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  • 07.09.2016

Wenn Dr. Motz nochmal Ersti wäre

Wie wäre es wohl, wenn Dr. Motz im Wintersemester 2016 nochmal als Medizinstudent durchstarten würde?

© iQoncept-Fotolia.com

Hindernisse 2.0

Die allererste Schwierigkeit, die er überwinden müsste, wäre sicherlich der unglaubliche NC von derzeit maximal 1,1. Zwar war Dr. Motz` humanistisches Abitur nicht schlecht, aber derzeit könnte er gerade mal Tierarzt in Hamburg werden.

Als nächstes würde er wahrscheinlich keine Wohnung finden. Wer will schon einen Motzer in seiner WG? Und eine WG voller gleichgesinnter Motzbeutel – nein, diese Vorstellung kann keinem Vermieter, geschweige denn den Nachbarn zugemutet werden. Wobei Dr. Motz bei näherer Selbstreflexion bewusst wird, dass er als Student noch ein nettes, freundliches und lustiges Kerlchen war. Oder wie er heute sagen würde: völlig naiv und blauäugig. Zynismus, Fatalismus und sein misanthropes Weltbild haben sich kurioserweise parallel zu seiner Chirurgenkarriere exponentiell entwickelt.

 

Studium digitale in VR

Ob die Studenten von heute bei den Vorlesungen noch auf einem guten alten Spiralblock mitschreiben? Dr. Motz hatte sich da in einer Anatomievorlesung mal fast an seinem Bleistift aufgespießt, als ihm nach einer Nachtwache der Kopf auf den Tisch im Hörsaal fiel. Das würde ihm heute mit Laptop oder iPad nicht mehr passieren. Er bräuchte nur eine Versicherung für Displayschäden. Oder gehen Studenten von heute gar nicht mehr zu Vorlesungen? So real in personam? Findet das Teaching im Präp-Saal neuerdings virtuell via 3 D Brille von zu Hause aus statt, und werden die Untersuchungstechniken nun via YoutTube Tutorial gezeigt?

Die Zukunft der Medizin sei virtuell, schrieb auch neulich eine große Tageszeitung (http://www.welt.de/wissenschaft/article157934075/Die-Zukunft-der-Medizin-ist-virtuell.html). Spitze, dachte Dr. Motz und sah sich schon gemütlich vom Küchentisch aus mit seinem Kater auf dem Schoß den OP Roboter bedienen. Wieso soll er es schwerer haben als diverse Hausfrauen, denen derzeit auf der IFA Fensterputzroboter und selbst einkaufende Kühlschränke präsentiert werden?

 

Immer die gleichen Typen

Doch egal wie sich die Medizin entwickelt und mit welchen High-Tech Raffinessen das Studium 2016 gespickt werden wird, eines bleibt sicher immer eine unumstößliche Wahrheit: In jeder Gruppe gibt es mindestens einen Deppen, ein Mittelmaß und ein Genie. Das hat schon der gute Johann Carl Friedrich Gauß in seiner Normalverteilung so festgelegt (der studierte übrigens in Göttingen, ohne NC und wohnte bei Mama).


Der Depp in Dr. Motz Studienzeit wollte während der praktischen Übungen zum venösen Verschlussdruck ernsthaft wissen, wie das mit der Blutdruckmanschette am Hals funktionieren würde, wenn er den Verschlussdruck der Jugularvenen messen wolle.
Das Genie stellte stets Fragen, die der zum Studentenunterricht zwangsverdonnerte Assistenzarzt nicht beantworten konnte und keiner aus der sonstigen Gruppe überhaupt verstand. Er begann seine experimentelle Doktorarbeit schon im zweiten Semester und hatte seine erste Publikation vor dem Physikum in der Tasche. Als Erstautor.


Sicherlich zeitlos ist in jedem Semester auch die junge vegane Öko Familie, deren süßes Baby kurz nach dem Physikum (Freisemester zum „Lernen) auf die Welt kommt und fortan die Vorlesungen mit besucht. Erstaunlicherweise völlig gelassen und keineswegs störend.
Nicht auszurotten dürfte auch der Streber sein, der stets in der ersten Reihe zu finden ist und kurz vor Seminarende wild mit der Hand fuchtelnd mindestens drei komplizierte Fragen stellt, deren Beantwortung eine Ewigkeit braucht. Allerdings wird er heutzutage keinen Packen Bücher mehr in seinem Rucksack mit sich herumschleppen sondern sämtliche Fachzeitschriften in seinem Smartphone als App gespeichert haben.

 

Alt und ehrwürdig?

Doch gibt es heute noch so richtig gute Professoren? Idealisten, die mit Leib und Seele ihr Wissen weitergeben und dazu ersteren im „Anatomie am Lebenden- Seminar“ auch entblößen, um die Studenten die Wohlstandsbauch überlagerte Genuss-Leber tasten zu lassen? Oder finden sich heute an den Hochschulen nur noch arrogante PDs ohne Zeit und Lust, mit Studenten ihre wertvolle Drittmittel-Forschungszeit vergeuden zu müssen?

Dr. Motz ist doch ganz froh, dass die Vergangenheit vergangen ist und er keine Zeitreise zurück machen kann.

 

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