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- Mortimer Gierthmühlen*
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- 02.08.2011
Schlafphasenwecker
Schlafphasenwecker lassen sich grob in drei Kategorien einteilen: es gibt Geräte, die tatsächlich über Stirnband ein EEG ableiten, dann Weckuhren am Handgelenk, die Bewegungen registrieren und schließlich ausgewachsene Wecker, die per Funk Bewegungsinformationen vom Armband übertragen bekommen. Sie alle überwachen die Schlafphasen des Anwenders und versuchen, ihn in einer Phase oberflächlichen Schlafes zu wecken, um ein erholsameres Aufwachen zu ermöglichen. Also genau das richtige für den leidgeplagten Medizinstudenten, oder?
Schlaf-Wach-Rhythmus
Wir erinnern uns ja alle an die Physiologievorlesungen und -praktika, in der unzählige Probanden Salzwasser getrunken haben, ein paar Tropfen Blut hergeben mussten oder auf Stühlen festgeschnallt mit großen Lupenbrillen vor den Augen wie Kreisel in der Gegend herumgedreht wurden.
Und eben in diese Zeit muß auch das Thema Neurophysiologie gefallen sein, wo uns wissensdurstigen Studenten die Funktionsweise des EEG und das Prinzip des Schlaf-Wach-Rhythmus nähergebracht werden sollte. So lernten wir, dass es viele verschiedene Schlafstufen gibt und der Schlaf in einer gewissen Periodik abläuft:
In den Phasen tiefen Schlafs liegt der Körper ruhig und ist schwer erweckbar - und wenn, dann unter Inkaufnahme eines morgendlichen Katers - während der oberflächlichen Schlafphasen bewegt sich der Mensch vermehrt und rollt sich von einer Seite zur anderen. Wird der Schlafende in dieser Phase geweckt, fühlt er sich ausgeruhter.
Am einfachsten sind diese Schlafphasen durch Ableitung eines EEGs erkennbar, was sich aus naheliegenden Gründen für den alltäglichen Gebrauch nicht gerade anbietet. Unter Berücksichtigung einer gewissen Ungenauigkeit kann jedoch auch anhand des Bewegungsmusters herausgefunden werden, in welcher Schlaftiefe sich der Mensch befindet - und hier setzen eine Reihe neuer Wecker an, die sich derzeit in der Entwicklung befinden oder seit kurzem auf dem Markt erhältlich sind.
Empfänglich für den Selbstversuch
Als Medizinstudent ist man ja bereits an Selbstversuche gewöhnt (siehe oben) und die Examensvorbereitung lässt einen schnell empfänglich werden für alles, was Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Gesamtsituation verspricht: ich entschied mich für die Funkvariante und ließ mir für zwei Wochen ein Testexemplar des neuen Schlafphasenweckers aXbo aus Wien zusenden.
Und so lag der aXbo-Wecker bald vor mir, der sich mittels handgeschriebenen Schildchens als "Testwecker 01" vorstellte und optisch an einen mutierten iPod erinnert: sehr ausgefallenes Design mit halbdurchsichtigem Display und blauer Beleuchtung. Ein mitgeliefertes, sportliches Armband nimmt den Sensor auf, der eine kleine Taste und eine eingebaute Batterie besitzt. Im Lieferumfang befindet sich noch ein USB-Kabel, mit dem man den aXbo an einen PC anschließen und seine Bewegungsphasen auswerten kann.
Zwar lässt sich der aXbo durch den eingebauten Akku auch ohne Netzteil bedienen, dieses allerdings nur für 10 Tage - also eine Art Ferienmodus für alle, die auch im Urlaub zu Uhrzeiten aufstehen wollen, zu denen man normalerweise noch müde ist.
Wer's mag ... für alle anderen empfiehlt sich die Benutzung des beiligenden Netzteils.
Die Bedienung des aXbo erinnert eher an einen Computer als an einen Wecker, lässt sich jedoch intuitiv erfassen und ist sehr einfach. Zur Auswahl stehen mehrere sehr ausgefallene Weckmelodien in 8 verschiedenen Lautstärken (ja, das eigentliche Weckerklingeln hat ausgedient) und eine Einschlaf-Funktion. Hierbei werden so lange exotische Melodien oder Meerrauschen gespielt, bis der Armsensor über eine gewisse Zeit Bewegungslosigkeit meldet und der Wecker dieses als "Benutzer ist eingeschlafen" interpretiert.
Mit Hilfe der Taste auf dem Armbandsender lässt sich nachts das Weckerlicht einschalten und morgens der Weckton ausschalten. Eine Snooze-Funktion, die einem noch weitere 5 Minuten Schlaf gönnt, besitzt der aXbo nicht - sie widerspräche auch dem Funktionsprinzip, zum optimalen Zeitpunkt geweckt zu werden. Stattdessen gibt man dem Wecker die Uhrzeit an, zu der man spätestens aufstehen muss, um beispielsweise das hochwertige Anästhesie-Praktikum um 7:15 Uhr zu erreichen. Der Wecker wiederum beginnt bereits eine halbe Stunde vor diesem Wecktermin, die Bewegungsinformationen des Sensors auszuwerten, um eine Phase mit oberflächlichem Schlaf zu erkennen und den Anwender sanft aus dem Schlaf zu holen. Wird in diesem Zeitraum keine Bewegung erkannt, weckt der aXbo zum voreingestellten Zeitpunkt wie ein normaler Wecker -ebenso, wenn der Besitzer einmal vergessen hat, das Sensorarmband umzubinden.
Der aufgeregte Vogel klingelt!
Nun sind 14 Tage keine lange Zeit, die Funktionsfähigkeit eines völlig neuen Weckprinzips ausgiebig zu testen. Für einen kleine Vorgeschmack auf das, was man von einem solchen System erwarten kann, genügt es trotzdem. Und so legte ich mir am ersten Abend das Armband um und ging schlafen. Am nächsten Morgen war ich allerdings so neugierig, dass ich schon vor dem Wecker aufwachte und ihm bei seiner Arbeitsweise zusehen konnte. Und tatsächlich: zu Beginn des 30-Minuten-Intervalls registrierte der Wecker meine Bewegungen und ließ das voreingestellte Vogelgezwitscher Marke "aufgeregter Piepmatz" erklingen.
In den folgenden zwei Wochen gewöhnte ich mich zunehmend an das Armband und die Weckeraufsicht und konnte feststellen, dass ich tatsächlich nie aus dem Tiefschlaf gerissen wurde. Der Wecker erkannte zuverlässig die Phasen, in denen ich leicht erweckbar war und tatsächlich bin ich nie schlaftrunken oder sonstwie beeinträchtigt aufgewacht. Da ich zudem meist weit vor meiner eigentlichen Zeit aufgeweckt wurde, gewann ich fast 30 Minuten am Morgen und konnte mich entspannt dem Frühstück widmen.
Verlorener Schlaf?
Allerdings bedarf es schon einer gewissen Umstellung, bis zu einer halben Stunde vor dem eigentlich notwendigen Termin geweckt zu werden. Die Enttäuschung über den verlorenen Schlaf darf anschließend nicht darin münden, sich noch einmal umzudrehen! Denn dann würde sich die fehlende Snooze-Funktion des aXbo bitter rächen. Als der aXbo an einem Morgen keine Bewegungen registrieren konnte, weckte er mich auch wirklich zum vorgegebenen Zeitpunkt wie ein normaler Wecker.
EEG-getriggert oder per Funk
Das Prinzip, den Anwender zum optimalen Zeitpunkt aus oberflächlichem Schlaf zu wecken, ist genial und sehr vielversprechend. Tatsächlich ist man weniger unausgeschlafen und hat einen besseren Start in den Tag, wenn man diszipliniert genug ist, bis zu 30 Minuten vor dem eigentlichen Weckzeitpunkt aus dem Schlaf geholt zu werden und sich nicht noch einmal im Bett umzudrehen.
Auf welche Art und Weise die Schlafphasen detektiert werden, kann dem gesunden Endanwender vermutlich egal sein. Wen es nicht stört, ein Stirnband mit Elektroden zu tragen, um EEG-getriggert aufzuwachen, sollte sich mit diesem sehr exakten Prinzip des Sleepsmart näher befassen. Wer hingegen nachts kein Stirnband tragen möchte und dafür auch eventuelle Ungenauigkeiten akzeptiert, sollte sich eher das von Sleeptracker und aXbo verwendete Prinzip ansehen. Bei extrem unruhigem oder regungslosem Schlaf kann diese Funktionsweise allerdings nicht ganz zuverlässig arbeiten.
Der aXbo bietet die Möglichkeit, ein zweites Armband zu überwachen und somit auch eine zweite Person zu deren optimalen Zeitpunkt aufzuwecken - mangels Vibrationsalarm im Armband ein möglicherweise schwieriges Unterfangen, dessen Praxistauglichkeit sich erst noch beweisen muss.
Den beiden derzeit auf dem Markt befindlichen System ist allerdings ein Nachteil gemeinsam: der Preis. Es bleibt abzuwarten, ob sich Schlafphasenwecker zwischen knapp 135,- und 200,- Euro auf dem Markt durchsetzen werden, wobei es unwahrscheinlich ist, dass der noch nicht veröffentlichte Sleepsmart mit EEG-Ableitung diese Preisspanne nach unten erweitern wird.
Fazit
Ich persönlich vertraue erst einmal weiterhin auf mein schnödes Handy mit Weckfunktion. Sollte sich jedoch eine spendable Erbtante aus den USA melden, wäre ich dem aXbo unter dem Weihnachtsbaum natürlich nicht abgeneigt - allein sein Design kann schon für einen guten Start in den Tag sorgen!
Gerätetypen
- Geräte, die über Stirnband ein EEG ableiten (Sleepsmart, noch nicht auf dem Markt)
- Weckuhren, die am Handgelenk befestigt sind und die Bewegungen registrieren (Sleeptracker, 134,- Euro)
- ausgewachsene Wecker, die per Funk Bewegungsinformationen vom Armband übertragen bekommen (aXbo, 199,- Euro)
Leserkommentare
Hallo, bin auch ein stolzer Besitzer eines Sleeptracker Schlafphasenweckers. Ihr Artikel hat meine Neugier für das Gerät geweckt. Erste Erfahrungen sind komplett positiv - danke für ein neues Aufwachgefühl.
Grüße aus Köln, C. T.
Da ich mir einen Schlafphasenwecker kaufen wollte, bin ich bei meinen Recherchen auf Ihren Artikel gestoßen. Vielen Dank für die gute Zusammenfassung. Ich teile mit meinem Mann gemeinsam das Bett, wir haben aber sehr unterschiedliche Zeiten zum Aufstehen, daher ist meine Wahl auf den aXbo Schlafphasenwecker gefallen, den ich inzwischen seit einem guten Monat in Verwendung habe. Bisher bin ich super zufrieden - ich lasse mich von Vogelgezwitscher wecken und habe immer das Gefühl bereits wach zu sein, wenn es sich eindimmt. Das macht das Aufstehen für mich um vieles leichter als früher mit einem normalen Wecker. Einzig: Disziplin ist gefragt, denn Snooze Funktion gibt es keine. Aber bisher bin ich nicht wieder eingeschlafen. Daher kann ich es all jenen, die morgens schwer in die Gänge kommen nur empfehlen.
K.L.
Über den Autor
*Der Autor hat Medizin studiert und war Via medici online-Lokalredakteur für Kiel
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