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- 29.07.2009
Hammerexamen-Tagebuch (13)
Über Stempel, die Approbation und meine Socken...
Das schriftliche Hammerexamen liegt einige Wochen zurück. Inzwischen kam auch endlich das Zeugnis, das letzte Sicherheit gab. Fehlt zu meinem Glück nur noch die Überwindung zweier letzter Hürden.
...und wie dies alles zusammenhängt
Dass alles nun zu Ende geht, spürte ich heute Morgen als ich mir meine Socken anzog. Schon wieder ein Loch rein gerissen. In der letzten Zeit passiert mir das ständig. Natürlich halten Socken nicht ewig, doch die meisten davon trugen mich schon durchs Studium, Famulaturen, PJ und jetzt die Examenszeit. Gute, treue Socken. Mein Studentenleben hört bald auf zu sein, ein weiterer Lebensabschnitt beginnt: Es wird wohl Zeit, sich neue Socken zu besorgen.
Plötzlich
Plötzlich ändert sich so viel auf einmal im Leben. Ich ziehe in eine andere Stadt, aus einer WG in eine eigene Wohnung. Verdiene endlich jeden Monat einen großen Sack voll Geld, soll Studenten jetzt erklären, was ich als frischer Assistenzarzt wohl kaum besser wissen werde. Habe mich in all den Jahren hochgearbeitet vom einfachen Feld-Blutabnehmer, über „Captain Bedside“ bis endlich zum Kommandanten des Visitewagens.
Letzte Hürden
Doch bis es soweit ist, muss ich noch zwei weitere Hürden überwinden: die Mündliche Prüfung und die Beantragung der Approbation. Denn bevor ich nicht einen hübschen Schein mit dickem Stempel in der Hand halte, darf ich nicht Arzt sein, nicht mal ein bisschen. Menschenlebenretten muss also noch warten. Und während die Prüfung mir keine großen Sorgen bereitet und die nächsten Wochen noch mein Thema sein wird, geht es heute um meinen Weg durch die Bürokratienlandschaft.
Liste an Formalitäten
Am Ende des ersten Tages der schriftlichen Prüfung als ich an alles mögliche, nur nicht das Arztsein dachte, bekamen wir Studenten von den Aufsichtspersonen schon mal einen Zettel, mit dem wir unsere Approbation beantragen können – zusammen mit einer langen Liste an Krimskrams, der zusätzlich dafür eingereicht werden muss. Mehrere Dokumente: Ausweis, Geburtsurkunde, Prüfungszeugnis, Führungszeugnis, Gesundheitszeugnis, Lebenslauf, Erklärungen. Schön verwirrend mit Aufteilung in beglaubigter und einfacher Kopie. Zudem sind die Erklärungen meist so umständlichen formuliert, dass ich mir glatt die Fragen vom Hammerexamen zurückwünsche. Ein Beispiel für das Gesundheitszeugnis: „Hierbei ist festgestellt worden, dass er…
- nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufes als Arzt ungeeignet ist.
- in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufes als Arzt ungeeignet ist.“
Ich musste die beiden Antwortmöglichkeiten mehrmals lesen, bis ich mich - noch immer unsicher - vorläufig für A) als richtige Antwort entschied. Zur Sicherheit habe ich das auch schon angekreuzt, damit mein Hausarzt nicht erst noch drüber stolpern muss. Und wieder einen Stempel mehr für meine Approbation. Von einem überflüssigen Arztbesuch mit Wartezeit und Praxisgebühr ganz zu schweigen.
Auf dem Amt
Um nicht den Überblick zu verlieren, habe ich mir eine ausführliche Liste mit allen nötigen Dokumenten gemacht, in welcher Form, wie kopiert usw. So führte mich mein nächster Weg zum Bezirksamt. Führungszeugnis beantragen, bitte Belegart 0, als Betreff „Approbation Medizin“ und direkt ans Landesprüfungsamt schicken. Immerhin klingt das Wort „Approbation“ allein schon sehr gewichtig, so etwas beantragt man ja nicht alle Tage. Ein schönes Gefühl.
Ich musste überhaupt nicht warten, reichte der überaus netten Sachbearbeiterin einfach den Zettel vom LPA, um nichts falsch zu machen. Immerhin würde der Auftrag nur 10 Tage beanspruchen. Erstaunlich schnell, jedoch auch irgendwie träge, wenn ich daran denke: Als Arzt bekomme ich einen auf die Finger, wenn ich Patienten 10 Tage im Krankenhaus behalten würde. Zudem brauchte ich noch eine beglaubigte Kopie vom Ausweis und der Geburtsurkunde. Dabei musste ich die Kopie sogar noch selbst anfertigen! Lediglich der berühmte Stempel kam hinzu. Und die Geburtsurkunde kann nur dort beglaubigt kopiert werden, wo sie auch ausgestellt wurde. Warum, habe ich lieber nicht gefragt, wahrscheinlich weiß das niemand so genau in diesem Land. Um weitere 14 Euro ärmer, dafür der Approbation ein bisschen näher.
LPA
Während das Bezirksamt zumindest am Donnerstag mal ganztägig geöffnet hat, sieht es beim Landesprüfungsamt knapper aus. Je drei Stunden an drei Tage der Woche ist die Sprechstunde geöffnet. Bei der Masse an Studenten, die verwaltet werden wollen, kann ich das auch verstehen. Die Zeit zum Antrag bearbeiten ist halt knapp. Mein Verbesserungsvorschlag des Tages: Ein paar geforderte Dokumente weniger würden Zeit sparen.
Das LPA ist leider gerammelt voll. Ich komme ausgerechnet in den Wochen vorbei, da unzählige Studenten sich für die nächsten Prüfungen anmelden. Jedoch für die Approbation ist eine andere Mitarbeiterin zuständig. Ich klopfe an die Tür, einmal, zweimal, drücke die Klinke: verschlossen. Durch Zufall erfahre ich, für Approbationsangelegenheiten ist jetzt jemand anderes zuständig. Nach einer knappen Stunde Wartezeit – zum Glück hatte ich ein Buch zum Lernen mitgenommen – kam ich an die Reihe. „Ich würde gern meine Approbation beantragen.“ „Zahnmedizin?“ Sag ja, sag einfach nur ja, dachte ich bei mir, dann biste halt Zahnarzt. Zwar kein richtiger Arzt. Aber immerhin.
In der Tat konnte die sehr freundliche Sachbearbeiterin mir nicht weiterhelfen: „Das macht die Frau M. Haben Sie schon eine Nummer gezogen?“ Bei der Masse von Wartenden rechnete ich mir aus, dass ich nicht mehr rechtzeitig bis Dienstschluss drankommen würde und verzichtete für heute auf den Antrag. Mehr als einen Behördengang pro Tag ist schlecht für das Wohlbefinden. Zudem fand ich nebenbei heraus, was mich der Antrag auf Approbation noch kosten würde: 80 Euro. In anderen Bundesländern wohl sogar noch mehr. Für ein Blatt Papier mit Stempel? Wozu habe eigentlich Medizin studiert und mache nicht stattdessen ein eigenes Approbationsbüro auf?
Morgen gehe ich erstmal neue Socken kaufen – das macht sicher mehr Spaß.
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