Es ist in den meisten Fällen gar nicht nötig, sich für das Schreiben ein (weiteres) Freisemester zu nehmen, oder das Schreiben auf das PJ oder die Zeit nach dem Examen zu vertagen. Denn je weiter das Datensammeln in die Ferne rückt, desto mühsamer wird es sein, sich wieder in die Thematik reinzufuchsen. Wahrscheinlich wirst du die Arbeit zeitweise parallel zu Klausuren oder Famulaturen schreiben müssen, das ist okay. Du musst nicht täglich drei Stunden mit deiner Doktorarbeit verbringen, manchmal reicht es schon, drei Abstracts zu überfliegen oder den einen Fehler in der Ergebnis-Grafik auszubessern. Wichtig ist nur, dass du am Ball bleibst.
 

Die richtige Ausstattung

Für das Rezept Doktorarbeit brauchst du wenige Zutaten: Ein Schreibprogramm, ein Literaturverwaltungsprogramm, ein Datenverwaltungsprogramm und gegebenenfalls noch eine Statistikanwendung. Ich habe meine Arbeit mit „Microsoft Word“ geschrieben, das die meisten Unis zur Verfügung stellen. Gegenüber herstellereigenen Anwendungen wie „Pages“ von Apple bietet es bedeutend mehr Gestaltungsmöglichkeiten und lässt sich auch mit Literaturverwaltungsprogrammen verknüpfen. Informatikliebhaber benutzen auch gerne „LaTeX“, ich wollte mich allerdings nicht in eine, wenn auch simple, Programmiersprache einarbeiten müssen.
In einem Literaturverwaltungsprogramm wie „Mendeley“ hinterlegst du alle Paper für deine Doktorarbeit, das sind in der Regel über hundert Stück. Hier kannst du markieren und annotieren, aber auch den Zitierstil einstellen und über ein Tool kinderleicht die entsprechenden Paper im Fließtext deines Schreibprogrammes zitieren.
Ein Datenverwaltungsprogramm (zum Beispiel „Excel“ oder „SPSS“) hast du wahrscheinlich schon vor der Schreibphase benötigt, und statistisch überprüft hast du deine Daten vermutlich auch schon. Du kannst diese Programme auch nutzen, um die Grafiken für den Ergebnisteil der Arbeit zu erstellen.
 

Nach den Regeln schreiben

Überfliege unbedingt die unieigene bzw. fakultätsinterne Promotionsordnung, bevor du loslegst. Hier wird vielleicht ein spezieller Zitierstil gefordert, oder der nötige Umfang der Arbeit präzisiert. Um ein Gefühl für Doktorarbeiten zu bekommen – denn, Hand aufs Herz, wer hat vor seiner eigenen Doktorandenzeit schon einmal eine Doktorarbeit vor der Nase gehabt? – kannst du dir alte Doktorarbeiten von deinen Vorgängern (gleicher Doktorvater) ansehen. Diese findest du in deiner Unibibliothek. Du wirst merken, dass die meisten Doktorarbeiten ähnlich strukturiert sind, außerdem wird es im Methodenteil Überschneidungen zu deiner eigenen Arbeit geben, denn: Gleiche Arbeitsgruppe, gleiche Geräte, ähnliche Experimente.
 

Einen Plan haben

Ich habe parallel zum Schreiben eine Art To-Do-Liste in Excel geführt, mit Mappen für jeden Teil der Arbeit. Das hat mir die Übersicht erleichtert und ein Zettelchaos erspart. Unerledigte Aufgaben habe ich dort immer direkt notiert, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Ständig fielen mir Dinge ein, die ich noch einfügen könnte oder verbessern müsste – blöd also, wenn sich der Einfall eine halbe Stunde später in Luft aufgelöst hat, ohne notiert worden zu sein.

 

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Vorarbeit hin oder her, irgendwann steht das große Schreiben bevor. Das eigentliche Schreiben und Überarbeiten wird den größten Teil deiner Zeit beanspruchen, zögere den Schreibstart also nicht zu weit hinaus. Vielleicht hast du das Schreiben deiner Doktorarbeit wie viele von uns möglichst auf die lange Bank geschoben – das Schreiben wird dir aber leichter von der Hand fallen, sobald du erst einmal im Schreibfluss bist.  

Es ist ratsam, nicht mit dem Schreiben der Einleitung zu beginnen. Vielmehr bietet es sich an, mit dem Methodenteil und den Ergebnissen zu beginnen, danach die Diskussion zu schreiben und die Einleitung ganz zum Schluss anzufertigen. Dazu im Folgenden mehr.  
 

Der Methodenteil

Wie im ersten Artikel geschildert, hast du den Methodenteil im Idealfall bereits während deiner Laborphase geschrieben. Zu dem Zeitpunkt sind dir die Versuche noch präsent und das Laborbuch griffbereit. Regelmäßiges Dokumentieren der Materialien samt Herstellerangaben erspart dir außerdem, im Nachhinein das Labor auf den Kopf stellen zu müssen.  


Der Ergebnis-Teil

Das Fundament des Ergebnisteils ist nicht der Text, sondern die Grafiken. Ich habe meine Abbildungen zeitnah zu den Experimenten erstellt, weil ich sie ohnehin schon für Poster und Präsentationen benötigt habe. In der Regel habe ich Excel verwendet, wobei man mit etwas Aufwand tatsächlich schlichte, professionelle Diagramme erstellen kann. Verwende nach Möglichkeit nicht die grün-blau-roten Standardfarbpaletten, die dich sofort als Laien outen. Beim Durchsehen deiner gesammelten Paper wirst du sicherlich bemerkt haben, dass die Grafiken etablierter Wissenschaftler nicht nach Excel aussehen. Schwarz-grau-weiß lautet oft die Devise.

Genauso wichtig wie die Grafiken selbst, sind vollständige Legenden. Dazu gehören unter anderem Nummer und Titel der Abbildung, die Versuchszahl (n), die Wirkstoffkonzentration und die Bedeutung der Fehlerbalken. Im eigentlichen Fließtext muss auf die Abbildungen verwiesen werden. Dabei dürfen die Ergebnisse nur beschrieben und noch nicht gedeutet werden.
 

Die Diskussion

Die Interpretation der Ergebnisse folgt im Diskussionsteil. Spätestens jetzt ist Literaturarbeit fällig. Die Suche nach den richtigen Papers ist gar nicht so leicht, denn PubMed-Recherchen sind bei weitem nicht so simpel wie Suchanfragen bei Google. Unerfahrene finden hier eine hilfreiche Anleitung zur Nutzung von PubMed.
Dabei ist die Anzahl der gefundenen Paper stark abhängig vom Thema der Arbeit: Wer beispielsweise über ein neu entdecktes, noch recht unbekanntes Herzenzym schreibt, der wird weniger Treffer landen als jemand, dessen Fragestellung sich um EKG-Veränderungen beim Herzinfarkt dreht.

Die über hundert Paper, auf die du im Rahmen deiner Recherche treffen wirst, kannst du selbstverständlich nicht alle vollständig lesen. Es reicht vollkommen aus, zunächst den Abstract zu lesen (dafür ist dieser ja da) und dann zu entscheiden, ob die Studie für deine Arbeit taugen könnte. Ich persönlich habe die Paper, die den Abstract-Check bestanden haben, direkt in Mendeley importiert. Dort habe ich dem Paper „Tags“ gegeben (zum Beispiel „Methode“, oder „Onkogenese“), um sie später leichter wiederzufinden. Danach habe ich geeignete Passagen markiert und in meinen eigenen ein bis zwei Sätzen als „Notiz“ zusammengefasst. Diese Notizen lassen sich später um einiges besser wiederfinden als ganze Textpassagen, und sie liefern bereits wertvolle Stichpunkte für den eigenen Fließtext.

 

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Die Gliederung meiner Diskussion basierte also primär auf der gegenwärtigen Literatur. Ich habe mir nicht vorher eine Gliederung (basierend auf meinen Daten) überlegt, und dann gezielt nach Papers gesucht. Vielmehr habe ich versucht, meine Daten in den aktuellen Forschungsstand einzubetten. Erst nach der Literaturrecherche habe ich mir Unterkapitel überlegt und zu diesen, entsprechende Stichpunkte angefertigt, dafür waren mir die oben genannten Tags und Notizen eine große Hilfe. Die Stichpunkte habe ich dann Stück für Stück in einen Fließtext umgewandelt und an den richtigen Stellen die entsprechenden Referenzen mittels Mendeley-Word-Tool eingefügt.
 

Die Einleitung

Eigentlich zuletzt folgt dann die Einleitung. Ich habe diese, zugegeben, parallel zur Diskussion geschrieben, wann immer ich mit dem Diskussionsteil auf dem Kriegsfuß stand. In den meisten Fällen fängt die Einleitung sehr allgemein an (Krankheitsbild, Protein XYZ) und spitzt sich schließlich auf die eigene Arbeitshypothese zu (Inwiefern könnte theoretisch eine Verbindung zwischen Krankheit und Protein XYZ bestehen, und wie möchte ich dem praktisch nachgehen?). Auch für die Einleitung muss wieder eine Menge Literaturarbeit geleistet werden.
 

Die Formatierung

Erst ganz zuletzt habe ich das Dokument Doktorarbeit formatiert. Das beinhaltet zum Beispiel die geforderten Seitenränder, Zeilenabstände, ein Deckblatt, einen Lebenslauf und einiges mehr. Das war zeitaufwendiger als erwartet. Am besten, du überprüfst dein Dokument am Ende noch einmal mithilfe einer Checkliste wie dieser (am besten liest du deine Arbeit dabei schon als PDF-Dokument durch, damit dir auch Exportierfehler auffallen). Der Druck einer Doktorarbeit ist ziemlich teuer, es wäre also ärgerlich, wenn vermeidbare Fehler erst im Nachhinein auffallen.
 

Zum Schluss: Ein gut gemeinter Rat

Vor dem Druck lässt du vermutlich deinen Doktorvater noch einmal über die Arbeit drüberlesen. Ich würde aber davon abraten, sie zusätzlich allen möglichen Freunden und Familienmitgliedern zur Korrektur vorzulegen – solange die Dissertation nicht eingereicht ist, besteht immer das Risiko, dass sie ungewollt in Umlauf gerät. Achte auch darauf, dass du USB-Sticks mit Backups (die du hoffentlich regelmäßig während des Schreibens machst) nicht unaufmerksam irgendwo rumliegen lässt. Dann kann eigentlich nichts schiefgehen!

Das Einreichen der fertigen Doktorarbeit wird noch einmal ein Akt der Bürokratie: Natürlich kannst du sie nicht einfach im Promotionsbüro abgeben, sondern musst zusätzlich eine Reihe von Dokumenten ausfüllen oder beschaffen. Dennoch, sobald die Doktorarbeit wortwörtlich nicht mehr in deinen eigenen Händen liegt, darfst du dir selbst auf die Schulter klopfen: Du hast auf freiwilliger Basis mit viel Zeit und Nerven eine wissenschaftliche Arbeit vollbracht – wirklich, wirklich gut gemacht!

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