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  • 21.08.2009

Hammerexamen-Tagebuch (19)

Hospitation

Ich bin endlich angekommen in einer neuen Stadt, um meine erste Stelle als Assistenzarzt anzutreten. So warte ich nur noch auf das Dokument der Approbation, um offiziell anfangen zu können. Bis dahin bin ich noch kein Arzt, nichtmal Famulant, dafür Hospitant.

Foto: iStockphoto

Ein Sommermärchen - Urlaub

Urlaub – allein das Wort hört sich schön an und nach PJ, monatelangem Lernen und Hammerexamen wäre er auch bitter nötig; doch ich wollte nicht mehr länger warten. Ich will anfangen, Arzt sein, den Beruf ausüben – mit allen Freuden, allen Tränen. Vielleicht, wenn ich noch keine Stelle gehabt hätte, dann wäre ich wohl nochmal weggefahren.

Im Urlaub

Irgendwie bin ich hier im Urlaub. Eine neue Stadt, ein neuer Anfang, ein kleines, feines Haus in ländlicher Idylle – Urlaub praktisch für die nächsten Jahre meiner Facharztausbildung. Man kann sich die Dinge auch schön reden – sagt sich jetzt so mancher.

„Fangen Sie später an. Genießen Sie die letzten Tage in Freiheit“, rät mir einer der Oberärzte. Ich weiß, der Tag wird kommen, da werde ich an diese Tage denken. Doch lieber mache ich ein paar Tage Hospitation, laufe einfach mit, um unbeschwert in den Klinikalltag zu gleiten.

Und hinzu kommt der Tag meiner Ankunft, als ich am Nachmittag einen ersten Einblick in die Station bekam, meine neuen Kollegen kennenlernte, das Arbeitsklima. Hier fühle ich mich tatsächlich wohl, und es ist schöner als an all den anderen Ort, an denen ich zuvor in all den Praktika, Famulaturen und PJ war.

 

Als Arzt

Vielleicht genieße ich meine Zeit so, weil ich hier als Arzt anfange – jedenfalls in ein paar Tagen. So werde ich also erstmal hospitieren, den anderen hinterherlaufen, die Abläufe kennenlernen. Schon komisch, ich fange wieder ganz von vorne an, wie ein Student bei seiner ersten Famulatur. Nur fühle ich mich sogar noch kleiner als ein Famulant. Aber das ist auch ganz gut so. Es gibt ein Kunstwerk in einer Großstadt, das Namensschild ist ganz unten am Sockel angebracht, so dass du dich bücken oder sogar hinknien musst, um es lesen zu können. Auf dem Schild steht: „Demut“.

Demut vor dem Arztberuf, der Verantwortung, kann insbesondere am Anfang nicht schaden. Auf der anderen Seite sehe ich den Arztberuf aber auch nicht als Berufung an. Dennoch wird es wohl noch einige Tage dauern, bis ich es über die Lippen bringen kann: „Guten Tag, ich bin Ihr Arzt.“

 

Erster Tag

Am ersten Hospitationstag bin ich rechtzeitig aufgestanden und stand viel zu früh vor dem leeren Besprechungsraum. Ein Segen, dass man in nichtoperativen Fächern nicht so früh beginnt wie Chirurgen – eine halbe Stunde ist da schon ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und obwohl der Tag also später beginnt, verging dieser wie im Flug. So könnte ich jetzt mehrere Seiten über meinen Anfang schreiben. Erzählen, was ich alles erlebt habe, wie nett alle sind, wie gut das Essen, wie unkompliziert das Computersystem, wie sehr viel besser alles ist als ich erhofft hätte. Am Ende würde alles doch nur klingen wie ein Märchen. Ich kann selbst noch nicht glauben, dass ich diesen Ort gefunden habe.

 

Die Zeit wird es zeigen

Sicher werde ich mit der Zeit die kleinen Makel finden, das, was dann doch nicht so toll ist, woanders besser sein mag. Die Zeit wird es zeigen. Doch tatsächlich hat es sich also gelohnt, monatelang die Stellenanzeigen zu lesen, zu recherchieren, zu überlegen, was mir wichtig ist, und nicht am erstbesten Haus erstmal anzufangen. Bereit zu sein, alle Zelte abzubrechen und fort zu ziehen aus der Großstadt in die Provinz. Das ist mein Preis, den ich zu zahlen habe. Ich finde, er ist es wert.

 

Das Ende

So stehe ich am Abend des ersten Hospitationstages auf dem Balkon meiner Dienstwohnung, blicke auf einen sternenklaren Himmel, wie man ihn nur auf dem Lande sieht, atme die klare Luft ein. Genieße das Leben, während ich die letzten Zeilen in dieses Tagebuch schreibe. Am Ende kann ich nur all denen sagen, die noch den beschwerlichen Weg des Medizinstudiums vor sich haben oder schon bewandern: Die Mühen: ich weiß nicht, ob sie sich lohnen, doch das Ziel - Arzt zu sein - ist wunderschön.

Und so verabschiede mich mit einem letzten Gedanken: Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt.

Keine Sorge: Es geht weiter

Der (nun ehemalige) Stexler macht weiter mit seinem Tagebuch, aber weder als Kleiner PJler noch als Kleiner Stexler sondern ganz offiziell als (Großer) Assistenzarzt.

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