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  • 21.02.2017

Urinschau

Über die Farbe des Urins gibt es durchaus widersprüchliche Ansichten ...

 

 

„Wenn mal jemand bei uns ist, der immerhin Restharn bestimmen kann, ist das schon mal etwas wert. Hier sind die Patienten“, sagt Carina, die Assistenzärztin der Urologie zu mir. Ich mache mich sofort daran, die sieben glücklichen Herren zu finden, die an diesem Tag ihre lästigen Katheterschläuche losgeworden waren. Ein gewisses Körperteil hatte einige Tage zuvor nämlich gehörig abgespeckt: ihre Prostaten. Prostaten, das sage ich soviel lieber als den richtigen Begriff „Prostatae“. Und das, obwohl ich aus einem karnevalsfreundlichen Gebiet komme, tätä. Zimmer für Zimmer schicke ich die Herren auf Toilette. Im örtlichen Wasserwerk dröhnen die Alarme, Wasserreserven werden ins Krankenhaus gepumpt, um die Flut der gleichzeitig bedienten Klospülungen zu bewältigen.


„Läuft es denn nun besser nach der Operation? War der Urin wieder blutig?“, frage ich jeden und in der Regel kommt zurück: „Nein, blutig ist er nicht. Der Strahl läuft nur ZU gut! Ich trage schon Vorlagen.“ In meinem Kopf mache ich mir dazu jedes mal wieder eine Notiz. Stimmt, die Herren werden nach so einer transurethralen Resektion der Prostata (TUR-P) häufig inkontinent, zumindest vorübergehend. Die Beckenbodengymnastik, die dem ganzen Abhilfe schaffen kann, ist leider für Männer manchmal etwas schwer zu kapieren. Umso wichtiger ist es, so etwas immer in der Operationsaufklärung zu erwähnen. Und NOCH wichtiger zu wissen, wenn man die Herren dann im örtlichen Schwimmbad im Becken wieder trifft...

 

Blutig oder nicht blutig? Das ist hier die Frage


Die Frage mit dem blutigen Urin ist so ein Phänomen der Urologen. Es gibt das Bezeichnungen wie: klar, hell, konzentriert, flockig, fleischwasserfarben, rosé, frischblutig, spätburgunder, altblutig, dunkel. Sehr schade hingegen, dass es auch Begriffe gibt, die nie gesagt werden, wie: Federweißer, Äbbelwoi, Waldmeister, Köstritzer, Berliner Weisse Holunderblüte, Gurkenwasser, Rinderbrühe.
Ein weiteres Phänomen liegt darin, dass die Ansicht, ob der Urin nun blutig ist oder nicht, bei Patient und Urologe meist eine sehr große Diskrepanz aufweist. Der Patient äußert meistens Dinge wie „Der gesamte Beutel ist voller Blut!“ oder „In der ganzen Toilettenschüssel war Blut!“ bei einer Blutung die nur initial kommt und von einem klarem Strahl gefolgt wird oder einem leicht rosa tingiertem Urin. Die Dreigläserprobe lässt grüßen.

Der Urologe hingegen möchte manchem niedergelassenen Arzt für eine Einweisung mit „Makrohämaturie“ an die Gurgel gehen, wenn der Patient in der vergangenen Woche eine doppelte Antiaggregation verpasst bekommen hat, irgendwo auch noch ein Antikoagulanz mit im Spiel ist und der Urin bei so einer Kombination noch rosé bleibt. Naja, Hauptsache im Sono zeigt sich nicht dieser echoreiche Formausguss einer Blasentamponade.

 

Ultraschall ist schon etwas herrliches

Schallen ist leicht zu lernen, schnell und einfach durchgeführt und liefert einem in vielen Situationen eine Masse an Informationen. Natürlich ist das auch abhängig vom Patienten und Untersucher. Ich komme schließlich nicht zu sonderlich vielen neuen Erkenntnissen, wenn der Sauerbraten im Verdauungstrakt überall Schatten ins Abdomen wirft. Besonders angenehme Momente sind es auch immer wieder, wenn der Schallkopf mitsamt meiner Hand in einer Fettfalte verschwindet. Aber für einen strahlungsfreien Weg, schon mal den ersten Anhalt für freie intraabdominelle Flüssigkeit oder eine Hydronephrose zu bekommen, ist das eine willkommene Methode. Da ich mehrmals in der Pädiatrie famuliert habe, weiß ich diese Strahlenhygiene besonders zu schätzen.


Es trägt manchmal auch zur Unterhaltung bei, wenn Patienten bestimmte Formen auf dem Bildschirm erkennen. Bester Kommentar einer Patientin mit Nierenkolik, als ich ihr ihre gestaute Niere zeigte: „Heh, geil, ich hab nen Shrimp im Körper!“


Die Übung macht auch hier den Meister, ich halte den Schallkopf also meistens nicht nur dahin wo sich die eigentliche Fragestellung befindet. Ein FAST ist eigentlich immer drin und so Dinge wie Leber, Aorta und Vena Cava sind zu gut darstellbar, als dass man sie einfach links liegen lassen könnte. Viel mehr freue ich mich dann, wenn ich mal das Pancreas sehe oder sich mir bei einem akuten Abdomen eine Strickleiter zeigt. Die Diagnostik beinhaltet in der Regel also auch die Allgemeinchirurgie.


Mann für Mann wird von mir geschallt und die Sitzreihe vor dem Sonoraum leert sich. Keiner hat signifikanten Restharn mehr in der Blase, jedem bleibt ein erneuter Katheter erspart. Ich sage Carina bescheid, sie bedankt sich und meint, „Sehr gut! Die nächste Kolik ist auch schon angekündigt worden. Schall' doch schon mal nach einem Stau, dann kümmere ich mich um CT und den DJ.“

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  • Skelett - Foto: imagesource

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